Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Gibt es nach Dschidda einen Frieden für die Ukraine?

In Saudi-Arabien rangen die USA der Ukraine die Bereitschaft zu einer befristeten Waffenruhe mit Russland ab. Nun muss Moskau dem noch zustimmen. Ist das der erste Schritt zu einem Frieden?

Die Ukraine hatte mit einem überraschenden Vorstoß Gebiete in Russland erobert, nun drängt die russische Armee sie wieder zurück. (Archivbild)
Foto: ---/Ukrinform/dpa

Nach langwierigen Verhandlungen in Saudi-Arabien haben Kiew und Washington im Ukrainekrieg Fortschritte gemacht. Die Ukraine hat ihre grundsätzliche Zustimmung zu einer von den USA geförderten Waffenruhe gegeben. Die internationale Gemeinschaft reagierte erleichtert auf das Ergebnis, nachdem sich die Beziehungen zwischen der Ukraine und ihrem wichtigsten Verbündeten nach einem Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus zuvor stark verschlechtert hatten.

Nach Abschluss der Verhandlungen sprachen beide Seiten von einem Kompromiss und sogar einem Durchbruch. Eine daraufhin veröffentlichte gemeinsame Erklärung gab erste Einblicke in die getroffenen Vereinbarungen. Washington und Kiew waren sich vor allem in einem einig: Jetzt ist Moskau am Zug.

Was wurde in Dschidda vereinbart?

Bei den Verhandlungen gab die ukrainische Seite mehrere Positionen auf. Der Vorschlag einer begrenzten Waffenruhe in der Luft und zur See, der von den europäischen Partnern unterstützt wurde, wurde abgelehnt. Kiew stimmte einer umfassenden Feuerpause für 30 Tage zu. Es wurde auch auf die Bedingung verzichtet, dass Sicherheitsgarantien vor einer Einstellung des Feuers gewährt werden sollen. Im Gegenzug nahmen die USA ihre Waffenlieferungen wieder auf und stimmten auch der zuvor eingestellten Weitergabe von Geheimdienstdaten zu.

Welche Konzessionen hat die Ukraine gemacht?

Kiew gibt zu, dass das Einlenken auf die US-Forderung nach einer vollständigen Waffenruhe ein Kompromiss ist, spricht jedoch nicht von Zugeständnissen.

Die gemeinsame Erklärung von Dschidda erwähnt das lang diskutierte Rohstoffabkommen, dessen Unterzeichnung in Washington gescheitert ist, in einem eigenen Absatz. Äußerungen der US-Seite lassen darauf schließen, dass das bisher bekannte Dokument möglicherweise überarbeitet wird oder der Folgevertrag die von US-Präsident Donald Trump ursprünglich gestellten Forderungen stärker berücksichtigen könnte.

Es ist möglich, dass der Rückzug der Ukrainer aus dem russischen Gebiet Kursk auf Druck der russischen Armee erfolgt, aber es könnte auch Teil einer Vereinbarung zwischen den USA und der Ukraine sein, um Moskau zu Gesprächen zu bewegen.

Wie reagiert Russland?

Moskau reagierte zunächst zurückhaltend. Der Kreml warte auf «detaillierte Informationen» zu den Verhandlungen in Dschidda von den USA, hieß es. «Wir haben in diesen Tagen auch Kontakte mit den Amerikanern geplant, bei denen wir erwarten, vollständige Informationen zu erhalten», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Erst nach einem Studium der Vorschläge werde es eine Antwort geben.

Außenminister Sergej Lawrow ließ parallel dazu durchblicken, dass Moskau bei den Friedensverhandlungen bei seinen Maximalforderungen bleiben wolle. Er sehe nur wenig Raum für Kompromisse. «Es geht hier nicht um Territorien, sondern um Menschen, denen ihre Geschichte mittels Gesetzen genommen wurde», sagte der russische Chefdiplomat in einem Interview, womit er ukrainische Gesetze meint, die nach Darstellung Moskaus die russischsprachige Bevölkerung der Ukraine diskriminieren.

Welche Vorbehalte gibt es gegen eine umfassende Waffenruhe?

Emmanuel Macron, der Präsident Frankreichs, befürwortete zuerst die Ablehnung von Luftangriffen und Seeangriffen, da dies einfacher zu überwachen sei. Kiew stimmte dieser Argumentation zu und bestand auf Sicherheitsgarantien.

Vorher hatten sowohl Moskau als auch Kiew die vorgeschlagenen Feuerpausen kritisiert und verwiesen auf die Erfahrungen zwischen 2014 und 2022 in der Ostukraine. Die damaligen Vereinbarungen wurden kontinuierlich gebrochen.

Eine effiziente Überwachung entlang der damals viel kürzeren Frontlinie zwischen den ukrainischen Truppen und den separatistischen Kräften, die von Moskau unterstützt wurden, war trotz des Einsatzes einer Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nicht durchführbar. Beide Kriegsparteien haben bisher auch einer Waffenruhe ohne umfassende Friedensvereinbarung widersprochen, da weder die eine noch die andere Seite Interesse an einer bloßen Einstellung des Krieges hat.

Welche Druckmittel haben die USA, falls Russland nicht mitspielt?

Kritiker kritisieren, dass die seit drei Jahren stetig verschärften Sanktionen gegen Russland keine Ergebnisse gebracht haben. In der Tat hat Russland nicht nachgegeben – und zeigte 2024 sogar ein auf der Rüstungsindustrie basierendes Wirtschaftswachstum.

Die kürzlich verhängten Maßnahmen gegen Russlands Schattenflotte, die Moskau für seinen Rohstoffexport nutzt, haben jedoch bereits Wirkung gezeigt. Eine Verschärfung in diesem Bereich – insbesondere in Bezug auf die Umsetzung der bereits verhängten Sanktionen – würde der seit dem Jahreswechsel stark abbremsenden russischen Wirtschaft Schaden zufügen.

Die USA könnten durch neue Waffenlieferungen an die Ukraine den Preis für weitere russische Eroberungen in eine für den Kreml unannehmbare Höhe treiben.

dpa