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Anspannung bei katholischem Reformtreffen

Bis Samstag muss sich im Frankfurter Messezentrum entscheiden, ob die deutschen Katholiken wirklich zur Erneuerung fähig sind. Von römischer Kritik wollen sich die Reformer nicht einschüchtern lassen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenez Georg Bätzing vor Beginn der Synodalversammlung in Frankfurt.
Foto: Arne Dedert/dpa

In angespannter Atmosphäre hat am Donnerstag die fünfte und letzte Synodalversammlung zur Reform der katholischen Kirche in Deutschland begonnen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, forderte Mut zu Veränderungen ein. «Diese meine Kirche verdient es, dass wir sie nicht einfach lassen, wie sie ist», sagte der Limburger Bischof. Die Synodalversammlung ist das zentrale Gremium des Reformprozesses Synodaler Weg, der Ende 2019 begonnen hat und nun vorerst zum Abschluss gebracht werden soll.

Am Abend nahm die Versammlung mit großer Mehrheit einen sogenannten Handlungstext für eine Öffnung des Zölibats an. Dafür stimmten 179 Delegierte bei zehn Gegenstimmen und 16 Enthaltungen. Auch die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit unter den anwesenden Bischöfen wurde erreicht. Allerdings ist der Text auch relativ vage gehalten: Ein schnelles Ende des Zölibats – der verpflichtenden Ehelosigkeit katholischer Priester – bedeutet das Votum nicht. Vielmehr soll lediglich der Papst um Prüfung gebeten werden, ob eine Aufhebung der Pflicht zum Zölibat möglich ist. Gleichzeitig wird die Wertschätzung der Ehelosigkeit als Lebensform betont.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sagte: «Wir wollen die Kirche zukunftsfähig machen.» In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur appellierte sie an die Bischöfe, sich einer Erneuerung der Kirche nicht zu verschließen: «Selbstverständlich erwarte ich, dass die Bischöfe insgesamt ihre Prozessverantwortung wahrnehmen und ihrer Führungsaufgabe im Krisenzustand der katholischen Kirche gerecht werden.»

In der Synodalversammlung sind 230 Menschen aus dem gesamten katholischen Leben in Deutschland vertreten. Bis Samstag stimmen sie über die Reformvorschläge ab. Dabei geht es zum Beispiel um den priesterlichen Segen für homosexuelle Paare und ein Mitspracherecht der Gläubigen bei der Bischofswahl. Allerdings kann kein Beschluss gefasst werden, wenn nicht mindestens zwei Drittel der 67 deutschen Bischöfe zustimmen. Diese Mehrheit gilt als gefährdet, seit Papst Franziskus und die römische Kurie – die Zentralverwaltung im Vatikan – deutlich gegen die geplanten Reformen Stellung bezogen haben.

Bätzing wie Asterix gegen Rom?

Diese Kritik habe ihre Wirkung nicht verfehlt, räumte Stetter-Karp ein: «Die letzten Wochen waren ja doch deutlich geprägt davon und ich denke, auch die Stimmungslage zu Beginn der Versammlung wird davon geprägt sein, dass wir eine relativ starke Anspannung haben, weil die römischen Interventionen wirken.» Als ZdK-Präsidentin vertritt Stetter-Karp die praktizierenden Katholiken in den Gemeinden. Ebenso wie Bätzing hatte sie die Kritik aus Rom teils vehement zurückgewiesen.

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller verglich Bätzing in diesem Zusammenhang sogar mit der Comicfigur Asterix: «Bätzing kämpft wie der kleine David oder Asterix um Mehrheiten», sagte der Münsteraner Professor der dpa. In Frankfurt müssten die reformbereiten Bischöfe jetzt zeigen, was ihnen der Synodale Weg wirklich wert sei, sagte Schüller: «Stehen sie auf der Seite der Gläubigen oder kuschen sie vor Rom?»

Bätzing sagte zu Beginn der Synodalversammlung, einige der besorgten Bischöfe hätten schriftliche Änderungsanträge zu einer Reihe von Reformvorschlägen eingebracht. Nun gehe es darum, einen tragfähigen Konsens zu finden. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken machte deutlich, dass es nicht bereit sei, ein gewisses Mindestniveau an Reformen zu unterschreiten.

Verschiedene Gruppen demonstrieren in Frankfurt

Vor dem Tagungsort der Synodalversammlung im Frankfurter Messezentrum demonstrierten am Donnerstag sowohl Anhänger als auch Gegner von Reformen. Vertreterinnen katholischer Frauenverbände forderten die Priesterweihe auch für Frauen, junge Katholikinnen und Katholiken demonstrierten mit Regenbogentransparenten für eine offene und diverse Kirche: «Auch Jesus hatte zwei Väter», stand auf einem Transparent – eine Anspielung darauf, dass Jesus nach katholischer Überlieferung durch göttliches Einwirken von der Jungfrau Maria, der Frau von Josef, geboren wurde und deshalb sozusagen zwei Väter hatte: Gott und Josef.

Die konservative Gruppierung «Maria 1.0» hingegen versuchte «Kirche ist bunt»-Rufe mit ihren eigenen Botschaften zu übertönen. «Macht nicht den Luther», hieß es bei den konservativen Frauen, die auch kein Verständnis für reformwillige Bischöfe zeigten: «Wie konnte es so weit kommen?» Repräsentative Umfragen zeigen allerdings, dass die Befürworter von Reformen in der katholischen Kirche in Deutschland klar in der Mehrheit sind.

Auslöser für den Synodalen Weg waren die zahlreichen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Wissenschaftler haben immer wieder hervorgehoben, dass es in der Kirche Strukturen gibt, die Missbrauch begünstigen. Dazu gehören der extrem hierarchische Aufbau, die Machtkonzentration in den Händen einiger weniger Männer, die Überhöhung der Priester als Mittler zwischen Gott und den Menschen, die Verteufelung von Homosexualität und die strukturelle Diskriminierung von Frauen. Der Synodale Weg will diese Strukturen verändern und dadurch auch neuem Missbrauch vorbeugen.

dpa