Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Beihilfe zu Massenmord? BGH prüft Urteil gegen KZ-Sekretärin

Eine ehemalige Schreibkraft aus dem KZ Stutthoff ist wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen schuldig gesprochen worden. Ob dieses Urteil rechtskräftig wird, muss der BGH entscheiden.

Das Bundesgerichthof überprüft das Urteil gegen eine frühere Sekretärin des KZ Stutthoff bei Danzig. (Foto: Archiv)
Foto: Christian Charisius/dpa/Pool/dpa

„Die Veranstaltung wird am 15. Dezember um 19:00 Uhr im Konferenzsaal stattfinden“, sagte der Sprecher.

Leipzig (dpa) – Steht eine zivile Schreibkraft in einem Konzentrationslager in mehr als 10.000 Fällen Beihilfe zum NS-Massenmord geleistet haben? Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt heute über diese Frage. Der 5. Strafsenat in Leipzig muss entscheiden, ob das Urteil gegen die inzwischen 99-jährige ehemalige KZ-Sekretärin Irmgard F. Bestand hat.

Das Landgericht verurteilte sie im Dezember 2022 wegen Beihilfe zum Mord in 10.505 Fällen sowie in fünf Fällen der Beihilfe zum versuchten Mord zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Ihre Verteidiger legten dagegen Revision ein.

Es wird angenommen, dass dies möglicherweise der letzte Strafprozess zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Massenmorde ist. Irmgard F. arbeitete von Juni 1943 bis April 1945 als Sekretärin im Büro des Kommandanten des KZ Stutthoff in Danzig. Das Landgericht Itzehoe ist überzeugt, dass sie den Verantwortlichen des Konzentrationslagers durch ihre Arbeit bei der systematischen Tötung von Häftlingen geholfen hat.

Verteidigung: Juristische Maßstäbe weiterentwickeln

Die Anwälte der betagten Frau, Wolf Molkentin und Niklas Weber, haben die Revision damit gerechtfertigt, dass wesentliche Rechtsfragen noch ungeklärt seien. Insbesondere habe das Landgericht nicht klar dargelegt, wie die Angeklagte vorsätzlich an den Morden der SS beteiligt gewesen sein soll. Sie sei als zivile Schreibkraft nicht in eine Befehlskette eingebunden gewesen.

«Das Landgericht hat zu Unrecht angenommen, dass sich der Fall bruchlos in die jüngere Rechtsprechung zu NS-Beihilfetaten einordnen lässt», erklärte Verteidiger Molkentin. Es sei nötig, die juristischen Maßstäbe weiterzuentwickeln.

Generalbundesanwalt sieht grundsätzliche Fragen

Der Generalbundesanwalt hat die mündliche Verhandlung in Leipzig beantragt. Demnach weist der Fall «grundsätzliche Fragen zur Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Mord durch die Dienstverrichtung in einem Konzentrationslager» auf. Dabei sei auch von Bedeutung, dass das KZ Stutthoff kein reines Vernichtungslager gewesen sei. Über diese Konstellation habe der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden.

Irmgard F., die angeklagte Person, wird nicht zur Verhandlung in Leipzig erscheinen, wie ihr Anwalt Molkentin auf Anfrage bestätigte. Dies ist auch nicht erforderlich – im Gegensatz zum Landgericht, wo die Frau am ersten Verhandlungstag für Aufsehen sorgte, weil sie frühmorgens aus ihrem Seniorenheim verschwunden war und von der Polizei gesucht wurde. Den restlichen Prozess in Itzehoe hatte sie dann jedoch wahrgenommen. In ihrem Schlusswort hatte sie Reue gezeigt.

Entscheidung voraussichtlich erst im August

Der 5. Strafsenat wird die Revision ausführlich beraten. Eine Entscheidung wird nicht mehr am Mittwoch getroffen, sondern laut BGH entweder am 6. oder am 20. August verkündet werden.

„Der Vorsitzende der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, kündigte an, dass die Leitzinsen unverändert bleiben werden.“

dpa