Vor dem dritten Kriegswinter setzt die deutsche Außenministerin bei ihrem achten Ukraine-Besuch seit Beginn des russischen Angriffskriegs ein Zeichen der Solidarität. Auch, was EU und Nato angeht.
Baerbock in Kiew: 200 Millionen Euro Zusatz-Winterhilfe
Deutschland sichert der Ukraine vor dem dritten Kriegswinter und angesichts anhaltender russischer Angriffe auf die Infrastruktur zusätzliche Winterhilfe in Höhe von 200 Millionen Euro zu. Mit dem Geld werde die humanitäre Soforthilfe des Auswärtigen Amts aufgestockt, damit etwa auch frontnahe Häuser ohne Energieversorgung Brennstoff erhalten und Ukrainer «mit dem Nötigsten wie Decken oder warmen Wintermänteln gegen die eisigen Temperaturen ausgestattet werden» könnten, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei einem Treffen mit ihrem ukrainischen Kollegen Andrij Sybiha in Kiew.
Baerbock hatte vorher ihren achten Solidaritätsbesuch in der Ukraine seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 absolviert.
Baerbock: Putin mit perfider Winter-Strategie
“Russlands Präsident Wladimir Putin suche sich jetzt auch noch Waffenhilfe aus Nordkorea und gehe besonders hart im Osten der Ukraine vor”, sagte Baerbock. “Überall im Land wolle er Lebensadern treffen, zerbombe Kraftwerke und zerstöre Stromleitungen. Fast zwei Drittel der Energieinfrastruktur der Ukraine seien mittlerweile zerstört, Strom und Wärme fehlten.”
Die angekündigte Zusatzhilfe ist keine Unterstützung für den Energiesektor, sondern dient der Winternothilfe für die Bevölkerung. Dies umfasst Festbrennstoffe für Häuser in Frontnähe, Isolierungen, Winterkleidung, Decken und Bargeldhilfen. Die deutsche Förderung aus Mitteln der humanitären Hilfe, einschließlich humanitärem Minenräumen, beläuft sich im laufenden Jahr mit zusätzlichen 200 Millionen Euro nun auf insgesamt 390 Millionen Euro.
Baerbock lässt sich Flugabwehr und Energieanlage zeigen
Baerbock wurde von ukrainischen Soldaten über den Einsatz der von Deutschland gelieferten Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard informiert. Die ukrainische Gepard-Besatzung berichtete, dass sie erst am Freitag drei russische Drohnen abgeschossen habe. Außerdem bat sie Baerbock um mehr Unterstützung mit Material und Munition. Deutschland hat der Ukraine bisher 55 Gepard-Panzer mit Ersatzteilen und 176.000 Stück Flakpanzer-Munition aus Bundeswehr- und Industriebeständen für die Abwehr russischer Luftangriffe geliefert.
Die Gepard-Panzer sind bekannt dafür, dass sie besonders effektiv sind, um Drohnenangriffe abzuwehren. Anschließend besichtigte Baerbock eine Energieanlage im Großraum Kiew, die mehrfach von russischen Raketen getroffen wurde und immer noch Strom produziert.
Baerbock: Zukunft der Ukraine in EU und Nato
Baerbock betonte, die Zukunft der Ukraine liege «glasklar» in der Europäischen Union und der Nato. Putin wolle diese freie Entscheidung der Ukraine verhindern, doch jedes Land treffe, die Entscheidung selbst. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte dem Wunsch der Ukraine nach einer raschen Einladung in die Nato kürzlich erneut eine deutliche Absage erteilt. «Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, sich klarzumachen, dass ein Land, das im Krieg ist, gar nicht Nato-Mitglied werden kann», hatte er in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner» gesagt.
Ukrainische Außenminister: Ukraine wird von Nato-Beitritt nicht abrücken
Sybiha betonte, die Ukraine werde von einem Nato-Beitritt nicht abrücken. «Die Einladung an die Ukraine muss bereits jetzt ohne Zögern ausgesprochen werden», sagte er. Das sei ein wichtiger politischer Schritt, «um Putin die Illusionen zu nehmen und zu einem Ende der Aggression zu motivieren». Mit Blick auf die Präsidentschaftswahl in den USA sagte Sybiha: «Wir sind uns der Unterstützung durch beide Parteien und des Volkes der USA sicher.»
Mit Stand 31. August haben die USA laut Sybiha 56,8 Milliarden Euro an Militärhilfe bereitgestellt. Zu gleichen Zeit hätten die Gesamthilfen vonseiten der europäischen Staaten bei 54,61 Milliarden Euro gelegen. «Daher ist die Hilfe unserer europäischen Partner ebenfalls äußerst wichtig für die Ukraine, und wir sind dankbar dafür.»
UN-Chef warnt wegen Nordkorea-Soldaten im Ukraine-Krieg vor Eskalation
UN-Generalsekretär António Guterres warnte vor einem möglichen Einsatz nordkoreanischer Soldaten aufseiten Russlands. Berichte darüber hätten ihn «sehr beunruhigt», sagte er laut Mitteilung in New York. «Das würde eine sehr gefährliche Eskalation des Krieges in der Ukraine darstellen. Alles muss getan werden, um jegliche Internationalisierung dieses Konflikts zu verhindern.» Nach Angaben der Vereinigten Staaten stehen bis zu 8.000 nordkoreanische Soldaten nahe der ukrainischen Grenze.
Neue russische Drohnenschwärme erreichen die Ukraine
Am späten Sonntagabend hat das russische Militär erneut größere Drohnenschwärme über die Ukraine geschickt. Zuerst wurden Kamikaze-Drohnen in der ostukrainischen Region Sumy gesichtet, später auch im Süden des Landes. Die mit Sprengstoff beladenen unbemannten Flugkörper breiteten sich dann in verschiedene Richtungen aus, um die ukrainische Luftabwehr zu verwirren. Als Reaktion darauf wurde in verschiedenen Teilen des Landes Luftalarm ausgelöst.