Nach dem Schock über Israels Angriff in Katar suchen die Staaten der Region nach einer gemeinsamen Linie. Israels Präsident ruft derweil sein Land auf, die Beziehungen zu Partnern nicht zu riskieren.
Arabisch-islamischer Gipfel in Katar berät Israels Angriff
Die Staats- und Regierungschefs von fast 60 arabischen und islamischen Staaten wollen heute bei einem Sondergipfel in Katar eine gemeinsame Antwort auf Israels Luftangriff in dem Golfemirat finden. «Wir schätzen die Haltung der arabischen und islamischen Länder und ihre Solidarität mit Katar angesichts dieser israelischen Aggression», schrieb Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani auf X nach einem vorbereitenden Treffen der Außenminister von Ländern der Arabischen Liga und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in der Hauptstadt Doha.
Die israelische Luftwaffe hat am Dienstag versucht, die Führungsspitze der islamistischen Terrororganisation Hamas in Doha anzugreifen. Laut Hamas-Angaben war der Angriff jedoch erfolglos, es wurde kein Mitglied der Hamas-Delegation, die an den Verhandlungen über ein Abkommen im Gaza-Krieg mit Israel teilnimmt, getötet. Sechs Menschen kamen jedoch ums Leben. Israels Angriff in Katar, das zusammen mit Ägypten und den USA als Vermittler im Krieg zwischen Israel und der Hamas fungiert, wurde international verurteilt.
«Katar ist nicht allein»
«Die Zeit ist gekommen, dass die internationale Gemeinschaft aufhört, mit zweierlei Maß zu messen, und Israel für all die Verbrechen bestraft, die es begangen hat», zitierte die saudische Nachrichtenseite «Arab News» Al Thani, der zugleich Katars Außenminister ist. Israels Angriff könne nur als «Staatsterrorismus» bezeichnet werden. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Aboul Gheit, sagte laut «Arab News», der Gipfel in Doha an sich schon sende eine starke Botschaft. «Katar ist nicht allein. Die arabische und islamische Welt steht an seiner Seite», wurde Aboul Gheit zitiert.
Das am Persischen Golf auf einer Halbinsel gelegene reiche Emirat Katar – 2022 Gastgeber der Fußball-WM – ist ein wichtiger Verbündeter der USA. Das Land beheimatet mit dem Luftwaffenstützpunkt Al-Udaid die größte US-Militärbasis im Nahen Osten. Hier befindet sich auch das regionale Hauptquartier des US-Militärs für die zahlreichen US-Stützpunkte in der Region. US-Präsident Donald Trump sei «nicht glücklich» über Israels Luftangriff in Katar, hatte US-Außenminister Marco Rubio gesagt, bevor er am Sonntag in Israel eintraf.
Katar ruft zu «spürbaren Maßnahmen» auf
Die Staats- und Regierungschef der arabischen und islamischen Staaten werden Israels Attacke zum Abschluss ihres heutigen Sondergipfels in Katar möglicherweise in einer gemeinsamen Erklärung mit starken Worten verurteilen. Es müsse «echte und spürbare Maßnahmen auf allen Ebenen» geben, sagte Katars Regierungschef am Vorabend. Al Thani versicherte zugleich allerdings mit Blick auf den andauernden Krieg im Gazastreifen: «Israels brutales Handeln wird uns nicht davon abhalten, unsere ernsthaften Bemühungen mit Ägypten und den Vereinigten Staaten fortzusetzen, um diesen Krieg zu stoppen».
Fünf Jahre nach Abraham-Abkommen
Das Gipfeltreffen in Doha findet genau fünf Jahre nach der Unterzeichnung der sogenannten Abraham-Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Bahrain statt. Später schlossen sich der Sudan und Marokko an. Die Abkommen wurden unter Vermittlung der Vereinigten Staaten unter Präsident Donald Trump während seiner ersten Amtszeit geschlossen und brachen mit dem langjährigen Grundsatz, dass vor einer Annäherung an Israel zunächst der Konflikt mit den Palästinensern gelöst werden müsse.
Die Bemühungen um eine weitere Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien wurden nach dem Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel und dem dadurch ausgelösten Krieg im Gazastreifen vorübergehend gestoppt. Katar hat keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zum jüdischen Staat, pflegt jedoch informelle Kontakte.
«Wir dürfen unsere Brücken nicht niederbrennen»
Während die Außenminister arabischer und islamischer Staaten den heutigen Gipfel in Doha vorbereiteten, betonte der israelische Staatspräsident Izchak Herzog laut der «Times of Israel» die Bedeutung der Beziehungen zu den regionalen Verbündeten. Trotz Meinungsverschiedenheiten pflege Israel mit vielen Ländern umfangreiche und wichtige Beziehungen, sagte Herzog bei einer nationalen Gedenkzeremonie für verstorbene israelische Präsidenten und Regierungschefs. «Wir dürfen unsere Beziehungen nicht aufgeben. Wir dürfen unsere Brücken nicht niederbrennen.»
Vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate hatten Israel vor einer Woche eindringlich vor einer möglichen Annexion großer Teile des Westjordanlands gewarnt. Solche Schritte würden die Chancen auf Frieden in der Region zunichtemachen und den Geist der mit Israel geschlossenen Abraham-Abkommen verraten, erklärte die Sondergesandte des Außenministers, Lana Nusseibeh. Für die Vereinigten Arabischen Emirate sei das eine «rote Linie».
Ultra-konservative Minister der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drängen darauf, im Falle einer geplanten Anerkennung eines Staates Palästina durch einflussreiche Länder wie Frankreich, Belgien und Kanada weite Teile des Westjordanlands zu annektieren. Laut israelischen Medienberichten wollte Netanjahu während des Besuchs von US-Außenminister Rubio ausloten, wie die USA zu Annexionsbestrebungen Israels im besetzten Westjordanland stehen.