Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Israel behält sich Antwort auf iranischen Angriff vor

EU und UN rufen zu Zurückhaltung auf, während Israel Entscheidung über Gegenreaktion trifft.

Hintergrund der Erklärung ist die Sorge, dass sich der Konflikt im Nahen Osten zu einem großen Krieg entwickeln könnte.
Foto: Tomer Neuberg/Xinhua/dpa

Während enge Verbündete Israel dazu drängen, nach dem iranischen Großangriff auf eine harte Gegenreaktion zu verzichten, behält sich der jüdische Staat das Recht vor, über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Die EU hat sowohl Israel als auch den Iran aufgefordert, weitere gegenseitige Angriffe zu unterlassen. Alle Parteien werden nachdrücklich aufgefordert, äußerste Zurückhaltung zu üben und Maßnahmen zu vermeiden, die die Spannungen in der Region verschärfen könnten, so eine Erklärung der Staats- und Regierungschefs, die beim EU-Gipfel in Brüssel veröffentlicht wurde.

Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief angesichts «gefährlicher Rhetorik in der Region» erneut zu «größter Zurückhaltung» auf, wie sein Sprecher sagte. Israels Kriegskabinett will der israelischen Nachrichtenseite Ynet zufolge heute über eine Antwort auf den iranischen Angriff, die festgefahrenen Verhandlungen über einen Geisel-Deal im Gaza-Krieg sowie den verschärften Konflikt mit der proiranischen Hisbollah-Miliz im Libanon beraten.

Im Anschluss an Krisengespräche mit Deutschland und Großbritannien hatte der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu gesagt, er schätze zwar «Vorschläge und Ratschläge». Israel werde jedoch seine Entscheidungen selbst treffen und «alles Notwendige tun, um sich selbst zu verteidigen», sagte Netanjahu nach Treffen mit Außenministerin Annalena Baerbock und dem britischen Außenminister David Cameron.

Vor ihrem Weiterflug zum G7-Außenministertreffen in Capri mahnte Baerbock den Iran und Israel zu «maximaler Zurückhaltung». Sie warnte: «Mit einer Eskalationsspirale wäre niemandem gedient.» Die Außenminister der Gruppe sieben wirtschaftsstarker Demokratien beraten nun angesichts eines drohenden Flächenbrands über weitere Sanktionen gegen den Iran. 

Iran erneuert Warnung vor israelischem Gegenschlag

Der Grund für den iranischen Angriff auf Israel in der Nacht zum Sonntag mit Hunderten von Drohnen und Raketen war ein vermeintlicher israelischer Angriff auf die iranische Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Bei diesem Angriff zu Beginn des Monats wurden unter anderem zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden getötet.

Israel hat bereits Vergeltung für Irans Angriff angekündigt. Irans Präsident Ebrahim Raisi erneuerte wiederum seine Warnung vor einem Gegenschlag. Falls Israel auch nur die geringste «Aggression» gegen den Iran ausüben sollte, wäre die iranische Antwort «verheerend» und die Israelis würden es bitter bereuen, sagte Raisi laut der Nachrichtenagentur Tasnim.

Konflikt mit proiranischer Hisbollah verschärft sich

Israelische Luftwaffe griff nach einem Angriff aus dem Libanon mit zahlreichen Verletzten nach eigenen Angaben militärische Infrastruktur der proiranischen Hisbollah-Miliz im Norden des Libanons an. Die Anlage im Raum Baalbek werde vom Luftabwehrsystem der Hisbollah genutzt, hieß es. Bei einem Angriff aus dem Libanon waren im Norden Israels mindestens 14 Soldaten verletzt worden, wie das israelische Militär zuvor mitteilte.

Israelische Medien berichteten unter Berufung auf eine behandelnde Klinik, es seien 18 Menschen verletzt worden. Laut der «Times of Israel» sollen unter den Opfern vier Zivilisten sein. Der von der proiranischen Schiitenmiliz im Libanon kontrollierte Fernsehsender Al-Manar berichtete, es sei ein Gebäude beschossen worden, in dem sich israelische Soldaten aufgehalten hätten. Es habe Opfer unter ihnen gegeben, hieß es. 

Prosor fordert «Kurswechsel» der EU gegenüber dem Iran

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, forderte die EU unterdessen zu einem «Kurswechsel» in ihrer Politik gegenüber dem Iran auf. Nach dem iranischen Großangriff auf sein Land müsse Europa «klare Kante zeigen», sagte der Botschafter der «Rheinischen Post». «Zum Beispiel, indem die iranische Revolutionsgarde als Terrororganisation gelistet wird. Die Revolutionsgarde verbreitet Terror und Gewalt im Nahen Osten und darüber hinaus», sagte Prosor. «Europa ist am Zug. Wir haben gesehen, dass es nicht gelungen ist, die Gefahren des Iran einzudämmen. Wir brauchen einen Kurswechsel.»

Bundeskanzler Olaf Scholz betrachtet einen potenziellen Weg zur Klassifizierung der Revolutionsgarden als Terrororganisation. „Es gibt ein Urteil zu der Frage der Aktivitäten dieser Organisation“, sagte Scholz am Rande des EU-Gipfels. Dies könnte ein Ausgangspunkt für die Einstufung der Revolutionsgarden sein. Eine rechtliche Überprüfung zu diesem Thema in der EU ist derzeit im Gange.

US-Repräsentantenhaus soll über Israel-Hilfen abstimmen

Nach monatelanger Blockade eines umfangreichen US-Hilfspakets für die Ukraine, Israel und den Indopazifik steht eine Abstimmung im US-Repräsentantenhaus wahrscheinlich kurz bevor. Der Vorsitzende der Kammer, Mike Johnson, sagte, er erwarte ein Votum am Samstagabend (Ortszeit).

Der starke Kontrollausschuss hat die Gesetzestexte veröffentlicht, über die nun abgestimmt werden soll. Für Israel sind etwa 26 Milliarden Dollar (24 Mrd Euro) vorgesehen. Darin enthalten sind vier Milliarden Dollar zur Erweiterung der Raketenabwehrsysteme Iron Dome und David’s Sling. Sollte es zu einer Zustimmung kommen, wäre der Senat an der Reihe. Es wird angenommen, dass die von den Demokraten geführte Kammer das Vorhaben unterstützen wird.

Katar will Rolle als Vermittler überdenken

Das Golfemirat Katar will seine Rolle als Vermittler im Krieg zwischen Israel und der Hamas überdenken. Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani sagte in der Hauptstadt Doha, dass Katars Rolle für politische Zwecke missbraucht wurde. Er führte jedoch nicht aus, wen oder was er konkret meinte.

«Dies hat Katar dazu veranlasst, seine Rolle völlig neu zu bewerten und wir befinden uns derzeit in dieser Phase», sagte Al Thani. Seit Monaten laufen unter Vermittlung Katars, der USA und Ägyptens Verhandlungen über eine Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln, die bei dem Überfall islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres in den Gazastreifen verschleppt worden waren. Ein Durchbruch bei den Verhandlungen ist derzeit jedoch nicht absehbar. 

Erstmals Hilfsgüter über Hafen von Aschdod abgewickelt

Inzwischen wurden zum ersten Mal seit der Öffnung des Hafens von Aschdod im Süden Israels Hilfslieferungen für den Gazastreifen dort abgewickelt. „Acht Transporter mit Mehl wurden kontrolliert und dann in das Küstengebiet gebracht“, teilten Israels Armee und die israelische Cogat-Behörde für Kontakte mit den Palästinensern und humanitäre Hilfe mit.

Die Lkw des Welternährungsprogramms (WFP) seien jedoch über den Grenzübergang Kerem Schalom im Süden in das abgeriegelte Küstengebiet gefahren – nicht über Erez im Norden des Gazastreifens, dessen Öffnung Israel ebenfalls kürzlich angekündigt hatte. Es gab keine Angaben, wann das geschehen könnte. Kerem Schalom wird seit einiger Zeit für Hilfslieferungen genutzt. Experten zufolge droht in Teilen des abgeriegelten Gazastreifens, vor allem im Norden, eine Hungersnot.

dpa