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Deutlich mehr Abschiebungen aus Deutschland 2024

Die Zahl der Abschiebungen in die Türkei hat sich mehr als verdoppelt, während Abschiebungen ins Irak verdoppelt wurden.

Stacheldraht umgibt die Container des Ausreisegewahrsams am Hamburger Flughafen. (Archivbild)
Foto: Axel Heimken/dpa

Im vergangenen Jahr wurden aus Deutschland deutlich mehr Menschen in ihre Herkunftsländer oder andere EU-Staaten abgeschoben als im Vorjahr. Die Linke ist empört darüber, dass auch die Zahl der zwangsweise in den Irak und in die Türkei zurückgeführten Menschen gestiegen ist. Die Union weist darauf hin, dass mit 20.084 Abschiebungen im Jahr 2024 nicht das Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie erreicht wurde. Eine Herausforderung für die Bundesregierung und die Länder bleiben ausreisepflichtige Straftäter und gefährliche Islamisten aus Syrien und Afghanistan.

Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Gruppe Die Linke wurden im vergangenen Jahr insgesamt 1.087 Ausreisepflichtige in die Türkei überführt. Im Vorjahr waren es 875 Personen. Im Jahr 2022 gab es 515 Abschiebungen in die Türkei. Am Stichtag 31. Dezember hielten sich 16.665 ausreisepflichtige türkische Staatsangehörige in Deutschland auf, 13.600 von ihnen hatten eine Duldung. Das bedeutet, dass sie vorübergehend nicht abgeschoben werden konnten, zum Beispiel aufgrund fehlender Reisedokumente oder aus gesundheitlichen Gründen.

Fast 700 Abschiebungen in den Irak

Laut den Angaben wurden im letzten Jahr 699 Menschen in den Irak abgeschoben. Die Anzahl der Abschiebungen in das arabische Land hat sich damit mehr als verdoppelt. Im Gegensatz zu Abschiebungen in die Türkei werden hier Chartermaschinen verwendet. Im Jahr zuvor waren 300 Personen, die zur Ausreise verpflichtet waren, zwangsweise in den Irak zurückgekehrt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) teilte auf Anfrage mit, dass Ende 2024 20.424 ausreisepflichtige Iraker in Deutschland lebten. Von diesen irakischen Staatsangehörigen hatten 1.888 keine Duldung.

Afghanen bei Dublin-Überstellungen auf Platz eins

Im letzten Jahr haben die Bundesländer in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei insgesamt 20.084 Personen abgeschoben – das sind 22 Prozent mehr als 2023. Bei 5.827 dieser Fälle handelte es sich um sogenannte Dublin-Überstellungen. Hierbei wird ein Schutzsuchender in einen anderen EU-Staat gebracht, der für sein Asylverfahren zuständig ist. Die meisten Dublin-Überstellungen erfolgten nach Österreich, Frankreich und Spanien. Die größte Gruppe stellten dabei Afghanen dar. Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesregierung 1.232 afghanische Staatsbürger an andere EU-Staaten überführt.

Die Hauptzielländer der Abschiebungen aus Deutschland waren Georgien und Nordmazedonien. Die Türkei belegte 2024 den dritten Platz, gefolgt von Albanien und Serbien.

Syrer stellten im Januar die meisten Asylanträge

Die Mehrheit der Asylanträge in Deutschland wird derzeit von Menschen aus Syrien gestellt. Dennoch werden ihre Verfahren vorerst nicht entschieden. Dies hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nach dem Sturz des Langzeitmachthabers Baschar al-Assad im Dezember festgelegt.

Zur Begründung hieß es damals, die Lage in Syrien sei aktuell «außerordentlich dynamisch, unübersichtlich» und daher schwer zu bewerten. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mitteilte, wird bei Antragstellern aus Syrien jedoch weiterhin geklärt, ob womöglich eine Dublin-Überstellung infrage kommt. Im Januar gingen 14.920 Asylerstanträge beim Bamf ein. 30,4 Prozent der Antragsteller waren Menschen aus Syrien. Abschiebungen nach Syrien gibt es seit 2012 nicht mehr.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte nach Gewalttaten in Mannheim und Solingen im vergangenen Sommer – also noch vor dem Sturz von Assad – gesagt: «Wir wollen insbesondere islamistische Gewalttäter konsequent abschieben.» Die Bundesregierung verhandele vertraulich mit verschiedenen Staaten, um auch Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan wieder möglich zu machen. Ende August waren dann mit Hilfe des Golfemirats Katar 28 männliche Straftäter aus Afghanistan in ihr Herkunftsland abgeschoben worden.

Clara Bünger (Die Linke) findet vor allem die gestiegene Zahl von Abschiebungen in die Türkei beunruhigend. Schließlich sei die Türkei ein Land, «wo massenhaft Oppositionelle in den Knästen sitzen».

Kanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD) hatten zuletzt darauf hingewiesen, dass 2024 mehr Menschen abgeschoben wurden als im Vorjahr. «Dass Herr Scholz und Frau Faeser sich für gestiegene Abschiebezahlen loben, ist der blanke Hohn», sagt die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz. Schließlich seien 2024 weniger Ausreisepflichtige aus Deutschland abgeschoben worden als in allen fünf Jahren vor der Corona-Pandemie. Ein Grund dafür sei, dass die Bundesregierung die Möglichkeiten für eigentlich ausreisepflichtige Menschen, in Deutschland zu bleiben, deutlich ausgeweitet habe.

dpa