Abgehörte Gespräche belasten enge Geschäftspartner von Präsident Selenskyj. Minister treten zurück, Liebesaffäre aufgedeckt, Elite bevorzugt US-Dollar.
Millionen an Bargeld verschoben: Korruptionsskandal erschüttert Ukraine

Die Gesprächsmitschnitte von Verdächtigen des Korruptionsskandals in der Ukraine sind rund 1.000 Minuten lang und enthalten brisante Informationen: Einer der Abgehörten ist Tymur Minditsch, ein enger Geschäftspartner des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. In den Gesprächsprotokollen wird Minditsch als Karlsson und ein weiterer Verdächtiger, Olexander Zukerman, als Sugarman bezeichnet. Beide sollen Millionen an Bargeld verschoben und sind mittlerweile nach Israel geflohen. Selenskyj hat sie nun mit Sanktionen belegt.
Nachfolgend sind einige wichtige Punkte aus den Aufzeichnungen aufgeführt, die aus den 15-monatigen Ermittlungen der Behörden stammen:
Der ehemalige stellvertretende Regierungschef und Vertraute von Selenskyj, Olexij Tschernyschow, auch bekannt als Che Guevara in den Aufzeichnungen, erhielt demnach 1,2 Millionen US-Dollar und fast 100.000 Euro in bar. Er wird beschuldigt, an Geldwäsche beteiligt gewesen zu sein.
Justizminister Herman Haluschtschenko und Energieministerin Switlana Hryntschuk sind bereits aufgrund des Korruptionsskandals zurückgetreten. Es wurde auch vor Gericht festgehalten, dass beide eine Liebesbeziehung führten. Laut den Korruptionsermittlern übernachtete Hryntschuk mehrmals bei Haluschtschenko, der zuvor ihr Vorgänger als Energieminister war.
In den bisher veröffentlichten Mitschnitten führen selbst Minister alle Gespräche unerwartet auf Russisch, obwohl die Behörden versuchen, die Nutzung der ukrainischen Sprache durchzusetzen. Während die Ukraine in die EU strebt, bevorzugt die korrupte Elite des Landes US-Dollar.
Die Behörden haben Fotos veröffentlicht, auf denen Berge von Bargeld zu sehen sind, die in Safes, Reisetaschen und teilweise noch eingeschweißt in Verpackungen von verschiedenen US-Notenbanken liegen. In einem der Mitschnitte beschwert sich ein Verdächtiger darüber, wie schwer es ist, 1,6 Millionen Dollar zu schleppen. In dem Video ist ein Mann zu sehen, der mit zwei vollgepackten Taschen tagsüber durch Kiew läuft.
Selenskyj taucht ebenfalls in einer Episode auf, als er nach einer Kurznachricht von Minditsch beim damaligen Energieminister Haluschtschenko anruft und ihn einbestellt. Der Minister antwortet auch in diesem Gespräch auf Russisch. «Grüße Sie, Wladimir Alexandrowitsch (Selenskyj), grüße Sie, alles klar, wird gemacht, wird gemacht.» Selenskyj ist in den veröffentlichten Mitschnitten nicht zu hören.
Mit dem Geld kaufte Minditsch auch ein Haus in der Schweiz im Wert von rund sechs Millionen Dollar. Es wurden Geldübergaben in Wien und Israel sowie Überweisungen nach Mauritius und den Seychellen besprochen.
Die veröffentlichten Mitschnitte sind wie eine kleine Videoserie aufgemacht. Und wie im Kino, so endet jede Sequenz mit pompöser Musik und einem sich schließenden Theatervorhang – «Fortsetzung folgt».








