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Brüssel steht Deutschlands Mega-Schulden-Plänen nicht im Weg

Deutschland will Milliarden für Verteidigung und Infrastruktur ausgeben. Damit werden die Schulden stark steigen. Trotz strenger Haushaltsregeln stimmt die EU-Kommission den Plänen aus Berlin zu.

Die EU-Kommission überwacht, ob die Mitgliedsstaaten die europäischen Schuldenvorgaben einhalten.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Trotz der enormen neuen Milliardenschulden hat die EU-Kommission die langfristigen Haushaltspläne der Bundesregierung genehmigt. Die deutschen Pläne für die Jahre 2025 bis 2031 entsprechen den europäischen Budgetvorgaben, sagte die Brüsseler Behörde, die für die Überwachung zuständig ist.

Die Kommission sieht es als angemessen an, dass Deutschland eine Sonderregelung für Verteidigungsausgaben in Anspruch nehmen kann: Sollten aufgrund von Investitionen in die Aufrüstung mehr Schulden gemacht werden als erlaubt, braucht Berlin keine Strafverfolgung zu befürchten.

Es wird erwartet, dass Deutschland in den nächsten Jahren die Vorgaben zeitweise überschreitet. Dennoch haben die Pläne des Bundesfinanzministeriums wirtschaftlich Sinn und die Regeln erlauben dies, so die EU-Kommission. In Verbindung mit der speziellen Ausnahmeregelung für Verteidigung bieten sie Deutschland einen klaren und regelkonformen Weg.

Bundesregierung beschloss Milliarden-Finanzpaket

Es war nicht vollkommen sicher, ob die Kommission den deutschen Haushaltsplan annimmt. Experten der Brüsseler Denkfabrik Bruegel hatten Zweifel, ob die Bundesregierung mit ihrem beschlossenen Milliarden-Finanzpaket die EU-Schuldenvorgaben einhalten kann.

Die schwarz-rote Bundesregierung beabsichtigt, in den nächsten Jahren eine große Menge Schulden aufzunehmen, um mehr in Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz investieren zu können. Dafür wurde die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gelockert. Das sogenannte Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz beläuft sich auf 500 Milliarden Euro.

EU-Vorgaben gelten für Schuldenstand und Neuverschuldung

Die europäischen Schuldenregeln, auch bekannt als Stabilitäts- und Wachstumspakt, gelten für alle Mitgliedsländer der EU. Das Regelwerk schreibt vor, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Gleichzeitig muss das Haushaltsdefizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bleiben. Wer diese Grenzen überschreitet, riskiert ein Strafverfahren. Derzeit sind gegen Frankreich, Italien und einige andere EU-Länder Defizitverfahren anhängig.

Laut dem vom Bundesfinanzministerium erstellten und von der EU-Kommission geprüften Haushaltsplan wird Deutschland voraussichtlich vorübergehend die Drei-Prozent-Regel überschreiten. Brüssel betont jedoch, dass dies nicht automatisch zu einem Strafverfahren führt. Ein dauerhaftes Überschreiten, das nicht durch außergewöhnliche Umstände wie Verteidigungsausgaben gerechtfertigt werden kann, wäre erforderlich. Die Entscheidung basiert immer auf tatsächlichen Daten und nicht auf Prognosen.

Es wird auch erwartet, dass Deutschland einen höheren Schuldenstand als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung haben wird – jedoch nicht höher als 67 Prozent, wie es aus Angaben der Kommission hervorgeht.

 

Deutschland darf zusätzliche Schulden für Rüstung machen

Es wird gesagt, dass die Verteidigungsausgaben dabei nicht vollständig berücksichtigt sind. Denn: Durch die geplante Aktivierung der Klausel kann Deutschland über vier Jahre hinweg zusätzlich 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben, ohne dass es mit einem – normalerweise drohenden – Strafverfahren rechnen muss.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden russischen Angriffe auf die Ukraine plant die EU eine starke Aufrüstung. Die Europäische Kommission schlug vor, die Ausweichklausel zu aktivieren, um mehr Investitionen in Verteidigung zu ermöglichen, indem sie von den strengen Haushaltsregeln abweicht. Auch Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Portugal, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn machen davon Gebrauch.

Finanzministerium hatte mehrjährigen Haushaltsplan eingereicht

Die Kommission stützt ihre Bewertung konkret auf den im Juli vom Bundesfinanzministerium eingereichten sogenannten mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan. Jedes Land muss einen solchen mehrjährigen Plan erstellen, um gemäß den europäischen Schuldenregeln für solide Finanzen zu sorgen.

 

Der Rat der Mitgliedsstaaten muss der Bewertung der Kommission sowie der Aktivierung der Sonderregel für Verteidigungsausgaben noch zustimmen. Das ist derzeit für Mitte Oktober geplant.

dpa