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Betroffenenbeirat zu Studie: Menschenverachtendes Verhalten

Fälle von sexueller Gewalt im Bistum Mainz sind jahrzehntelang verharmlost, verschwiegen und nicht angemessen verfolgt worden. Zu dem Ergebnis kommt eine kürzlich vorgestellte Studie.

Der Mainzer Dom.
Foto: Arne Dedert/dpa

Vor der Versammlung des Synodalen Wegs zu Reformen der Katholische Kirche Deutschlands hat der Betroffenenbeirat angesichts der Mainzer Missbrauchsstudie erneut heftige Kritik geübt.

Abermals werde mit aller Härte und Deutlichkeit klar, dass sich hinter der sexualisierten Gewalt in der katholischen Kirche keine zufällige Ansammlung von schändlich handelnden Einzeltätern verberge, so Johannes Norpoth, Sprecher des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz. Er sprach in einer schriftlichen Stellungnahme vor der Synodalversammlung von menschenverachtendem Verhalten der Führungsriege, die durch die bisher veröffentlichen Missbrauchsstudien offengelegt worden seien.

Auch die Mainzer Studie zeige erneut deutlich auf, dass nicht nur die Täter, sondern auch Verantwortliche und insbesondere Bischöfe unfassbare Schuld auf sich geladen hätten, auch Kardinal Lehmann, langjähriger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und für viele Inbegriff einer dem Menschen zugewandten Kirche, so Norpoth. «Die Mainzer Studie belegt einen weiteren, hässlichen Wesenszug dieses Bischofs. Damit wird – mit Recht – erneut ein namhafter Vertreter des deutschen Episkopats von seinem Sockel als Vorbild für mehr als eine Generation von Theologen und Klerikern gestoßen. Es dürfte nicht der letzte Sockel sein, der in diesem Jahr frei wird.»

Mainzer Bischof: Schilderungen «zutiefst erschreckend»

Fünf Tage nach der Vorlage einer Studie über sexuelle Gewalt im Bistum Mainz hat sich Bischof Peter Kohlgraf entsetzt über die darin aufgeführten Fälle gezeigt. «Mehrfach waren die Schilderungen für mich als Christ und Mensch zutiefst erschreckend», sagte er auf einer Pressekonferenz in Mainz.

Es habe in der katholischen Kirche ein Systemversagen gegeben. «Fehlende Verantwortungsübernahme hat Missbrauch begünstigt», kritisierte er. Es falle ihm nicht immer leicht, für eine derartige Gestalt von Kirche, «die keineswegs überwunden ist», Verantwortung zu übernehmen.

In sehr persönlichen Worten ging er auch auf seinen Vorgänger Kardinal Karl Lehmann (1936-2018) ein, der lange Jahre auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz war und laut Studie die systemische Verantwortung der Kirche und des Bistums für Missbrauchstaten wiederholt bezweifelt hatte. «Er verkörpert im Umgang mit Missbrauchsbetroffenen eine Kirche, die abgrenzt und sich ihrer Verantwortung nicht stellt», kritisierte Kohlgraf.

Am Donnerstag beginnt in Frankfurt die fünfte und letzte Synodalversammlung zur Reform der katholischen Kirche. Das Reformprojekt des Synodalen Wegs war durch den Missbrauchsskandal ausgelöst worden. Dabei werden konkrete Veränderungen in den vier Bereichen Stellung der Frau, Umgang mit Macht, Sexualmoral und Pflichtzölibat der Priester angestrebt. Der Vatikan hat jedoch bereits deutlich gemacht, dass er eine solche Erneuerung ablehnt.

dpa