Der Bundesrat verabschiedet Gesetze zum Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt, Mutterschutz bei Fehlgeburten, und bessere Unterstützung für Opfer der SED-Diktatur.
Historische Entscheidungen im Bundesrat
Im Bundesrat wurde eine Vielzahl von Vorlagen gutgeheißen, die der Bundestag bereits nach dem Ampel-Crash im November verabschiedet hatte, etwa der verbesserte Schutz von Frauen und Kindern vor häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt, die Einführung von Mutterschutz bei Fehlgeburten und eine bessere Unterstützung für Opfer der SED-Diktatur. Gut eine Woche vor der Bundestagswahl fand also ein Gesetzes-Kehraus im Bundesrat statt.
Zum Auftakt verabschiedete die Länderkammer eine Entschließung, in der sie ein sofortiges Ende des russischen Angriffs in der Ukraine verlangte. Anlass war der Beginn des Krieges vor drei Jahren. «Wir stehen solidarisch an der Seite des ukrainischen Volkes», versicherte Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger und verwies unter anderem auf die zivile und militärische Hilfe Deutschlands. «Und auch beim Wiederaufbau werden wir die Ukraine nicht alleine lassen.»
Zustimmung zum Gewalthilfegesetz
In Zukunft werden Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind, einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. Das Gesetz, das nun auch vom Bundesrat beschlossen wurde, verpflichtet die Länder, ausreichende Schutz- und Beratungsangebote zu schaffen. Der Bund stellt dafür zwischen 2027 und 2036 insgesamt 2,6 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Rechtsanspruch auf kostenlose Schutz- und Beratungsleistungen soll ab dem 1. Januar 2032 gelten.
Die Zustimmung der Länderkammer sei «wahrlich ein historischer Moment», sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Die Länder kritisierten, dass der Bund eine finanzielle Unterstützung nur bis 2036 zugesagt habe. Dies reiche nicht aus. Nach dem letzten polizeilichen Lagebild zur geschlechtsspezifischen Gewalt wurde 2023 fast jeden Tag eine Frau von einem Mann getötet, weil sie eine Frau ist. 400 Frauen pro Tag wurden Opfer von Partnerschaftsgewalt.
Mutterschutz bei Fehlgeburten kommt
Frauen, die ab der 13. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, haben ab dem 1. Juni dieses Jahres Anspruch auf Mutterschutz. Das Gesetz, das vom Bundesrat beschlossen wurde, tritt somit in Kraft. Frauen, die ab dem vierten Schwangerschaftsmonat eine Fehlgeburt erleiden, erhalten erstmals eine gesetzlich garantierte Regenerationszeit, um sich von den körperlichen und seelischen Belastungen durch dieses Ereignis zu erholen.
Die Mutterschutzzeit umfasst normalerweise die sechs Wochen vor der Geburt eines Kindes und die acht Wochen nach der Geburt, in denen Frauen üblicherweise nicht arbeiten. Bisher galt diese Schutzfrist nicht für Fehlgeburten.
Erleichterungen für Hausärzte
Hausarztpraxen erhalten verbesserte Bedingungen, um die Vor-Ort-Versorgung für Patienten weiter zu sichern. Der Bundesrat hat ein Gesetz verabschiedet, das finanzielle Anreize und Vereinfachungen vorsieht, wie vom Bundestag beschlossen. Unter anderem entfallen Obergrenzen für die Vergütung von Hausärzten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zufolge sollen die Maßnahmen auch dazu beitragen, dass gesetzlich Versicherte leichter Termine erhalten.
Das Hauptziel ist, angesichts von bundesweit 5.000 unbesetzten Hausarztsitzen den Beruf attraktiver zu gestalten und das Praxisnetz zu erhalten – insbesondere auf dem Land und in ärmeren Vierteln von Großstädten.
Energie-Gesetzespaket
Die Energievorhaben, die vom Bundesrat gebilligt wurden, umfassen eine Verlängerung der staatlichen Förderung für Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) – das sind Anlagen, die sowohl Strom als auch Wärme erzeugen. Ein weiteres Gesetz sieht eine verstärkte Förderung von Bioenergie vor. Ebenso wurde eine Reform des Emissionshandels gebilligt. Dabei geht es um die CO2-Bepreisung und notwendige Anpassungen an EU-Recht. Es wurden auch Maßnahmen beschlossen, um das Stromnetz besser auf den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien vorzubereiten. Bei einem Gesetz zur Windkraft geht es um eine verbesserte Steuerbarkeit beim Bau von Windrädern an Land.
Bessere Hilfe für Opfer des SED-Regimes
Opfer des SED-Regimes in der DDR werden in Zukunft deutlich höhere Entschädigungsleistungen erhalten. Das vom Bundesrat beschlossene Gesetz sieht vor, dass die Rente für ehemalige DDR-Häftlinge ab Juli um 70 Euro auf 400 Euro monatlich steigt. Zusätzlich wird die Opferrente automatisch an die allgemeine Rentenentwicklung angepasst. Die bisherige Bedürftigkeitsprüfung wird abgeschafft. Das Gesetz erleichtert auch die Anerkennung gesundheitlicher Folgeschäden bei SED-Opfern. Darüber hinaus wird ein Härtefallfonds eingerichtet.
Vorstoß zur Verlängerung der Mietpreisbremse
Der Bundesrat schlug vor, die Mietpreisbremse um vier Jahre zu verlängern. Aktuell läuft dieses Instrument zur Begrenzung des Mietanstiegs bis Ende 2025. Die Länderkammer hat einen eigenen Gesetzentwurf verabschiedet, der vorsieht, die Mietpreisbremse bis Ende 2029 zu verlängern. Dies wird mit der anhaltend schwierigen Situation auf dem Wohnungsmarkt und den daraus resultierenden Mieterhöhungen begründet.
Die Mietpreisbremse gilt in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten. Bei Neu- und Wiedervermietungen darf die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent überschreiten. Der Gesetzentwurf wird nun zunächst an die Bundesregierung weitergeleitet.
Strafregelungen für sexuelle Belästigung durch obszöne Gesten
Der Bundesrat hat in einer Entschließung die Bundesregierung aufgefordert, Maßnahmen zum besseren Schutz von Opfern sexueller Belästigung zu ergreifen. Es sollte schnellstmöglich Vorschriften vorgelegt werden, die es ermöglichen, auch Belästigungen zu bestrafen, die nicht die Schwelle der körperlichen Berührung überschreiten. Hierbei geht es insbesondere um obszöne Gesten und Beleidigungen. Solche Formen sexueller Belästigung würden nicht nur als Bloßstellung oder Kränkung empfunden, sondern hätten auch langfristige Auswirkungen auf die Betroffenen. Daher sollte das Ziel ein klar definierter Straftatbestand sein.