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Bayern beschließt Gesetz zum Abschuss von Drohnen

Ministerpräsident Söder betont: «Abschießen statt Abwarten muss im Endeffekt die Konsequenz lauten.»

Ministerpräsident Söders Botschaft für den Umgang mit Drohnen ist klar: Abschießen statt Abwarten.
Foto: Peter Kneffel/dpa

Bayern hat aufgrund der kürzlichen Drohnensichtungen in Europa und am Münchner Flughafen schnell ein Gesetz verabschiedet, um der Polizei mehr Befugnisse zum Abschuss solcher Flugsysteme zu geben. Außerdem ist eine flächendeckende neue Bewaffnung vorgesehen.

«Keine Ängstlichkeit, kein Abwarten, aber dafür Konsequenz. Abschießen statt Abwarten muss im Endeffekt die Konsequenz lauten», sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Das Kabinett beschloss dafür eine Erweiterung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes. Bis diese final vom Landtag beschlossen werden kann, wird es aber noch einige Zeit dauern.

Warum reagiert Bayern so schnell mit einer Gesetzesinitiative?

«Die Gefahrenlage hat sich einfach verändert, und zwar in ganz Europa, nicht nur in Bayern», sagte Söder. Auch wenn die Herkunft der Drohnen bisher offiziell nicht bekannt ist, vermutet Söder wie auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) Russland hinter den Aktionen. Er sprach in dem Kontext von einer «Form der psychologischen Kriegsführung», da neben möglicher «Spionage, vielleicht irgendwann Sabotage, auf jeden Fall tiefe Verunsicherung» die Ziele seien. 

Die Novelle wird von Söder und Innenminister Joachim Herrmann (CSU) als erforderlich angesehen, da der Abschuss von Drohnen für die Polizei bisher sowohl rechtlich heikel als auch technisch schwierig ist. Gleichzeitig reagierte die Staatsregierung mit ihrer Initiative auf Verunsicherung in der Bevölkerung.

Am vergangenen Wochenende mussten aufgrund von Drohnensichtungen viele Flüge gestrichen werden, wodurch Tausende Passagiere unfreiwillig in der Landeshauptstadt strandeten. Auch über einer Bundeswehr-Einrichtung in der Nähe des Flughafens wurde eine Drohne gesichtet.

Wer entscheidet, ob eine Drohne abgeschossen werden soll?

Laut Herrmann ist das Vorgehen gegen eine Drohne erst einmal ein normaler Einsatz für die Polizei: Je brenzliger die Situation sei, desto mehr liege die Verantwortung bei den einzelnen Einsatzführern und dann auch dem einzelnen Beamten. Dies werde man auch hier nicht anders organisieren können. «Das ist die große Herausforderung für alle meine Kolleginnen und Kollegen der Polizei, fast jeden Tag.»

Welche rechtlichen Probleme gibt es?

Bei Söder klingt es seit Tagen so, als sollten künftig alle illegalen Drohnen direkt und möglichst schnell abgeschossen werden: «Der Schutz der Bevölkerung, der Schutz der Infrastruktur und der Schutz unseres Territoriums hat absolute Priorität.» Im Gesetz ist dies aber nur als ultima ratio vorgesehen, als letzte Möglichkeit. 

Ein Abschuss muss verhältnismäßig sein – der Nutzen muss größer sein als das Risiko, etwa einen Kollateralschaden zu verursachen. In der Praxis müsse weiterhin jeder Abschuss einer Drohne auf einer strengen Einzelfall- und Gefahrenabwägung beruhen, sagt die Expertin vom Center for Intelligence and Security Studies (CISS) der Universität der Bundeswehr in München, Verena Jackson. Dies sei schwierig, weil am nächtlichen Himmel eine schnelle Beurteilung, etwa ob es sich um eine militärische Drohne handelt, oft erschwert sei. «Solche Merkmale sind jedoch oft nur durch Fachleute oder mit Aufklärungssystemen zu erkennen und nicht durch bloße Sichtbeobachtung.»

Welche Polizeieinheit soll künftig für Drohnenabwehr zuständig sein?

Herrmann zufolge ist geplant, im Freistaat eine umfassende Struktur zu etablieren, um Polizeieinheiten mit geeigneter Technologie auszurüsten, um im Notfall auch illegale Drohnen abschießen zu können. Die Bereitschaftspolizei soll für die Drohnenabwehr zuständig sein, aktuell arbeiten rund 8.000 Mitarbeiter an 16 Standorten in dieser Einheit.

Die bayerische Polizei plant die Einrichtung eines Drohnenkompetenz- und -abwehrzentrums am Defense Lab Erding. Das Ziel sind kooperative und koordinierte Maßnahmen mit der Bundespolizei oder der Bundeswehr bei Drohnen in großen Höhen, sowohl in technischer Entwicklung als auch im operativen Einsatz.

Welche Technik soll die Polizei dafür erhalten?

«Dass wir aufrüsten werden, steht definitiv fest», betonte Söder. Herrmann erklärte aber wiederholt, Details dazu nicht öffentlich «breittreten» zu wollen, da der Gegner nicht wissen solle, «was wir können und was wir nicht können». Klar sei aber, dass die Ausstattung deutlich besser werden solle, um in einer ganzen Breite handlungsfähig zu sein. 

Die Drohnenbewaffnung ist derzeit nicht erlaubt, obwohl Bayerns Polizei rund 140 Drohnen zur Luftüberwachung einsetzt, die mit Kameras ausgestattet sind, beispielsweise im Grenzgebiet.

Es ist wahrscheinlich, dass in Zukunft auch „Jammer“ zur Standardausrüstung der Polizei gehören werden. Diese Geräte senden Hochfrequenzsignale aus, um die Kontrolle der Drohne zu stören oder vollständig zu blockieren.

Es gibt auch spezielle Fangnetze zur Abwehr von Drohnen, die sich in den Rotoren verheddern sollen. Hermann erwähnte auch die Möglichkeit, Drohnen durch einen gezielten Zusammenstoß vom Himmel zu holen.

Ab wann dürfte die neue Drohnenabwehr einsatzbereit sein?

Es ist noch nicht entschieden. Herrmann hofft, dass das Gesetz noch in diesem Jahr vom Landtag beschlossen werden kann. Wann genau die Schulungen für die Polizisten stattfinden, die Einheiten gebildet werden und vor allem die Technik verfügbar ist, bleibt jedoch abzuwarten.

Herrmann betonte, dass die Landespolizei bereits im Prinzip die Möglichkeit hat, mit Mitteldistanzgewehren auf Drohnen zu schießen, um dem Eindruck der Wehrlosigkeit entgegenzuwirken. Dies werde die Polizei auch umsetzen.

Woher kommt das Geld für die Ausstattung und das Personal?

Der Gesetzesentwurf sieht zunächst keine konkreten Summen vor. In den bevorstehenden Haushaltsverhandlungen muss festgelegt werden, woher das Geld für die Drohnenabwehr kommen soll. Aufgrund der Wirtschaftsflaute und des Einbruchs der Steuereinnahmen ist Bayerns Haushaltslage bereits angespannt.

Im Freistaat Bayern besteht auch ein Moratorium für die Schaffung neuer staatlicher Stellen – auch bei der Polizei. Wenn dies weiterhin gelten soll, müsste das Personal aus den vorhandenen Ressourcen kommen. Die Polizei hat jedoch bereits jetzt jedes Jahr mit enormen Überstunden zu kämpfen. Es wird berichtet, dass allein der Kauf der Technik mehr als 45 Millionen Euro kosten könnte.

dpa