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Bauern-Proteste in den Niederlanden: Wo kommt die Wut her?

Damit die niederländische Landwirtschaft umweltfreundlicher wird, sollen die Bauern unter anderem ihren Viehbestand reduzieren. Die Landwirte plagen Existenzängste – und gehen nun auf die Barrikaden.

Niederländische Bauern blockieren Ende Juni mit ihren Traktoren eine Straße.
Foto: Vincent Jannink/ANP/dpa

Aus Protest gegen strenge Umweltauflagen sind die Bauern in den Niederlanden seit mehr als zwei Wochen im Aufstand. Mit Treckern versperren sie Autobahnen, sie verbrennen Heuballen an den Straßen, blockieren Großlager von Supermarktketten.

Worum geht es eigentlich?

Seit Jahrzehnten überschreiten die Niederlande die europäischen Normen für Stickstoff-Ausstoß. Dadurch werden auch Naturgebiete beschädigt. Nachdem alle Pläne zur Reduzierung nichts brachten, zog 2019 das höchste Gericht die Notbremse: Das Land muss sich an die Normen halten. Im Frühjahr legte die Regierung einen Plan vor. Danach soll bis 2030 der Stickstoff-Ausstoß landesweit im Schnitt um 50 Prozent reduziert werden, bei Naturgebieten sogar um mehr als 70 Prozent.

Was bedeutet das für die Bauern?

Nach Einschätzung der Regierung ist eine drastische Reduzierung des Viehbestandes unausweichlich, und das kann zum Aus für etwa 30 Prozent der Betriebe führen.

Was macht Stickstoff so schädlich?

Stickstoff ist nur in einer chemischen Verbindung schädlich für die Umwelt. Stickstoffoxide werden durch Industrie und Verkehr freigesetzt. Eine andere schädliche Verbindung ist Ammoniak – das entsteht durch Mist und kommt etwa als Dünger auf die Felder.

Warum treffen die Auflagen gerade die Bauern?

Etwa 40 Prozent der Schadstoffe kommt von Vieh-Betrieben, etwa 40 Prozent aus dem Ausland, und der Rest von Industrie und Verkehr. Gegen ausländische Emissionen kann man nicht besonders viel unternehmen, für den Verkehr gibt es bereits Auflagen. So wurde die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen auf 100 Stundenkilometer reduziert. Zudem sind Auflagen für Industrie, Bau, Flug- und Schiffsverkehr geplant. Untersuchungen ergaben jedoch, dass die Reduzierung von intensiver Viehzucht am meisten Auswirkungen hätte.

Warum ist das Problem größer als in Deutschland?

Das liegt an der intensiven Landwirtschaft. In den Niederlanden gibt es auf den Quadratkilometer deutlich mehr Vieh – und besonders in Nähe von Naturgebieten. Das Land ist einer der weltweit größten Exporteure von Agrarprodukten. Es gibt rund 53.000 landwirtschaftliche Betriebe. 2021 sind für rund 105 Milliarden Euro landwirtschaftliche Güter exportiert worden.

Worüber empören sich die Landwirte?

Die Bauern fühlen sich verraten. Sie argumentieren, dass sie sich immer an alle Regeln gehalten und nachhaltige Investitionen getätigt hätten. Sie bezweifeln auch die Schadstoff-Messungen und vermissen eine Perspektive für die Landwirtschaft. Konkret fordern sie mehr Zeit für die Umstellung der Betriebe. Und sie setzen vor allem auf technische Innovationen.

Wie geht es im Konflikt zwischen Bauern und Regierung nun weiter?

Die Regierung stellte einen Vermittler ein. Doch die Bauernorganisationen lehnen ihn ab, da er als ein großer Unterstützter der so heftig umstrittenen Pläne gilt.

dpa