Nun ist es offiziell: Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen die ehemalige RAF-Terroristin Klette abgeschlossen. Dabei geht es um Überfälle – der 66-Jährigen droht noch mehr.
Frühere RAF-Terroristin Klette angeklagt
Die Staatsanwaltschaft hat bestätigt, dass Anklage gegen die ehemalige RAF-Terroristin Daniela Klette erhoben wurde. Der 66-Jährigen, die derzeit in Haft sitzt, wird unter anderem versuchter Mord in Verbindung mit 13 Überfällen vorgeworfen. Die Ermittler in Verden, Niedersachsen, werfen ihr außerdem unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor. Die Verteidigung hatte zuvor die Ermittlungen kritisiert und auf erhebliche Mängel in der Anklage hingewiesen.
Die Staatsanwaltschaft Verden ermittelt seit vielen Jahren gegen die 66-Jährige und ihre mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg. Nach den anderen beiden Verdächtigen wird weiterhin gefahndet. Das Trio soll zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren.
Laut Anklage sollen sie insgesamt 2,7 Millionen Euro bei den Taten erbeutet haben. Ihre Opfer wurden meist mit Schusswaffen oder Elektroschockern bedroht. Klette war angeblich hauptsächlich die Fahrerin des Fluchtwagens. Die Unschuldsvermutung gilt.
Schüsse bei Überfall in Stuhr
Die Verdächtigen werden auch wegen versuchten Mordes untersucht, da bei einem Überfall in Stuhr südlich von Bremen geschossen wurde. Dies war der einzige Vorfall, bei dem das Trio laut Anklage keine Beute machte. Den größten Betrag erbeuteten die drei Verdächtigen im Juni 2016 bei einem Überfall auf einen Geldtransporter in Cremlingen, Niedersachsen, mit 1,38 Millionen Euro.
Bei ihrer Festnahme am 26. Februar wurden unter anderem eine Kalaschnikow und eine Panzerfaustgranate im Wohnhaus gefunden. Die Ermittler werfen Klette auch Verstöße gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz vor.
Taten ohne terroristischen Hintergrund
Daniela Klette war Teil der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF). Im Jahr 1998 erklärte sich die RAF, die über 30 Menschen ermordet hatte, für aufgelöst. Die Verbrechen in der Region hatten keinen terroristischen Hintergrund, wie die Ermittler betonen. Das Landgericht Verden muss nun über die Zulassung der Anklage entscheiden.
Die Verteidigung sprach von einer «öffentlichen Vorverurteilung» ihrer Mandantin und kritisierte die Ermittlungsbehörden. «Die Anklage weist erhebliche Mängel auf», teilten die Anwälte der dpa am Freitag mit. So ginge aus den Ermittlungsergebnissen kein versuchter Mord bei der Tat in Stuhr hervor, weil nicht gezielt auf den Fahrer des Geldtransporters geschossen worden sei.
Gericht muss über Eröffnung des Verfahrens entscheiden
Das Landgericht Verden muss nun entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird. Wann darüber entschieden werden soll, war zunächst unklar – ebenso wie ein möglicher Ort für den Prozess. Denn: In der 28.000 Einwohner-Stadt Verden fehlt es an passenden Räumlichkeiten. Schon seit Monaten läuft daher die Suche. Die Ermittler gehen von einer großen Anzahl an Nebenklägern, Zeugen und Sachverständigen aus. Außerdem müssen hohe Sicherheitsstandards eingehalten werden.
Festnahme und Durchsuchungen in Berlin
Ende Februar nahmen Ermittler Klette in Berlin-Kreuzberg fest, wo sie unter falschem Namen lebte. Sie sitzt seit ihrer Festnahme im Frauengefängnis in Vechta. Die Untersuchungshaft wurde bereits einmal verlängert. Klette bestreitet öffentlich, Mordversuche begangen zu haben, und spricht von staatlicher «Denunziation» und «Medienhetze».
Während der Durchsuchungen in ihrer Wohnung entdeckten Polizisten laut eigenen Angaben unter anderem eine Attrappe einer Handgranate, Waffen, Handschellen, Sturmhauben, ein Kilogramm Gold, über 240.000 Euro Bargeld, digitale Medien und Fotos. Kurz nach Klettes Festnahme beschlagnahmten die Ermittler auch einen Bauwagen in Berlin-Friedrichshain, wo Garweg angeblich unter dem Decknamen Martin gelebt haben soll.
Weitere Ermittlungen der Bundesanwaltschaft
Es gibt auch Haftbefehle gegen Klette, Staub und Garweg wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wirft Klette versuchten Mord in zwei Fällen sowie Mittäterschaft bei Sprengstoffexplosionen bei drei Anschlägen der RAF zwischen Februar 1990 und März 1993 vor. Die Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF) ist inzwischen verjährt.
Die Bundesanwaltschaft ist für die Untersuchungen zu den Terroranschlägen verantwortlich. Es wird erwartet, dass es eine weitere Anklage und somit einen weiteren Gerichtsprozess gegen Klette geben wird. Das Verfahren muss separat von der Anklage in Verden durchgeführt werden.