Bundestagspräsidentin Klöckner ist in den sozialen Netzwerken zuhause wie keiner ihrer Vorgänger. Sie will das Parlament künftig auch auf Tiktok vorstellen – trotz der Bedenken gegen die Plattform.
Bundestag will ran an die «digitale Theke» Tiktok
Der Bundestag weitet seine Social-Media-Aktivitäten aus und wird künftig auch die Plattform Tiktok nutzen. «Wir wollen als Deutscher Bundestag auf Tiktok gehen. Wenn es dieses Medium gibt, wäre es ziemlich unsinnig, da nicht auch über unsere Arbeit zu informieren und das Parlament darzustellen», sagte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Tiktok sei zwar in vielerlei Hinsicht nicht unproblematisch. «Aber es ist nicht verboten. Und auf dieser Plattform, an dieser digitalen Theke sind Menschen, die sich nirgendwo anders informieren», sagte die CDU-Politikerin. Die wenigsten Menschen hätten heute noch eine gedruckte Zeitung zu Hause. «Wenn man fragt, wo sie sich informieren, dann ist das bei jungen Leuten Tiktok.»
Bei Tiktok werden hauptsächlich kurze Videos hochgeladen. Oftmals sind sie unterhaltsam, jedoch gibt es auch informative Videos – und viele, die falsche Informationen verbreiten.
Bundestag schon auf zahlreichen Plattformen aktiv
Dort seien zwar sehr extreme Meinungen unterwegs, räumte die CDU-Politikerin ein. Aber: «Wenn wir Demokratie stabilisieren wollen, müssen wir dort auch sein und ein Angebot machen.»
Der Bundestag ist bereits auf den Plattformen Instagram, Youtube, Whatsapp, X (früher Twitter), Mastodon, Bluesky und Linkedin präsent. «Ziel ist es, den Bürgerinnen und Bürgern mit den Kanälen vertrauenswürdige Quellen zu bieten, bei denen sie sich umfassend und seriös über das parlamentarische Geschehen, die Arbeit des Bundestages und die Institution informieren können», heißt es auf der Internetseite des Parlaments.
Erhebliche Sicherheitsbedenken gegen Tiktok
Es bestehen jedoch erhebliche Sicherheitsbedenken und der Vorwurf mangelnden Datenschutzes gegenüber Tiktok. Das Unternehmen wird von Bytedance betrieben, das von einem chinesischen Gründer geführt wird und seinen Hauptsitz in Peking hat. Obwohl Bytedance betont, dass 60 Prozent des Unternehmens im Besitz westlicher Investoren sind, wird es aus westlicher Sicht als chinesisches Unternehmen betrachtet. Es besteht die Befürchtung, dass die App von chinesischen Behörden genutzt werden könnte, um Informationen über ihre Nutzer zu sammeln.
Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Louisa Specht-Riemenschneider, betont ebenfalls datenschutzrechtliche Bedenken. Sie empfiehlt weiterhin den öffentlichen Stellen des Bundes dringend, Tiktok auf dienstlichen Geräten keinesfalls zu verwenden.
Millionen Nutzer in Deutschland über Tiktok erreichbar
Die Plattform ist für die Politik interessant, da sie Zugang zu einem großen Publikum bietet. Laut BfDI wurde sie allein im vergangenen Jahr in Deutschland monatlich von rund 21 Millionen Menschen aktiv genutzt. Weltweit waren es mehr als 1,5 Milliarden Nutzer pro Monat.
Zuerst erkannt hat dies die AfD, die auf Tiktok wie keine andere Partei präsent ist. Aber auch die Bundesregierung nutzt die Plattform mittlerweile. Im April des vergangenen Jahres startete sie ihren ersten Tiktok-Kanal unter @TeamBundeskanzler. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) beantwortet auf der Plattform unter anderem per Video Fragen – von ernst («Wo wird der Bürger entlastet? Wie wäre es mal mit Einkommensteuersenkung?) bis heiter («Mach bitte mal eine Führerschein-Preisbremse»).
Kubicki findet Klöckners Social-Media-Aktivitäten «toll»
Zuspruch erhält Klöckner vom früheren Vizepräsidenten des Bundestages, Wolfgang Kubicki. «Eine moderne und viel gesehene Öffentlichkeitsarbeit der Bundestagspräsidentin in den sozialen Medien ist sicherlich nicht zum Nachteil des Deutschen Bundestages», sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur. Klöckner erkläre dort viel über die parlamentarischen Abläufe und das organisatorische Drumherum. «Das schafft letztlich Akzeptanz für den gesamten politischen Apparat. Ich finde das toll.»