Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Arabische Staaten suchen Unterstützer für Gaza-Aufbauplan

Flammt der Gaza-Krieg neu auf, falls es nicht zu einer Einigung zwischen Israel und der Hamas kommt? Ägypten hat Pläne für die Zeit nach Beendigung des Konflikts – und will die USA mit ins Boot holen.

Die Kriegsschäden im Gazastreifen sind verheerend, viele Menschen traumatisiert. (Archivbild)
Foto: Abdel Kareem Hana/AP/dpa

Der Wiederaufbauplan für den Gazastreifen, der von arabischen Ländern erarbeitet wurde, soll auch der Europäischen Union und den USA vorgelegt werden, sagte Ägyptens Außenminister Badr Abdel-Atti zum Ende eines Gipfeltreffens in Kairo. Ägypten strebt eine breite internationale Unterstützung für den etwa 90 Seiten langen Plan an, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, und will den umstrittenen Vorschlägen von US-Präsident Donald Trump etwas entgegensetzen.

Der Plan sieht vor, dass in Gaza über einen Zeitraum von rund fünf Jahren zunächst Trümmer beseitigt werden und dann temporäre und dauerhafte Unterkünfte für die dort lebenden Palästinenser gebaut werden. Die Kosten werden auf etwa 50 Milliarden Euro geschätzt. Diese Summe wurde auch von den Vereinten Nationen für den Wiederaufbau des stark zerstörten Küstengebiets genannt. Bisher sind keine Zusagen für die Finanzierung von arabischen oder anderen Geberländern oder internationalen Institutionen bekannt.

Technokraten-Gremium soll Gaza kontrollieren

Das Dokument erwähnt ein palästinensisches Gremium aus Technokraten, das während einer sechsmonatigen Übergangsphase die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen soll. Dies soll unter der «Schirmherrschaft» der palästinensischen Regierung geschehen, bevor die gemäßigtere Palästinensische Autonomiebehörde (PA) von Präsident Mahmud Abbas die Kontrolle vollständig übernimmt.

Die Palästinenserorganisation Fatah von Abbas lehnt eine Koexistenz mit den rivalisierenden Islamisten der Hamas im Gazastreifen ab. Stattdessen strebt Abbas eine direkte Übernahme der Kontrolle durch die PA an. Die Hamas scheint jedoch nicht bereit zu sein, die 2007 gewaltsam errungene Macht aufzugeben oder die Waffen niederzulegen. Israel lehnt strikt eine Beteiligung der Terrororganisation an der Regierung ab, die den Gaza-Krieg nach dem verheerenden Massaker im Oktober 2023 ausgelöst hat – genauso wie eine Übernahme der Kontrolle durch die PA.

Hamas begrüßt Pläne, Kritik von Israel

Die Hamas freute sich darüber, dass die Teilnehmer des Gipfels sich gegen die Vertreibung von Palästinensern aus dem Gazastreifen ausgesprochen hatten. Auch die Pläne zum Wiederaufbau des Küstenstreifens wurden von der Islamistenorganisation positiv bewertet.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums kritisierte dagegen, bei dem Gipfel in Kairo sei nicht über «die Realitäten der Lage nach dem 7. Oktober 2023» gesprochen worden, sondern über «veraltete Perspektiven». Die Hamas sei nicht für ihren mörderischen Terroranschlag in Israel verurteilt worden. Israel lehne auch eine Beteiligung der Palästinensischen Autonomiebehörde und des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA ab. Beiden warf der Sprecher «Korruption und Unterstützung von Terrorismus» vor. Der Plan Trumps sei dagegen «eine Gelegenheit für die Menschen in Gaza, eine freie Wahl auf der Basis ihres eigenen Willens zu haben».

Trump hatte kürzlich mit seinem Vorstoß Aufsehen erregt, den Gazastreifen unter Kontrolle der USA in eine wirtschaftlich florierende «Riviera des Ostens» zu verwandeln und die dort lebenden Palästinenser dafür in arabische Staaten der Region «umzusiedeln». Angesichts der Tausenden von Toten und gewaltigen Zerstörungen im Gaza-Krieg gab es für Trumps Plan und seine Wortwahl viel Kritik. Die Empörung wurde durch ein von ihm verbreitetes Video mit einer KI-generierten Zukunftsvision des Gazastreifens noch lauter.

Wohnungen für drei Millionen Menschen und ein Flughafen

Der ägyptische Plan sieht vor, bis 2030 Hunderttausende neue Wohnungen für drei Millionen Bewohner zu bauen und einen Flug- und Seehafen zu errichten. Es sollen auch Industriegebiete, Hotels, Parks und Strände entstehen, um den Tourismus im aktuellen Kriegsgebiet zu fördern.

Der Plan schlägt außerdem direkte Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern vor und bekräftigt die Forderung nach einer Zweistaatenlösung. Aufgrund des Krieges zwischen Israel und der Hamas scheinen solche Gespräche derzeit jedoch praktisch unmöglich.

Aufruf zur Entsendung von Friedenstruppen

Zum Gipfel in Kairo empfing Ägyptens Präsident und Gastgeber Abdel Fatah al-Sisi unter anderem den König von Bahrain, den Emir von Katar sowie UN-Generalsekretär António Guterres und EU-Ratspräsident António Costa. Guterres sagte, die Palästinenser hätten «mehr als die Hölle durchgestanden».

Die Gipfelteilnehmer forderten in der Abschlusserklärung den UN-Sicherheitsrat auf, Friedenstruppen nach Gaza und ins Westjordanland zu schicken. Dies würde die Sicherheit für Palästinenser und Israelis verbessern und den Weg für einen Palästinenserstaat ebnen, so die Aussage.

«Rote Linie»: Hamas lehnt eigene Entwaffnung ab

Die Hamas bekräftigte unterdessen die Ablehnung einer von Israel geforderten Entmilitarisierung des Gazastreifens. Eine Entwaffnung der Gruppe sei eine «rote Linie» bei den Verhandlungen über die Fortsetzung der Waffenruhe-Vereinbarung, sagte ein Sprecher der Hamas der Deutschen Presse-Agentur.

Laut Medienberichten hatte Israels Außenminister Gideon Saar zuvor gesagt, dass Israel bereit sei, zur zweiten Phase der Waffenruhe-Vereinbarung mit der Hamas überzugehen, vorausgesetzt, dass alle Geiseln freigelassen werden und der Gazastreifen vollständig entmilitarisiert wird. Neben der Hamas gibt es dort auch andere bewaffnete Gruppen, die sich dem Kampf gegen Israel verschrieben haben.

Am Wochenende endete die erste Phase einer Waffenruhe im Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Bisher konnten sich beide Seiten nicht auf die Bedingungen für eine Fortsetzung einigen. Es besteht die Sorge, dass der Gaza-Krieg erneut ausbrechen könnte – mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen und die israelischen Geiseln, die dort seit 17 Monaten nach ihrer Entführung noch immer festgehalten werden. Daher ist unklar, ob und wann die ägyptischen Pläne umgesetzt werden können.

dpa