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Ausländer sehen Schuld für Krieg oft nicht nur bei Russland

Eine Studie der Adenauer-Stiftung zeigt auffällige Unterschiede, was die Einstellungen von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Deutschland angeht.

Laut Studie der KAS glauben lediglich 38 Prozent der Ausländerinnen und Ausländer, die in Deutschland leben, dass Russland alleine schuld am Krieg in der Ukraine ist.
Foto: Oleg Petrasiuk/Ukrainian 24th Mechanized brigade/AP/dpa

Laut einer aktuellen Untersuchung der Konrad-Adenauer-Stiftung beunruhigt der Rechtsextremismus in Deutschland Menschen ohne Migrationshintergrund mehr als Zuwanderer und ihre direkten Nachkommen. Die Studie befasst sich mit dem Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft.

Es existieren somit auch Unterschiede zwischen Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund hinsichtlich der Wahrnehmung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sowie antisemitischer Vorurteile und Vorbehalte gegenüber Homosexuellen.

Für die repräsentative Untersuchung wurden zwischen Anfang Oktober 2024 und Ende Januar bundesweit etwa 3.000 Personen befragt. Darunter waren 1.007 Ausländer und Ausländerinnen sowie 1.003 Personen mit Migrationshintergrund, die entweder im Ausland geboren wurden oder mindestens einen Elternteil haben, auf den dies zutrifft.

Laut Studie stimmen knapp drei Viertel (74 Prozent) der Deutschen ohne familiäre Einwanderungsgeschichte der Aussage «Der Rechtsextremismus in Deutschland macht mir Angst» zu, wobei 46 Prozent völlig und 28 Prozent eher zustimmen. Auch knapp zwei Drittel (66 Prozent) der Deutschen mit Migrationshintergrund treibt diese Angst um. Unter den hierzulande lebenden Ausländern sind es 55 Prozent. 

In der Studie äußern sich am häufigsten Personen mit türkischen und russischen Wurzeln besorgt über den Rechtsextremismus in Deutschland. Der Anteil ist deutlich geringer bei Personen polnischer Herkunft.

Unterschiedliche Sichtweisen auf Ukraine-Krieg

Laut einer Studie glauben nur 38 Prozent der Ausländerinnen und Ausländer, die in Deutschland leben, dass Russland alleine für den Krieg in der Ukraine verantwortlich ist. Bei Deutschen mit Migrationshintergrund teilen 39 Prozent diese Ansicht. Im Gegensatz dazu sehen 58 Prozent der Deutschen ohne ausländische Wurzeln die Schuld für den seit Februar 2022 andauernden Krieg ausschließlich bei Russland.

Antisemitische Vorurteile

Um antisemitische Einstellungen zu messen, waren die Teilnehmer der Umfrage aufgefordert, sich zu der Aussage «Juden kann man nicht trauen» zu positionieren. Jeder zehnte befragte Ausländer und neun Prozent der Deutschen mit Migrationshintergrund stimmte hier den Angaben zufolge zu. Unter den Deutschen ohne Einwanderungsgeschichte war der Anteil derjenigen, die diese Aussage teilen, mit vier Prozent niedriger.

Laut der Studie gibt es auch Unterschiede, wenn man einzelne Herkunftsregionen betrachtet. Zum Zeitpunkt der Befragung misstraute rund ein Viertel (26 Prozent) der türkeistämmigen Personen jüdischen Menschen. Im Jahr 2015 waren es 18 Prozent gewesen.

Es ist wahrscheinlich, dass der Anstieg mit dem Krieg im Gazastreifen zusammenhängt, der nach dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 begann. Im Jahr 2024 wurden in der Eingangsstatistik der Polizei 6.236 Fälle mit mutmaßlich antisemitischem Motiv verzeichnet.

Von den insgesamt 7.328 politisch motivierten Straftaten, die die Polizei den Unterthemenfeldern «Israel» und «Palästina» zugeordnet hat, sah sie in 2.832 Fällen eine antisemitische Tatmotivation. Ein großer Teil der 793 politisch motivierten Gewaltstraftaten, die im Kontext des Nahost-Konflikts polizeibekannt wurden, stand in Zusammenhang mit Demonstrationen und Protestaktionen. 

Der Prozentsatz der Menschen, die bei der Befragung der Stiftung angaben, Juden nicht zu trauen, ist überdurchschnittlich hoch, auch unter Spätaussiedlern (18 Prozent). Spätaussiedler sind Menschen deutscher Herkunft, die nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, aus Osteuropa und der früheren Sowjetunion nach Deutschland eingewandert sind.

Vorbehalte gegen Homosexuelle

Die Autorin der Studie «Einwanderungsgesellschaft im Wandel», Sabine Pokorny, hat außerdem interessiert, wie Zuwanderer und ihre Nachkommen auf Homosexualität blicken. Unter Deutschen ohne Migrationshintergrund ist die Ablehnung Homosexueller demnach inzwischen die Ausnahme. 

Deutsche mit Migrationshintergrund sowie Ausländerinnen und Ausländer lehnen Homosexuelle zwar nun seltener ab als vor zehn Jahren. Allerdings liegt das Niveau der Ablehnung in diesen Gruppen immer noch bei 18 Prozent beziehungsweise 19 Prozent. Zum Vergleich: Von den befragten Deutschen ohne Migrationshintergrund stimmten laut KAS-Studie sieben Prozent der Aussage «Ich will keine homosexuellen Freunde» zu. 

Die Ergebnisse zeigen ebenfalls, dass jeweils etwa 25 % der Musliminnen und Muslime sowie der orthodoxen Christen keine homosexuellen Freunde haben möchten.

Blick auf Leben in Deutschland leicht eingetrübt

Die Frage «Leben Sie alles in allem gerne in Deutschland?» beantworten zwar über alle untersuchten Gruppen hinweg jeweils mehr als 90 Prozent der Befragten mit «Ja». Allerdings ist der Anteil im Vergleich zur Erhebung von 2015 jeweils leicht gesunken. 

Minderheit fühlt sich immer mit Respekt behandelt

Von den Deutschen ohne Migrationsgeschichte fühlen sich 37 Prozent immer mit Respekt behandelt. Von den Menschen mit Migrationshintergrund antworteten 39 Prozent auf die Frage: «Fühlen Sie sich in Deutschland mit Respekt behandelt?» mit «Ja, immer». Dass dieser Wert für Ausländer mit 52 Prozent deutlich höher liegt, mag verschiedene Gründe haben. Eine denkbare Variante ist, dass der Vergleich mit der Situation im Herkunftsland womöglich noch eine größere Rolle spielt als bei den Menschen mit Migrationshintergrund. 

Es ist offensichtlich, dass im Vergleich zur Umfrage von 2015, in der jeweils 56 Prozent in allen drei Gruppen den Eindruck hatten, dass ihnen immer mit Respekt begegnet wird, hier ein negativer Trend erkennbar ist.

dpa