Der Syrer wird des versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und versuchter Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung beschuldigt.
Anklage gegen mutmaßlichen Täter nach Messerangriff am Holocaust-Mahnmal in Berlin
Fünf Monate nach dem Angriff mit einem Messer auf einen spanischen Touristen im Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals in Berlin hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen den mutmaßlichen Täter erhoben. Die Behörde in Karlsruhe beschuldigt den Syrer des versuchten Mordes, der gefährlichen Körperverletzung und des versuchten Beitritts zu einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Der Staatsschutzsenat des Kammergerichts Berlin muss nun entscheiden, ob und wann es zu einem Prozess kommt.
Am 21. Februar soll der damals 19 Jahre alte anerkannte syrische Flüchtling im Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals von hinten mit einem Messer auf den Besucher aus Spanien eingestochen haben. Das Opfer wurde lebensgefährlich verletzt und musste notoperiert werden. Die Bundesanwaltschaft sieht die Mordmerkmale niedrige Beweggründe und Heimtücke als erfüllt an.
Mögliche IS-Ideologie
Laut Bundesanwaltschaft war die Tat radikal-islamistisch und antisemitisch motiviert. Der Mann entschied sich aufgrund dieser Einstellung dazu, einen Messerangriff auf vermeintliche Ungläubige zu verüben, die er als Vertreter der von ihm abgelehnten westlichen Gesellschaftsform sah.
Nach Einschätzung der Behörde vertritt der Angeklagte die Ideologie der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Kurz vor der Tat soll er über einen Messenger-Dienst ein Foto von sich an IS-Mitglieder geschickt haben, um der Gruppierung die Gelegenheit zu geben, sich zu der Tat zu bekennen.
Der Verdächtige wurde kurz nach der Tat mit blutverschmierten Händen in der Nähe der Gedenkstätte festgenommen. In seinem Rucksack fanden die Ermittler neben der vermuteten Tatwaffe auch einen Koran, einen Zettel mit Versen daraus und einen Gebetsteppich. Der Beschuldigte befindet sich in Untersuchungshaft.
Die Bundesanwaltschaft übernahm drei Tage nach der Tat aufgrund der besonderen Bedeutung des Falls die Ermittlungen von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Es wurde erklärt, dass die Tat die innere Sicherheit der Bundesrepublik beeinträchtigen könnte.
Allein handelnde Täter als größte Gefahrenquelle
Die Attacke am Holocaust-Mahnmal hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Das Bundesinnenministerium erklärte, allein handelnde Täter, die einfach einzusetzende Mittel wie Hieb- und Stichwaffen verwendeten, stellten nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden «die aktuell dominante Gefahrenquelle im Bereich des islamistischen Terrorismus in Europa dar». Auch die Anleitung «tatgeneigter Personen» durch den IS via Chats werde immer wieder festgestellt.
Ereignisse wie die Entwicklungen im Nahen Osten nach dem Überfall der Hamas in Israel am 7. Oktober trugen demnach auch zu einer Radikalisierung und Mobilisierung bei. Der Zentralrat der Muslime betonte: «Ein solcher Angriff hat nichts mit der Solidarität mit den Palästinensern zu tun.» Gewalt gegen Unschuldige sei durch nichts zu rechtfertigen und widerspreche den Werten der Religionsgemeinschaft der Muslime.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas des Architekten Peter Eisenman wurde im Mai 2005 der Öffentlichkeit übergeben. Mit dem Stelenfeld und einem unterirdischen Informationsort wird in der Hauptstadt nahe dem Brandenburger Tor an die rund sechs Millionen ermordeten Juden unter der Herrschaft des Nationalsozialismus erinnert.