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Antimuslimischer Rassismus in Deutschland: Misstrauen und Resignation steigen

Menschen wenden sich selten an staatliche Stellen, da Misstrauen und Angst vor Repressionen herrschen. Die Zahl der dokumentierten Fälle stieg stark an, besonders Frauen sind betroffen.

Frauen, die Kopftuch tragen, werden besonders häufig zur Zielscheibe. (Symbolbild)
Foto: Patrick Pleul/dpa

Menschen, die von antimuslimischem Rassismus betroffen sind, suchen in Deutschland selten Hilfe bei staatlichen Stellen, um Anzeige zu erstatten oder Unterstützung zu erhalten. Dies ergibt sich aus der Einschätzung der Mitarbeiter von Beratungsstellen, die mit dem Netzwerk Claim kooperieren.

Im vergangenen Jahr sei hier «ein hohes Maß an Misstrauen gegenüber staatlichen, aber auch zivilgesellschaftlichen Institutionen» deutlich geworden, heißt es in der bundesweiten Jahresbilanz von Claim. Es herrsche ein Klima der Angst. Zudem sei eine zunehmende Resignation unter den Betroffenen zu beobachten. Im schulischen Bereich würden Vorfälle häufig nicht gemeldet, weil Eltern Angst vor Repressionen hätten.

Mehr als 3.000 verifizierte Fälle im Jahr 2024

Laut dem Bericht für das Jahr 2024 hat das Netzwerk im vergangenen Jahr 3.080 Fälle von antimuslimischem Rassismus oberhalb und unterhalb der Strafbarkeitsgrenze dokumentiert, nach 1.926 registrierten Fällen im Jahr 2023.

Direkt vergleichbar sind diese Zahlen nicht: So stieg die Zahl der teilnehmenden Beratungsstellen im vergangenen Jahr von 17 auf nunmehr 26 in 13 Bundesländern, wie Güzin Ceyhan von Claim erklärte. Doch auch die 17 Beratungsstellen, die 2023 schon teilnahmen, hätten über ein «deutlich höheres Beratungsaufkommen» berichtet. Einige Taten des vergangenen Jahres seien «sehr brutal und menschenverachtend», sagte Ceyhan. 

Bei etwa 70 Prozent der 2024 dokumentierten antimuslimischen Vorfälle wurden Frauen angegriffen. Trotz der Annahme einer hohen Dunkelziffer erlaubt die Verteilung der Geschlechter keine repräsentativen Schlussfolgerungen. Die Anzahl der Fälle stimmt jedoch mit den Ergebnissen entsprechender Studien überein.

Pauschale Kriminalisierung von Muslimen

Erwachsene, aber auch Kinder würden als «Messerstecher», Antisemiten oder Terroristen beschimpft und teils auch bedroht, berichtet das Netzwerk. Darin spiegelten sich gesellschaftliche, mediale und politische Debatten wider. Verbale und tätliche Angriffe hätten besonders nach dem terroristischen Angriff der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 zugenommen sowie in zeitlichem Zusammenhang zu mutmaßlich islamistisch motivierten Terroranschlägen in Deutschland.

In einigen Fällen wird die Verharmlosung des Holocaust bei Sachbeschädigungen und Beleidigungen mit Hass auf Muslime verknüpft, hat Claim festgestellt. Ceyhan berichtete von 13-jährigen Mädchen, die in Dresden von Rentnerinnen als «Kopftuchjuden» beschimpft worden seien, und von Moscheen, die mit Hakenkreuzen beschmiert wurden. Eine palästinensische Familie sah sich laut Claim mit dem Spruch «Dreckige Araber, verschwindet endlich aus Europa!» konfrontiert. Einer anderen Familie habe man einen Schweinekopf vor die Tür gelegt.

dpa