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Armeesprecher: Hisbollah plante Überfall auf Israel

Der in Beirut getötete Hisbollah-Militärkommandeur Akil wollte angeblich mit seiner Miliz in Nordisrael eindringen – ähnlich wie die Hamas am 7. Oktober im Süden. Das Risiko eines neuen Kriegs steigt.

Der getötete Hisbollah-Kommandeur Akil (l.) soll nach israelischen Angaben einen Überfall auf Israel geplant haben.
Foto: -/Hezbollah Military Media via AP/dpa

Israels Armee hat der libanesischen Hisbollah-Miliz mit einem tödlichen Angriff auf ihre Führungsriege einen weiteren schweren Schlag versetzt. Der bei dem Luftangriff in Libanons Hauptstadt Beirut gezielt getötete Hisbollah-Militärkommandeur Ibrahim Akil sei Drahtzieher eines Plans gewesen, einen ähnlich verheerenden Überfall auf Israel wie die Terrorattacke der islamistischen Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres durchzuführen, sagte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari. Die Hisbollah bestätigte den Tod Akils. Sie sprach vom Märtyrertod eines ihrer «großen Anführer». Auch rund zehn Kommandeure der Hisbollah-Elitetruppe Radwan wurden laut der israelischen Armee getötet.

Laut libanesischen Berichten starben bei dem Angriff in einem dicht besiedelten Vorort der Hauptstadt mindestens 14 Menschen. Mindestens 66 weitere wurden verletzt. Medienberichten zufolge war Akil der Nachfolger des am 30. August ebenfalls von Israel getöteten Militärkommandeurs Fuad Schukr. Akil sei de facto der Befehlshaber der Elitetruppe Radwan gewesen, sagte Hagari. In dieser Funktion sei er unter anderem für die Panzerabwehr-, Sprengstoff- und Luftabwehroperationen verantwortlich gewesen. Der Mann habe zahlreiche Terroranschläge organisiert und auch Versuche unternommen, nach Israel einzudringen.

Armeesprecher: Akil hatte viel Blut an seinen Händen

«Akil hatte große Mengen Blut an seinen Händen» und sei für den «Tod vieler unschuldiger Zivilisten verantwortlich», sagte Hagari. Die USA als Israels Verbündeter hatten auf Akil ein Kopfgeld in Höhe von sieben Millionen Dollar (rund 6,27 Millionen Euro) ausgesetzt. Akil sei auch Drahtzieher eines Plans der Hisbollah-Miliz für einen Angriff auf Nordisrael gewesen, sagte Hagari. Dieser «Plan zur Eroberung von Galiläa» sah demnach vor, «Israel zu infiltrieren, die Kontrolle über die Gemeinden in Galiläa zu übernehmen und israelische Zivilisten zu töten und zu entführen, ähnlich wie es die Hamas am 7. Oktober tat», so Hagari.

Bei dem Angriff am 7. Oktober 2023 wurden von Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen, die mit der Hisbollah verbündet sind, mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen gebracht. Dies löste den Gaza-Krieg aus. Seitdem gibt es fast täglich gegenseitige Beschüsse zwischen Israel und der Hisbollah. Die Miliz plant, ihre Angriffe erst einzustellen, wenn es eine Waffenruhe im Gazastreifen gibt. Der libanesische Außenminister Abdullah Bou Habib warnt vor der Gefahr eines großen Krieges.

Libanons Außenminister warnt vor «großer Explosion» 

«Entweder zwingt dieser Rat Israel, seine Aggression einzustellen», sagte Bou Habib vor dem UN-Sicherheitsrat in New York, «oder wir werden stumme Zeugen der großen Explosion sein, die sich heute am Horizont abzeichnet.» Bevor es zu spät sei, «müssen Sie verstehen, dass diese Explosion weder den Osten noch den Westen verschonen und uns ins dunkle Zeitalter zurückwerfen wird». Wegen der Lage verschob Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seine für Dienstag geplante Reise zur UN-Generaldebatte in New York um einen Tag. 

«Wir haben nicht die Absicht, mit der Hisbollah im Libanon in einen Krieg einzutreten, aber so wie bisher können wir nicht weitermachen», sagte der israelische UN-Botschafter Danny Danon vor einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates. Israel versucht seit Wochen, die proiranische Miliz zu schwächen. Dazu gehören gezielte Angriffe auf das Führungspersonal, Infrastruktur, Raketenwerfer und Lagerhäuser. Mit diplomatischem und zunehmendem militärischem Druck möchte Israel erreichen, dass die Hisbollah sich aus dem Grenzgebiet zurückzieht, so wie es eine UN-Resolution vorschreibt. Sobald die grenznahe Region wieder sicher ist, sollen 60.000 geflüchtete Israelis in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren. 

Matthew Levitt von der Denkfabrik Washington Institute sagte dem «Wall Street Journal», Israel wolle die Fähigkeit der Hisbollah zur Kriegsführung neutralisieren, indem es wichtige Mitarbeiter, Telekommunikationsnetze und Waffensysteme angreift. Er sagte weitere derartige Angriffe voraus, möglicherweise auch gegen Langstreckenraketen, die größere Sprengköpfe und präzisionsgelenkte Munition tragen. «Das ist mehr als nur eine Botschaft», sagte er der US-Zeitung. «Sie soll der Hisbollah den Teppich unter ihren militärischen Fähigkeiten wegziehen und dafür sorgen, dass sie nicht mehr die Bedrohung darstellt, die sie in den vergangenen elf Monaten ganz konkret und schon viel länger angedroht hat», hieß es.

Israels Premier: unsere Taten sprechen für sich 

Israels Verteidigungsminister Joav Galant kündigte nach dem Angriff auf die Hisbollah-Mitglieder in Beirut an, Israel werde sich weiter gegen seine Feinde verteidigen. «Die Reihe von Einsätzen in der neuen Phase des Krieges wird fortgesetzt, bis wir unser Ziel erreicht haben: die sichere Rückkehr der nördlichen Gemeinden Israels in ihre Häuser», sagte er laut seines Büros. Netanjahu sagte: «Unsere Ziele sind klar und unsere Taten sprechen für sich.» 

Der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, kündigte in einer landesweit übertragenen Rede am Donnerstag an, den Beschuss Nordisraels fortzusetzen. Er erklärte, dass Israel erst dann wieder Menschen in Sicherheit in den Norden zurückkehren lassen könne, wenn der Krieg im Gazastreifen gestoppt werde. Nasrallah beschuldigte Israel auch, für die Explosionen von Pagern und Handfunkgeräten in dieser Woche verantwortlich zu sein. Laut Behördenangaben kamen dabei am Dienstag und Mittwoch mindestens 37 Menschen ums Leben und rund 3.000 weitere wurden verletzt. Israel hat sich bisher nicht dazu bekannt. Nasrallah sprach von einer Kriegserklärung und drohte mit Vergeltung.

«Israel hat der Hisbollah einen sehr starken psychologischen und taktischen Schlag versetzt, der verheerend ist», sagte Fawaz Gerges, Nahostexperte und Professor für internationale Beziehungen an der London School of Economics, dem «Wall Street Journal». Die Angriffe in dieser Woche würden jedoch das strategische Kalkül zwischen der Hisbollah und Israel nicht verändern. «Jeder, der die Hisbollah von innen kennt, wird Ihnen sagen, dass diese Angriffe die Haltung der Hisbollah verhärten und sie noch entschlossener machen werden, Widerstand zu leisten und ihren Weg fortzusetzen», sagte der Experte der US-Zeitung.

Die US-Regierung arbeitet derweil nach Darstellung von Präsident Joe Biden weiter an einer Rückkehr der Vertriebenen aus dem israelisch-libanesischen Grenzgebiet. «Wir versuchen weiterhin, wie wir es von Anfang an getan haben, sicherzustellen, dass sowohl die Menschen im Norden Israels als auch im Süden des Libanons in ihre Häuser zurückkehren können», sagte Biden bei einer Kabinettssitzung laut anwesenden Reportern. «Wir werden so lange daran arbeiten, bis wir es geschafft haben. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.» 

dpa