Israel will die militärischen Kapazitäten der gestürzten Regierung in Syrien weitgehend zerstört haben. Derweil sollen die Gespräche über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg weitergehen – Ausgang ungewiss.
Aktivisten melden neuen Luftangriff Israels in Syrien
Israels Luftwaffe hat nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten erneut Ziele in Syrien angegriffen. Kampfflugzeuge hätten in der Nacht militärische «Verteidigungsfabriken» der gestürzten syrischen Regierung südlich von Aleppo angegriffen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Angaben zu möglichen Opfern gab es zunächst nicht. Das israelische Militär schwieg sich zunächst aus. Laut der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle waren gewaltige Explosionen zu hören.
Nachdem der syrische Machthaber Baschar al-Assad am 8. Dezember gestürzt wurde, weitete Israel seine Angriffe im benachbarten Land massiv aus. Laut Menschenrechtsaktivisten hat die israelische Luftwaffe seitdem rund 500 Angriffe in dem Land durchgeführt. Die Armee Israels gab an, bis zu 80 Prozent der militärischen Kapazitäten in Syrien zerstört zu haben.
Israel: Iranische Raketenfabrik in Syrien zerstört
Israel hat in der Vergangenheit bereits mehrmals die Infrastruktur in Syrien angegriffen. Vor vier Monaten wurde laut eigenen Angaben eine unterirdische Raketenfabrik in Masjaf im Westen Syriens zerstört, die vom Iran finanziert wurde. Dort sollten jährlich Hunderte Präzisionsraketen für die Hisbollah im Libanon sowie andere proiranische Milizen hergestellt werden, wie ein Militärsprecher mitteilte. An dem Einsatz rund 500 Kilometer nördlich der Grenze zu Israel waren mehr als 100 Spezialkräfte beteiligt, die mit Hubschraubern eingeflogen wurden.
Nach Angaben des Sprechers war die Fabrik kurz vor dem Angriff am 8. September in Betrieb genommen worden. Er nannte sie eine «strategische Bedrohung für den Staat Israel» und ein «Vorzeigeprojekt des Iran». Syriens gestürzter Machthaber Assad war mit Israels Erzfeind Iran verbündet gewesen.
Nach eigenen Angaben bombardierte das israelische Militär nun auch Raketenwerfer der Hisbollah-Miliz im Süden des Libanons, trotz der seit Ende November geltenden Waffenruhe. Gemäß den Vereinbarungen über die Waffenruhe wurde die libanesische Armee zunächst aufgefordert, gegen die Raketenanlagen der Hisbollah vorzugehen. Erst als dies nicht geschah, wurden die Anlagen angegriffen, erklärte die Armee. Es gibt derzeit keine Informationen über mögliche Opfer.
Neuer Anlauf für Waffenruhe in Gaza
In der Zwischenzeit hat Israels Premierminister Benjamin Netanjahu laut seines Büros die heutige Reise einer Delegation nach Katar genehmigt, um die Gespräche über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung israelischer Geiseln fortzusetzen. Katar vermittelt zusammen mit Ägypten und den USA zwischen Israel und der Hamas, die direkte Verhandlungen ablehnen.
Auch die Hamas wollte Unterhändler entsenden. Ein ranghoher Vertreter der Islamistenorganisation sagte der katarischen Zeitung «Al-Arabi Al-Dschadid»: «Die Chancen stehen gut, dass die Verhandlungen dieses Mal erfolgreich sein werden.» Worauf sich sein Optimismus stützte, sagte Mussa Abu Marsuk nicht.
Kurz zuvor hatte es Berichte darüber gegeben, dass die Verhandlungen feststeckten. Die «Times of Israel» zitierte am Mittwoch einen israelischen Beamten, laut dessen Aussagen nicht geplant sei, eine Delegation nach Katar oder Ägypten zu schicken. Es sei unklar, was sich geändert habe, dass nun doch eine Delegation nach Katar reist, hieß es am Tag darauf.
Es gab oft Hoffnungen auf einen Durchbruch in den langwierigen Verhandlungen, die jedes Mal enttäuscht wurden. Ein Kompromiss gestaltet sich äußerst schwierig, da Israel und die Hamas darauf abzielen, sich gegenseitig zu vernichten.
Kriegsparteien beharren auf Forderungen
Israel verlangt eine Liste mit den Namen der Geiseln im Gazastreifen, die noch am Leben sind. Laut Medienberichten erklärte die Hamas, dass sie eine Kampfpause benötigt, um den Aufenthaltsort und den Gesundheitszustand der Geiseln herauszufinden. Israel betrachtet dies als eine vorgeschobene Behauptung. Es wird angenommen, dass sich noch etwa 100 Geiseln in Gaza befinden, von denen viele wahrscheinlich nicht mehr am Leben sind. Berichten zufolge fordert die Hamas, dass Israel sich verpflichtet, den Krieg zu beenden, was die Regierung von Netanjahu jedoch ablehnt.
Der Gaza-Krieg begann mit dem beispiellosen Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 mit 1.200 Toten. Seit Kriegsbeginn wurden laut palästinensischen Angaben im Gazastreifen mehr als 45.500 Menschen getötet. Es wird nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterschieden.
Bei erneuten israelischen Angriffen wurden laut palästinensischen Angaben mindestens 46 Menschen getötet. Die israelische Armee gab bekannt, dass sie in Chan Junis im Süden des abgeriegelten Küstenstreifens eine Kommandozentrale der Hamas angegriffen hat. Auch diese Angaben konnten nicht überprüft werden.
Die Angriffe in Gaza gehen weiter
Die Hamas-Zentrale soll sich in einem Gebiet befinden, das als humanitäre Zone ausgewiesen ist. Vor dem Angriff seien Maßnahmen ergriffen worden, um Zivilisten zu schonen, teilte die Armee mit. Sechs Palästinenser seien bei dem Bombardement in Chan Junis getötet worden, sagten Mitarbeiter einer Klinik in der Stadt. Weitere 40 Menschen wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Zivilschutzes im Norden in der Stadt Gaza und deren Umgebung getötet. Israels Armee äußerte sich zu den dortigen Angriffen auf Anfrage nicht. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.