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Appelle an Israel zur Zurückhaltung nach Iran-Angriff

Der Angriff des Irans auf Israel war eine beispiellose Eskalation des langen Konflikts der beiden Länder. Noch ist unklar, wie Israel darauf reagieren wird – die Verbündeten hoffen auf Besonnenheit.

Das israelische Luftabwehrsystem «Iron Dome» fängt vom Iran abgefeuerte Raketen ab.
Foto: Tomer Neuberg/AP

In der internationalen Gemeinschaft werden vermehrt Appelle an Israel gerichtet, auf den beispiellosen Angriff des Irans mit Zurückhaltung zu reagieren. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte Israel auf, zur Deeskalation beizutragen. Außenministerin Annalena Baerbock warnte davor, dass Rache keine Kategorie im Völkerrecht sei.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, man wolle Israel davon überzeugen, dass eine Antwort auf den iranischen Angriff keine weitere Eskalation sein sollte. «Wir werden alles tun, um einen Flächenbrand, also eine Eskalation, zu verhindern», sagte der Staatschef im französischen Fernsehen.

Die USA hatten zuvor Israel bereits dazu aufgefordert, „einen möglichen Vergeltungsschlag gegen den Iran und dessen Folgen sorgfältig abzuwägen“, wie es in der eigenen Darstellung heißt.

Beratungen des Kriegskabinetts erwartet

Der erste direkte Angriff des Irans auf Israel am Wochenende hat die beiden Erzfeinde an den Rand einer kriegerischen Auseinandersetzung gebracht. Es ist unklar, wie Israel auf den beispiellosen Luftangriff mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern reagiert, der weitgehend auch mit Unterstützung anderer Staaten abgewehrt wurde. Am Montag wurde eine weitere Sitzung des israelischen Kriegskabinetts erwartet. Das Kabinett werde am Montagnachmittag ein zweites Mal innerhalb von 24 Stunden tagen, berichteten etwa die Nachrichtenseite ynet und die Tageszeitung «Haaretz».

Das Kriegskabinett, das von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geleitet wird, traf sich bereits am Sonntag. Laut Medienberichten wurde jedoch in dreistündigen Beratungen keine Entscheidung über eine mögliche Reaktion getroffen. Bei der Sitzung wurden jedoch verschiedene Optionen für einen potenziellen israelischen Vergeltungsschlag diskutiert. Insbesondere von sehr rechten Regierungspolitikern wird ein schnelles und hartes Vorgehen gefordert. Die Hardliner sind jedoch nicht im Kriegskabinett vertreten.

Cameron: Zurückhaltung wäre doppelte Niederlage für den Iran

«Das Beste, was man im Fall Israels tun kann, ist anzuerkennen, dass dies für Iran ein Misserfolg war», sagte der britische Außenminister David Cameron dem Sender Times Radio. Israel habe als unabhängiges souveränes Land jedes Recht, auf einen solchen Angriff zu reagieren. Doch auch Großbritannien wolle eine Eskalation vermeiden und rate «unseren Freunden in Israel, dass es an der Zeit ist, sowohl mit dem Kopf als auch mit dem Herzen nachzudenken».

Wenn sich Israel nun zurückhalte, komme dies einer doppelten Niederlage für den Iran gleich, sagte Cameron. «Sein Angriff war nicht nur ein fast völliger Misserfolg, sondern auch der Rest der Welt kann jetzt erkennen, welchen bösartigen Einfluss (der Iran) auf die Region hat und seine wahre Natur verstehen.» 

Scholz: Erfolg sollte nicht verschenkt werden

Ähnlich äußerte sich der Bundeskanzler, der sich am Montag in Shanghai aufhielt. Die weitgehend erfolgreiche Abwehr der rund 300 Drohnen und Raketen sei «ein Erfolg, der vielleicht auch nicht verschenkt werden sollte», sagte der SPD-Politiker. «Deswegen auch unser Ratschlag, selbst zur Deeskalation beizutragen.» 

Scholz richtete aber auch erneut eine Warnung an den Iran. Der erste Angriff auf israelisches Territorium überhaupt sei eine «schlimme Eskalation» gewesen, die nicht hätte stattfinden dürfen, sagte er. «Das darf nicht so weiter gehandhabt werden vonseiten des Iran.» 

USA: Möglichen Vergeltungsschlag sorgfältig abwägen

Der Iran griff erstmals in der Geschichte der Islamischen Republik seinen erklärten Erzfeind Israel direkt in der Nacht zum Sonntag an und bezeichnete den Angriff als Vergeltung für die Tötung hochrangiger Offiziere in Syrien. Am 1. April wurden bei einem vermutlich von Israel geführten Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in Damaskus, der Hauptstadt Syriens, zwei Brigadegeneräle getötet.

US-Präsident Biden hatte in der Nacht auf Sonntag kurz nach dem Beginn des Angriffs des Irans mit Netanjahu telefoniert und dabei «sehr deutlich» gemacht, dass man «sorgfältig und strategisch über die Risiken einer Eskalation nachdenken» müsse. Das berichtete am Sonntag ein hochrangiger US-Regierungsvertreter in Washington. Die USA als Israels wichtigster Verbündeter hatten dabei geholfen, Irans Großangriff gegen Israel abzuwehren. 

dpa