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Bundestag: Eine Milliarde Euro im Jahr für Lobbyarbeit

Wer als Interessenvertreter aktiv ist, muss sich registrieren lassen. Unter den Lobbyisten sind Berater, Beschäftigte von Unternehmen, Verbandsvertreter. Auch Ehrenamtliche bemühen sich um Einfluss.

Im Lobbyregister müssen Verbände auch angeben, zu welchen Gesetzesvorhaben und Regelungen sie aktiv geworden sind. (Archivfoto)
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Im letzten Jahr haben Verbände, Unternehmen und andere Interessenvertreter rund eine Milliarde Euro für Lobbyarbeit auf Bundesebene ausgegeben, wie aus einem Bericht der Stelle hervorgeht, die das Lobbyregister des Bundestages führt.

Für das Jahr 2024 sind finanzielle Ausgaben in Höhe von über 910 Millionen Euro für Personal, Sachkosten und Repräsentanz aufgeführt. Der Gesamtbetrag könnte jedoch laut Bericht etwas höher sein, da einige Interessenvertreter wie Arbeitgeberorganisationen, Gewerkschaften und Religionsgemeinschaften vom Eintragungspflicht im Register des Bundestages ausgenommen sind.

Regeln wurden 2024 verschärft

Das Lobbyregister wird seit 2022 auf der Internetseite des Deutschen Bundestages geführt. Es soll sichtbar machen, wer Einfluss auf politische Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt. Mit einer Gesetzesänderung, die am 1. März 2024 in Kraft trat, wurden die Pflichten zur Angabe von Lobbytätigkeit erweitert. Beispielsweise werden seither auch Kontakte zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Abgeordneten sowie zu Referatsleitern in Bundesministerien erfasst.

Mit welchen Abgeordneten ein Lobbyist konkret gesprochen hat, muss aber nicht aufgelistet werden. Um einen möglichen «Drehtüreffekt» offenzulegen, werden seit der Reform Mitgliedschaften, Ämter und Funktionen im Bundestag, in der Bundesregierung oder der Bundesverwaltung für namentlich benannte Lobbyisten für die zurückliegenden fünf Jahre abgefragt.

Viele möchten Einfluss auf Entscheidungen zur Wirtschaft nehmen

«Wirtschaft» ist der Interessenbereich, der laut Register das am häufigsten benannte Ziel von Lobbyarbeit ist. Auf Platz zwei der Interessenbereiche lag zuletzt «Umwelt», gefolgt von «Wissenschaft, Forschung und Technologie» und «Europapolitik und Europäische Union».

Das Ziel des Lobbyregistergesetzes, das am 1. Januar 2022 in seiner ersten Version in Kraft trat, besteht darin, Transparenz über die Interessenvertretung herzustellen. Vor der gesetzlichen Registrierung gab es in Deutschland lediglich eine Liste von Verbänden, in die man sich beim Bundestag freiwillig eintragen lassen konnte.

Am 31. Dezember 2024 waren 26.998 Personen im aktiven Lobbyregister eingetragen. Etwa 95 Prozent der registrierten Interessenvertreter haben ihren Sitz in Deutschland. Jeweils etwas über 30 Interessenvertreter sind in Belgien, den USA und den Niederlanden ansässig.

«Scherz-Einträge» gelöscht

Lediglich in zwölf Fällen wurden «offensichtlich missbräuchliche Registereinträge» entfernt. Dabei handelte es sich dem Bericht zufolge um «Scherz-Einträge» sowie um Eintragungen von Menschen, die wohl dachten, das Lobbyregister diene dazu, die Aufmerksamkeit von Politikern und Politikerinnen zu erhalten.

Laut dem Bericht gibt es im Durchschnitt rund 21.900 Zugriffe pro Woche auf die Internetseite des Lobbyregisters, wobei Zugriffe von Rechnern des Bundestages nicht berücksichtigt werden.

Halten sich alle an die Regeln?

In drei von 20 Ordnungswidrigkeitsverfahren, die von der registerführenden Stelle bisher eingeleitet wurden, wurde laut Angaben ein Bußgeld verhängt. Bei den meisten dieser Verfahren ging es um den Verdacht, dass ein Interessenvertreter seiner Pflicht zur Eintragung ins Lobbyregister nicht nachgekommen war. Einige Verfahren wurden mittlerweile eingestellt.

Zudem hat die registrierende Stelle ein Prüfverfahren durchgeführt, in dem laut Bericht «wegen der wahrheitswidrigen Behauptung eines tatsächlich nicht bestehenden Näheverhältnisses» zu bestimmten Politikern ein «nicht unerheblicher Verstoß» gegen den im Lobbyregistergesetz festgelegten Verhaltenskodex festgestellt wurde. Der Auto-Lobbyverein Mobil in Deutschland, dessen Eintrag im Register deshalb einen roten Warnhinweis trägt, setzt sich dagegen juristisch zur Wehr.

Was interessiert die Unternehmen?

Im Lobbyregister sind auch viele Unternehmen verzeichnet.

Zu den Regelungsvorhaben, zu denen beispielsweise Ikea Deutschland aktiv geworden ist, zählen unter anderem Vorschriften zum Matratzenrecycling und das Aufenthaltsrecht. BASF interessierte sich laut Register etwa für das Gebäudeenergiegesetz aktiv und das «Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen».

dpa