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Baerbock muss in geheime Abstimmung um UN-Spitzenposten

Die Wahl von Grünen-Politikerin Annalena Baerbock zur neuen Präsidentin der Vollversammlung der Vereinten Nationen gilt als Formsache. Ein Land aber schießt quer.

Baerbock kennt ihren designierten neuen Arbeitsplatz noch als Außenministerin. (Archivbild)
Foto: Michael Kappeler/dpa

Die frühere deutsche Außenministerin Annalena Baerbock wird auf Antrag eines Mitgliedsstaates bei der Wahl zur Präsidentin der UN-Generalversammlung einer geheimen Abstimmung unterzogen. Eine Sprecherin der UN bestätigte dies gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in New York. Laut Diplomaten handelt es sich bei dem Land um Russland.

Wahl ist Formsache – eigentlich

Baerbock wird um 16.00 Uhr MEZ ohne Gegenkandidaten für die einjährige Spitzenposition des größten UN-Gremiums mit 193 Mitgliedsländern antreten. Die Wahl im Plenum vor 193 UN-Mitgliedsländern gilt daher als Formsache – eigentlich: Normalerweise besiegelt die Vollversammlung Personalien ohne Gegenkandidaten per Akklamation, also im Konsens und ohne formelle Wahl.

Es wird nun eine Abstimmung mit Stimmzetteln geben, auf denen nur Baerbocks Name steht. Man kann ihren Namen ankreuzen, sich aber auch enthalten oder einen weiteren Namen hinzufügen. Baerbocks Wahl, die eine einfache Mehrheit erfordert, gilt dennoch als sicher.

Russland hatte in den vergangenen Wochen kein Hehl daraus gemacht, dass es Baerbock für eine ungeeignete Kandidatin hält und ihr «eklatante Voreingenommenheit» unterstellt. Baerbock war als Außenministerin gegenüber Russland im Zuge der russischen Invasion in die Ukraine einen harten Kurs gefahren und damit immer wieder ins Visier Moskaus geraten.

Ursprünglich war die deutsche Top-Diplomatin Helga Schmid für das Amt der Präsidentin der UN-Generalversammlung vorgesehen, was auch von Russland akzeptiert wurde. Baerbock erntete Kritik für ihre späte Kandidatur nach der verlorenen Bundestagswahl.

Hohes Amt mit wenig Macht

Die Spitzenposition hat hauptsächlich protokollarische Bedeutung – sie sollte nicht mit der Rolle von UN-Generalsekretär António Guterres verwechselt werden. Die offizielle Amtseinführung wäre am 9. September kurz vor der Generaldebatte der UN-Vollversammlung mit Staatsgästen aus aller Welt.

Wenn sie Präsidentin wäre, würde Baerbock die Sitzungen der Generalversammlung leiten und die Abläufe sowie Tagesordnungspunkte festlegen. Diese Aufgaben würden es der 44-Jährigen ermöglichen, zumindest einen begrenzten Einfluss auf Entscheidungsprozesse hinter den Kulissen zu haben, wie zum Beispiel bei der Wahl des nächsten Generalsekretärs im kommenden Jahr. Baerbocks direkter Draht zu Außenministern weltweit – also den Chefs der UN-Botschafter in New York – könnte dabei hilfreich sein.

Im Vergleich zur Generalversammlung wird der 15-köpfige UN-Sicherheitsrat mit den fünf Vetomächten als weitaus mächtiger angesehen. Er hat die Befugnis, völkerrechtlich bindende Resolutionen zu verabschieden. Die politischen Entscheidungen der Generalversammlung hingegen haben oft nur symbolischen Charakter und werden als globale Stimmungsanzeige betrachtet.

dpa