Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

800 Einsprüche gegen Bundestagswahl eingegangen

Die Frist läuft bald ab. Einsprüche können von jedem eingelegt werden. Entscheidung trifft das Parlament, Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht möglich.

Gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl sind schon 800 Einsprüche eingegangen.
Foto: Patrick Pleul/dpa

Nur wenige Tage vor Ablauf der Frist sind bereits rund 800 Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl vom 23. Februar beim Bundestag eingegangen. Diese Zahl ist zwar deutlich niedriger als nach der Bundestagswahl 2021, aber deutlich höher als nach der Wahl 2017, bei der es nur 275 Wahleinsprüche gab. Im Jahr 2021 stieg die Zahl dann auf 2.198 an – wobei sich jedoch 1.713 allein auf das Wahlchaos in Berlin bezogen.

Die Deadline für die Einreichung von Widersprüchen gegen die letzte Bundestagswahl endet am kommenden Mittwoch (23. April).

Bundestag entscheidet über Wahlanfechtungen 

Gemäß dem Wahlprüfungsgesetz haben das Recht, einen Einspruch einzulegen: jeder Wahlberechtigte, jede Gruppe von Wahlberechtigten, sowie der Landeswahlleiter, der Bundeswahlleiter und der Präsident des Bundestages. Dieser Einspruch muss innerhalb von zwei Monaten nach der Bundestagswahl schriftlich und mit Begründung erfolgen. Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages berät über die Einsprüche.

Das Parlament trifft dann die Entscheidung. „Gegen diese Entscheidung kann wiederum Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden.“

Ein Einspruch kann nur erfolgreich sein, wenn bei der Vorbereitung oder Durchführung der Bundestagswahl ein Fehler festgestellt wurde, der die Sitzverteilung im Bundestag beeinflusst oder beeinflussen kann. Dies wird als Mandatsrelevanz bezeichnet.

Viele Einsprüche wegen Wahl von Deutschen im Ausland

Etwa 430, also über die Hälfte aller aktuellen Einsprüche, beziehen sich nach Angaben der Bundestagsverwaltung auf die Möglichkeiten zur Beteiligung an der Wahl von im Ausland lebenden Deutschen. Aufgrund der verkürzten Briefwahlfristen spielte dieser Punkt bereits vor der Wahl eine wichtige Rolle. Es gab von Anfang an Bedenken, dass die Stimmzettel vieler im Ausland lebender Deutscher nicht rechtzeitig bei den Wahlämtern eingehen würden.

Die Organisation «Mehr Demokratie» startete deswegen eine Kampagne. Sie sieht insbesondere den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verletzt und bietet auf ihrer Seite im Internet herunterladbare Formulare für Wahleinsprüche an, die dann beim Bundestag eingebracht werden sollen. Die Begründung für die Aktion: «Für rund 3,5 Millionen Deutsche im Ausland war die Teilnahme an der letzten Bundestagswahl mit erheblichen Hürden verbunden – für viele sogar faktisch unmöglich.» Und: «Das darf sich nicht wiederholen.»

BSW hofft auf Neuauszählung der Stimmen

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat ebenfalls eine Wahlanfechtung angekündigt. Die Abspaltung von der Linken strebt eine Neuauszählung an. Das BSW erhielt 4,98 Prozent der Stimmen. Laut eigenen Angaben fehlten ihnen etwa 9.000 Stimmen für den Einzug in den Bundestag. Es wird davon ausgegangen, dass diese durch genaue neue Auszählungen zusammenkommen und der jungen Partei somit doch noch der Einzug in den Bundestag gelingen könnte.

Das BSW hatte bereits vor der Feststellung des Endergebnisses einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt, der jedoch abgelehnt wurde. Die Richter in Karlsruhe wiesen die Partei darauf hin, dass das geltende Wahlprüfungsverfahren zunächst den Bundestag als Adressaten für Einsprüche vorsieht.

Es wird entscheidend sein, ob der Wahlprüfungsausschuss des Parlaments Fehler bei der Durchführung der Wahl feststellen kann. Es besteht kein Zweifel daran, dass diese Fehler mandatsrelevant wären. Mit einem Sprung des BSW über die Fünf-Prozent-Hürde würde sich die Zusammensetzung des Bundestages ändern. Es ist wahrscheinlich, dass die angestrebte schwarz-rote Koalition keine Mehrheit hätte.

Einsprüche bleiben fast immer erfolglos

Die meisten Wahlanfechtungen sind nicht erfolgreich. Oft lassen die vorgebrachten Argumente dies bereits vermuten. So wurde die Bundestagswahl 2021 unter anderem wegen der vermeintlichen Einflussnahme durch Satellitenradar oder wegen der angeblich parteiischen Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk angefochten.

Die Bundestagswahl 2021 war auch ein seltener Fall von erfolgreichen Einsprüchen. In Berlin waren die Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl so schwerwiegend, dass sie gemäß einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in 455 der über 2.000 Wahlbezirke wiederholt werden musste. Die Wahlfehler, wie die verspätete Öffnung von Wahllokalen, die Unterbrechung der Wahl aufgrund fehlender Wahlzettel, die Ausgabe falscher Stimmzettel oder lange Wartezeiten bei der Stimmabgabe, waren laut den Richtern in Karlsruhe größtenteils mandatsrelevant.

dpa