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Austausch von Hamas-Geiseln gegen Häftlinge wird vorgezogen

Sechs weitere Geiseln der Islamisten sollen am Samstag freikommen, drei von ihnen früher als geplant. Zudem will die Hamas Leichen von Entführten übergeben, darunter die einer deutschen Familie.

Das Forum der Geisel-Familien gab die Namen der sechs Männer bekannt, die am Samstag aus der Gewalt der Hamas freikommen sollen.
Foto: Ariel Schalit/AP/dpa

Die Hamas will einige ihrer Geiseln einem Bericht zufolge früher als geplant freilassen, damit die Freilassung Dutzender hochrangiger Mitglieder der Islamistenorganisation aus israelischen Gefängnissen nicht in letzter Minute scheitert. Laut der US-Nachrichtenseite «Axios» gibt es sowohl aufseiten der palästinensischen Terrororganisation als auch innerhalb der israelischen Regierung Befürchtungen, dass die erste, sechswöchige Phase der Waffenruhe nicht wie verabredet bis Anfang März halten könnte – und wichtige Forderungen dann unerfüllt bleiben.

Deshalb habe die Hamas vorgeschlagen, die Freilassung dreier Geiseln um eine Woche vorzuziehen und sie zusammen mit drei anderen Entführten schon diesen Samstag auf freien Fuß zu setzen, berichtete «Axios» unter Berufung auf zwei israelische Beamte. Im Gegenzug sollten mehr als 100 palästinensische Häftlinge entlassen werden, darunter 47 ranghohe Hamas-Kader. Noch vor den sechs Geiseln sollen am Donnerstag die Leichen vier weiterer Entführter übergeben werden, wie der ranghohe Hamas-Funktionär Chalil al-Haja mitteilte – darunter eine Mutter und zwei Kleinkinder mit deutscher Staatsbürgerschaft.

Israels Regierung hat die Vereinbarung bestätigt, an der Katar und Ägypten als Vermittler zwischen den beiden Kriegsparteien beteiligt waren. Im Austausch gegen die Leichen der Geiseln wird Israel angeblich alle Frauen und Minderjährigen freilassen, die seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 festgenommen wurden und nicht am bewaffneten Kampf gegen Israel beteiligt waren.

Freilassung nach einem Jahrzehnt im Gazastreifen?

Am Abend gab das Forum der Geisel-Familien in Israel die Namen der sechs Geiseln bekannt, die am Samstag aus der Gewalt der Hamas freikommen sollen. Es handelt sich um drei Männer, die am 7. Oktober 2023 beim Überfall islamistischer Terroristen auf den Süden Israels vom Nova-Musikfestival entführt wurden: Omer Schem-Tov (22), Omer Wenkert (23) und Elija Cohen (27), sowie um Tal Schoham (40), der am selben Tag aus einem Kibbuz verschleppt wurde. Außerdem handelt es sich um die beiden Langzeitgeiseln Hischam al-Sajid (36) und Avera Mengistu (39), die seit einem Jahrzehnt im Gazastreifen festgehalten werden.

Al-Sajid, ein israelischer Araber, kämpft laut dem Geisel-Forum mit psychischen Problemen. Er überquerte 2015 eigenständig die Grenze in den Gazastreifen. Mengistu, der bereits seit 2014 in der Gewalt der Hamas ist, hat ebenfalls psychische Probleme.

Insgesamt sollen laut dem Hamas-Funktionär al-Haja in der ersten Phase des Abkommens neben den sechs am Samstag freikommenden Geiseln acht Tote übergeben werden, vier davon in der sechsten Woche der Waffenruhe. Er erwähnte auch Vorbereitungen für Gespräche über eine zweite Phase des Abkommens.

Die erste Phase wird in weniger als zwei Wochen abgeschlossen sein. Laut Berichten haben beide Kriegsparteien bisher – entgegen der Vereinbarung – noch keine ernsthaften Verhandlungen über die zweite Phase des Deals geführt. Diese soll zu einem endgültigen Ende des Krieges und zur Freilassung der verbliebenen, lebenden Geiseln führen. Israelische Medien berichteten unter Berufung auf Außenminister Gideon Saar, dass die Gespräche noch in dieser Woche beginnen sollen.

Klinik in Gaza: Tote durch israelischen Beschuss

Trotz der geltenden Waffenruhe gab es Berichten zufolge im Gazastreifen erneut Tote durch israelischen Beschuss. Laut palästinensischen Angaben eröffneten Panzer in der Stadt Rafah im Süden des Küstengebiets das Feuer auf Palästinenser und töteten zwei Menschen, wie aus einer Klinikbericht hervorging. Die israelische Armee erklärte, dass Truppen zunächst Warnschüsse abgegeben hätten aufgrund einer Person, die sich ihnen genähert habe. Als der Verdächtige nicht zurückwich, seien weitere Schüsse abgegeben worden. Das Militär machte keine Angaben zu möglichen Opfern.

Am Abend wurde von der israelischen Armee mitgeteilt, dass sie von der gestürzten syrischen Führung im Süden des Nachbarlandes angelegte Waffendepots angegriffen hat. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete von lauten Explosionen nach einem Angriff auf ein Waffenlager. Seit dem Sturz des syrischen Langzeitmachthabers Baschar al-Assad Anfang Dezember hat Israel seine Angriffe im Nachbarland stark ausgeweitet – vor allem, um dort Militärausrüstung zu zerstören. Nach der Machtübernahme islamistischer Rebellen wurden auch Truppen ins syrische Grenzgebiet verlegt. Israel rechtfertigt sein international kritisiertes Vorgehen mit Sicherheitsüberlegungen.

dpa