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Ausnahmezustand in Neukaledonien: Wieder Nacht mit Krawallen

Seit Montag gibt es im Tropenparadies Neukaledonien schwere Unruhen. Nun hat Paris in seinem Überseegebiet den Ausnahmezustand verhängt. Aber noch gehen die Krawalle weiter.

Seit Tagen kommt es zu Krawallen im Südseeparadies Neukaledonien.
Foto: Delphine Mayeur/AFP/dpa

Es hat in Neukaledonien, einem französischen Überseegebiet, bereits zum dritten Mal in Folge zu Ausschreitungen von Separatisten gegeben. Laut offiziellen Angaben sind bei den schweren Unruhen bisher vier Menschen ums Leben gekommen, darunter ein Polizist.

Hunderte weitere Personen wurden verletzt. Lokale Medien haben Bilder und Videos von geplünderten und komplett zerstörten Supermärkten und Tankstellen veröffentlicht. Seit Beginn der Woche setzen Befürworter der Unabhängigkeit immer wieder Geschäfte und Autos in Brand.

Paris hat gestern auf die Gewalt in der Inselgruppe im Südpazifik reagiert und für zunächst zwölf Tage den Ausnahmezustand verhängt. Dies ermöglicht es den Behörden, Demonstrationsverbote zu erlassen, öffentliche Orte und Webseiten zu sperren und der Polizei und Justiz erweiterte Befugnisse zu geben.

Geplante Verfassungsreform Grund für Ausschreitungen

Während der Proteste von Unabhängigkeitsbefürwortern geht es um eine geplante Verfassungsreform der Regierung in Paris, die Tausenden französisch-stämmigen Bürgern, die seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen in Neukaledonien leben, das Wahlrecht einräumen würde. Dadurch würden sie mehr politischen Einfluss erhalten. Insbesondere die Bevölkerungsgruppe der Kanaken – die Ureinwohner Neukaledoniens – strebt jedoch schon lange nach einem eigenen Staat.

Das Hochkommissariat in Neukaledonien gab bekannt, dass etwa 5000 Randalierer im Großraum der Hauptstadt Nouméa an den Unruhen beteiligt seien. Trotz Ausgangssperren war die Situation immer noch nicht unter Kontrolle. Das größte Krankenhaus des Archipels, Médipôle de Koutio, teilte mit, dass derzeit hauptsächlich Notfälle behandelt würden. Aufgrund von Straßensperren hätten viele Patienten jedoch Schwierigkeiten, die Klinik überhaupt zu erreichen.

Riesiger wirtschaftlicher Schaden

Der Flughafen La Tontoura bleibt weiterhin geschlossen. Vor zahlreichen Geschäften bildeten sich lange Schlangen besorgter Bürger, da Lebensmittel bereits rationiert werden, wie der Sender 1ère Nouvelle-Calédonie berichtet. Den Tankstellen ging das Benzin aus.

Die Präsidentin der Südprovinz Sonia Backes, eine prominente Aktivistin für einen Verbleib bei Frankreich, bat die Regierung in Paris um finanzielle Unterstützung: «Unser Territorium ist seit 72 Stunden im Griff beispielloser Gewalt», schrieb sie in einem Brief an Premierminister Gabriel Attal. Der anfängliche Schaden für die Wirtschaft Neukaledoniens werde von der Industrie- und Handelskammer auf 150 Millionen Euro geschätzt.

Von 1853 bis 1946 war Neukaledonien eine französische Kolonie. Die Inselgruppe mit 270.000 Einwohnern, die 1500 Kilometer östlich von Australien liegt, hatte durch das Abkommen von Nouméa 1998 bereits umfassende Autonomie erlangt. Für Paris ist das Territorium vor allem aus geopolitischen, militärischen und wirtschaftlichen Gründen wichtig, insbesondere aufgrund der großen Nickelvorkommen. Derzeit bemüht sich Paris, mit den politischen Kräften in Nouméa ein neues Abkommen abzuschließen.

dpa