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Aktivisten: Syriens Regierung verliert Kontrolle über Aleppo

Nach einer überraschenden Offensive übernehmen Rebellen die Kontrolle über die Millionenstadt Aleppo. Die Stadt war schon einmal Wendepunkt des Bürgerkrieges.

Oppositionsgruppen sind in die Millionenmetropole eingerückt.
Foto: Ghaith Alsayed/AP/dpa

Nach Angaben von Aktivisten hat die syrische Regierung die Kontrolle über die Millionenstadt Aleppo an Rebellen verloren. Der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel-Rahman, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Mit Ausnahme von vier von kurdischen Milizen kontrollierten Stadtteilen steht die Stadt im Norden des Landes vollständig unter der Kontrolle eines von der Islamistenorganisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS) geführten Bündnisses.“

Die Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien erhält ihre Informationen von einem Netzwerk von Informanten vor Ort.

Die zweitgrößte Stadt Syriens ist erstmals seit Jahren nicht mehr unter der Kontrolle der Regierung von Präsident Baschar al-Assad. Einige Stadtteile werden jedoch schon seit mehreren Jahren von kurdischen Kräften kontrolliert.

Große Erfolge für Rebellen in kurzer Zeit

Es war bereits in der Nacht zum Samstag bekannt, dass eine Allianz von Aufständischen unter der Führung der HTS große Teile der Millionenmetropole unter ihre Kontrolle gebracht hat. Die Offensive begann Mitte der Woche im Nordwesten Syriens. Die meisten Rebellen zogen sich in die Provinz Idlib zurück, nachdem die syrische Armee im Dezember 2016 Aleppo wieder erobert hatte. Innerhalb weniger Tage konnten die Aufständischen große Gebietsgewinne in der Umgebung von Idlib und Aleppo verzeichnen.

Laut der syrischen Staatsagentur Sana, die sich auf die Armee beruft, bereitet das Militär einen Gegenschlag vor. Auch die russische Luftwaffe flog zum ersten Mal seit 2016 als Verbündeter von Syriens Machthaber Assad Luftangriffe auf Aleppo. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden die Luftangriffe auch am Sonntag fortgesetzt und trafen Orte in der Region Idlib. Die Aktivisten des syrischen Zivilschutzes, auch bekannt als Weißhelme, berichteten von mindestens vier Toten und 54 verletzten Zivilisten bei den Luftangriffen.

Neue Eskalation nach mehreren Jahren Stillstand 

Die Einnahme von Aleppo bedeutet eine starke Eskalation in dem seit 14 Jahren anhaltenden Bürgerkrieg in Syrien. Schon in den Anfangsjahren des Bürgerkriegs lieferten sich Rebellen und Regierungstruppen sowie ihre Verbündeten heftige Kämpfe in Aleppo. Im Jahr 2016 wurden die Rebellen aus den östlichen Stadtteilen Aleppos vertrieben. Russland und der Iran unterstützten damals die Regierungstruppen dabei, ganz Aleppo zurückzuerobern.

Zwischen 2012 und 2016 wurde die Stadt fast vollständig zerstört. Der damalige Kampf um Aleppo gehörte – insbesondere in der Endphase – zu den brutalsten im syrischen Bürgerkrieg. Teile der verwüsteten Stadt konnten später wieder aufgebaut werden. Heute leben etwa 2,5 Millionen Menschen in Aleppo. Die Offensive der Rebellenallianz ist der erste Angriff der Assad-Gegner auf die Stadt seit 2016.

Es scheint, dass diese Offensive den syrischen Machthaber Baschar al-Assad überrascht hat. Es wird angenommen, dass die Rebellen die aktuelle Schwäche der proiranischen Milizen, die mit Assad verbündet sind, und des Irans selbst ausgenutzt haben.

Seit 2011 tobt in Syrien ein verheerender Bürgerkrieg, der das Land vollständig gespalten hat. Mit Unterstützung seiner Verbündeten Russland und Iran kontrollierte Machthaber Assad zuletzt etwa zwei Drittel des Landes. Der Nordwesten wird teilweise von Oppositionskräften kontrolliert. Eine politische Lösung für den Konflikt ist nicht absehbar.

dpa