Das Weiße Haus gab bekannt, dass Mitglieder des Untersuchungsausschusses zum Kapitol-Sturm begnadigt wurden, darunter Anthony Fauci und Mark Milley.
Joe Biden begnadigt politische Gegner von Donald Trump vor seinem Auszug

US-Präsident Joe Biden hat kurz vor seinem Auszug aus dem Weißen Haus eine Reihe von politischen Gegnern seines Nachfolgers Donald Trump vorsorglich begnadigt. Dazu zählen der US-Immunologe Anthony Fauci, Trumps ehemaliger Generalstabschef Mark Milley sowie alle Kongressmitglieder des Untersuchungsausschusses zum Kapitol-Sturm, wie das Weiße Haus mitteilte.
Die Ausschussmitglieder wurden nicht namentlich genannt. Darunter sind die ehemaligen Abgeordneten Liz Cheney und Adam Schiff. Das Gremium wurde eingesetzt, um die Hintergründe und Rolle der Verantwortlichen – einschließlich Trump – nach dem gewaltsamen Sturm auf das US-Parlament zu untersuchen.
«Unsere Nation verlässt sich jeden Tag auf engagierte, selbstlose Staatsdiener. Sie sind das Lebenselixier unserer Demokratie», hieß es in der Mitteilung des Weißen Hauses. Es sei «alarmierend, dass Beamte ständig bedroht und eingeschüchtert werden, weil sie ihre Pflichten treu erfüllen.» Die Begnadigungen sollten allerdings nicht als Anerkennen von Fehlverhalten oder Schuldeingeständnis für ein Vergehen missverstanden werden.
Ein ungewöhnlicher Schritt
Es ist gängige Praxis, dass ein US-Präsident vor dem Ende seiner Amtszeit von seiner Befugnis Gebrauch macht, die Strafen von nach Bundesrecht verurteilten Tätern zu verkürzen oder sie ganz zu begnadigen.
Vorsorgliche Begnadigungen, die vor möglichen künftigen Anklagen auf Bundesebene schützen sollen, sind allerdings durchaus ungewöhnlich. Denn hier ist in der Regel vorab gar nicht klar, für welche konkrete Straftat jemand vorsorglich begnadigt wird. Doch derartige Begnadigungen hat es bereits in der Vergangenheit gegeben. Das bekannteste Beispiel ist die «volle, freie und uneingeschränkte» Begnadigung, die Präsident Gerald Ford seinem Vorgänger Richard Nixon nach dessen Rücktritt wegen der Watergate-Affäre gewährte.
In den letzten Wochen wurde heftig darüber diskutiert, ob Biden einige von Trumps politischen Gegnern begnadigen sollte. Einige Demokraten argumentierten, dass dies den Anschein erwecken würde, die Betroffenen hätten tatsächlich Straftaten begangen, die nun vertuscht werden sollten. Begnadigungen würden dazu führen, dass sie als Kriminelle angesehen würden. Befürworter argumentierten dagegen, dass Trump seine Drohungen wahr machen könnte.
Die Begnadigten im Überblick
LIZ CHENEY
Cheney, die Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney, distanzierte sich nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 von Trump. Dies führte dazu, dass sie in der Republikanischen Partei einen hohen Preis zahlte. Sie wurde aus führenden Positionen verdrängt und verlor letztendlich ihren Sitz im Kongress. Im Wahlkampf unterstützte sie die Demokratin Kamala Harris.
Sie warnte immer wieder eindringlich vor Trump. Dieser sei eine Gefahr für die Demokratie. Der Republikaner forderte, dass Cheney wie alle anderen Mitglieder ins Gefängnis wandern solle. «Ich bin der Meinung, die haben ein großes Verbrechen begangen. (…) Und Cheney steckte dahinter», sagte Trump jüngst in einem TV-Interview. Cheney wies das zurück und warf Trump einen fortdauernden «Angriffs auf die Rechtsstaatlichkeit» vor.
Adam Schiff
Adam Schiff gilt als eine Art Intimfeind Trumps, seitdem dieser als demokratischer Abgeordneter eine prominente Rolle im Amtsenthebungsverfahren gegen den früheren Präsidenten gespielt hatte. Im Wahlkampf nannte Trump Schiff namentlich als Beispiel, als er sagte, dass das Militär gegen «Feinde im Inneren» vorgehen müsse.
Schiff war außerdem Mitglied in dem von Trump verhassten Untersuchungsausschuss zum Kapitol-Sturm und nannte den Republikaner «kriminell». Schiff bewarb sich bei der US-Wahl Anfang November um einen Sitz im Senat für den Bundesstaat Kalifornien und gewann. Er sprach sich jüngst gegen vorsorgliche Begnadigungen aus.
ANTHONY FAUCI
Fauci trat vor gut zwei Jahren als medizinischer Chefberater des US-Präsidenten und Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten ab. Zuvor war er in den USA zu einer zentralen Figur im Kampf gegen das Coronavirus geworden. Der renommierte Wissenschaftler leitete das Nationale Institut für Infektionskrankheiten fast vier Jahrzehnte lang und arbeitete unter insgesamt sieben US-Präsidenten.
Die Republikaner sehen in Fauci symbolisch die Pandemie – und alles, was im Kampf gegen Corona schief gelaufen ist. Sie werfen ihm verschiedene Dinge vor – zum Beispiel, dass er die Herkunft des Virus verschleiert habe oder zu strenge Maßnahmen unterstützt habe. Fauci weist die Vorwürfe zurück.
MARK MILLEY
Der ehemalige Generalstabschef von Trump stand mehrmals im politischen Rampenlicht – insbesondere, als er vor dem Ausschuss zum Kapitol-Sturm aussagte. In einer ungewöhnlichen politischen Erklärung gemeinsam mit Kollegen aus der US-Militärführung verurteilte Milley auch die Ereignisse des Tages. Der Generalstab erinnerte das Militär daran, dass es dem Gesetz verpflichtet sei und die Verfassung verteidige. Milley soll nach der Erstürmung des Kapitols auch geheime Maßnahmen ergriffen haben, um die rechtmäßige Befehlsgewalt Trumps über Atomwaffen einzuschränken.
Biden sprach weitere Begnadigungen für Polizisten aus, die vor dem Ausschuss ausgesagt hatten.
Biden in der Kritik nach Begnadigung von Sohn Hunter
Schon zuvor hatte der Demokrat umfangreiche Begnadigungen angeordnet. Unter anderem hat er die Strafen von mehreren Tausend Menschen, die wegen nicht gewalttätiger Drogendelikte verurteilt worden waren, umgewandelt oder verkürzt. Anfang Dezember gab es heftige Kritik an der ungewöhnlich weitreichenden Begnadigung seines Sohnes Hunter (54) – diese schützt ihn davor, jemals wegen möglicher Vergehen der vergangenen fast elf Jahre auf Bundesebene angeklagt zu werden. Zuvor hatte sich der Präsidentensohn nach einem Schuldspruch wegen Verstößen gegen das Waffenrecht auch in einem zweiten Verfahren wegen verschiedener Steuervergehen schuldig bekannt.
Klassiker zum Ende einer Amtszeit
Auch Trump begnadigte kurz vor dem Ende seiner ersten Amtszeit eine Reihe loyaler Weggefährten. Dazu gehörten der Immobilienunternehmer Charles Kushner, der Vater von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Ebenso begnadigte er den ehemaligen Leiter seines Wahlkampfteams, Paul Manafort, und seinen langjährigen Vertrauten Roger Stone.