Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Atom-Aus: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik ignoriert haben

Vor dem Atomausstieg sollen Mitarbeiter von Wirtschaftsminister Habeck interne Bedenken nicht berücksichtigt haben. Das geht aus nun veröffentlichten Akten hervor. Habecks Haus weist die Vorwürfe zurück.

Wirtschaftsminister Robert Habeck. Aus seinem Ministerium heißt es: Maßgabe aller Entscheidungen in der Energiekrise sei immer die Versorgungssicherheit gewesen.
Foto: Michael Kappeler/dpa

Wichtige Mitarbeiter von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) sollen nach einem Bericht des Magazins «Cicero» interne Bedenken gegen den Sinn eines fristgerechten Atomausstiegs unterdrückt haben. Das Wirtschaftsministerium weist die Darstellung zurück.

Das Magazin bezieht sich in seiner Berichterstattung zum Thema auf internen Schriftverkehr der beiden Ministerien. Ein «Cicero»-Journalist hatte erfolgreich auf die Herausgabe der bis dahin vom Wirtschaftsministerium unter Verschluss gehaltenen Unterlagen geklagt.

Mitarbeiter von Habecks Ministerium argumentierten im Entwurf eines Vermerks vom 3. März 2022, dass unter bestimmten Umständen eine begrenzte Laufzeitverlängerung der verbleibenden deutschen Atomkraftwerke bis ins folgende Frühjahr sinnvoll sein könnte. Sie empfahlen, diese Möglichkeit weiter zu prüfen. Das Papier wurde auch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorgelegt. Laut Ministerium hatte nur Staatssekretär Patrick Graichen, ein Parteifreund Habecks, Zugang zu dem Dokument in der Führungsebene. Nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft musste er sein Amt niederlegen – der Minister hätte das Dokument nicht erhalten.

Das Wirtschaftsministerium sagt dazu, das Papier sei eingeflossen in einen später veröffentlichten Prüfvermerk der Ministerien für Wirtschaft und Umwelt, in dem diese sich gegen eine Laufzeitverlängerung aussprachen – unter Verweis auf die «sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken», wie es in einer Pressemitteilung hieß. In einem anderen Fall formulierte Graichen dem «Cicero»-Bericht zufolge einen Vermerk, in dem er für den fristgerechten Atomausstieg argumentierte und den er an Habeck weiterleitete. Dabei habe der Abteilungsleiter für Nukleare Sicherheit und Strahlenschutz im Umweltministerium, Gerrit Niehaus, Bedenken bezüglich des Inhalts angemeldet.

Aus dem Ministerium heißt es, man habe sich seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 immer wieder mit der Frage beschäftigt, ob und inwiefern eine Laufzeitverlängerung der drei damals noch laufenden deutschen Atomkraftwerke die Energiesicherheit erhöhen könne. «Diese Prüfung erfolgte stets ergebnisoffen und transparent.» Und weiter: «Abwägungen und Entscheidungen fußten dabei auf den zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen sowie in Anbetracht der realen, sich erst im Laufe der Monate verändernden und zuspitzenden Lage.» Maßgabe aller Entscheidungen in der Energiekrise sei immer die Versorgungssicherheit gewesen.

Am 15. April 2023 wurde der Atomausstieg in Deutschland endgültig umgesetzt und die letzten drei Meiler Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland wurden abgeschaltet. Der Rückbau wurde gestartet und könnte bis zu 15 Jahre dauern. Ursprünglich hätten die Kraftwerke bereits zum Jahreswechsel davor vom Netz genommen werden sollen, jedoch wurde ihr Betrieb zur Sicherung der Stromversorgung verlängert. Die Grünen hatten sich lange gegen diesen Schritt gewehrt, aber letztendlich setzte Kanzler Olaf Scholz (SPD) sein Machtwort durch.

dpa