Dass sie bereit für Warnstreiks sind, haben die Gewerkschaften schon bewiesen. Jetzt geht es in die nächste Tarifrunde für Beschäftigte von Bund und Kommunen. Finden beide Seiten zueinander?
Bus, Amt, Kita: Tarifeinigung oder weitere Warnstreiks?
Der Flugverkehr ist gestört, die Kita geschlossen, der Müll bleibt liegen: Die Auswirkungen des Tarifstreits im öffentlichen Dienst sind derzeit an vielen Orten in Deutschland zu bemerken. In den kommenden Tagen werden Arbeitgeber und Gewerkschaften erneut in Potsdam verhandeln. Es handelt sich bereits um die dritte Runde – jedoch müsste noch einiges geschehen, um zu einer Einigung zu gelangen.
Für wen wird verhandelt?
Es handelt sich um das Einkommen und die Arbeitszeit von über 2,5 Millionen Beschäftigten der Kommunen und des Bundes. Sie arbeiten nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in Kitas, Schulen, Universitäten, Nahverkehr, Abfallbetrieben, Klärwerken, Bädern, Pflegeeinrichtungen oder Flughäfen. Der Großteil von ihnen ist im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) beschäftigt, der später auch auf Beamtinnen und Beamte übertragen wird. Mitarbeiter der Länder, für die separat verhandelt wird, sind nicht betroffen.
Was fordern die Gewerkschaften?
Verdi und der Beamtenbund dbb verhandeln für die Arbeitnehmer. Sie fordern eine Tariferhöhung um acht Prozent, mindestens jedoch 350 Euro mehr im Monat sowie höhere Zuschläge für die Arbeit zu belastenden und ungünstigen Zeiten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich erhöht werden. Des Weiteren möchten die Gewerkschaften mindestens drei zusätzliche freie Tage durchsetzen.
Was wollen die Arbeitgeber?
Die haben in den zwei bisherigen Runden kein Angebot vorgelegt. Die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) argumentiert, dass man dafür in den Verhandlungen bisher nicht weit genug gekommen sei. «Ganz grundsätzlich: Es ist ein Irrglaube, dass es für erfolgreiche Tarifverhandlungen stets ein formelles Angebot benötigt», sagte Hauptgeschäftsführer Niklas Benrath.
Die Gewerkschaftsforderungen sind den Kommunen zu kostspielig. Laut ihrer Berechnung würden allein die zentralen Punkte fast 15 Milliarden Euro Mehrkosten pro Jahr bedeuten. Angesichts leerer Kassen und hoher Verschuldung sei dies nicht umsetzbar. Besonders problematisch sind die geforderten zusätzlichen freien Tage aus Sicht der Arbeitgeber.
Ist eine Einigung am Wochenende realistisch?
Das ist offen. Die Arbeitgeber hoffen auf eine «tragfähige Lösung». «Dafür braucht es aber Bewegung auf beiden Seiten», betonte Benrath. Die Gewerkschaften kritisieren vor allem, dass sich Bund und Kommunen bisher überhaupt nicht bewegt hätten.
In der Vergangenheit wurde oft in der dritten Verhandlungsrunde ein Durchbruch erzielt – das ist jedoch keineswegs selbstverständlich. Drei Tage sind für die Verhandlungen vorgesehen, aber sie könnten auch verlängert werden – entweder bis Montag oder sogar in eine vierte Runde.
Kommen weitere Warnstreiks, wenn man sich nicht einigt?
Das ist möglich, aber nicht unbedingt erforderlich. Wenn man sich einem Kompromiss nähert, könnte eine vierte Verhandlungsrunde vereinbart werden. Wenn die Gespräche jedoch festgefahren sind, könnte auch eine Schlichtung angestrebt werden. Dies war beispielsweise bei den letzten Verhandlungen für die Beschäftigten von Bund und Kommunen im Jahr 2023 der Fall.
In einer Schlichtung wird versucht, festgefahrene Verhandlungen mithilfe von unabhängigen Schlichtern doch noch zu einem Durchbruch zu verhelfen. Warnstreiks wären dann für eine bestimmte Zeit vom Tisch, denn während der Schlichtung gilt eine Friedenspflicht.
Welchen Einfluss haben die laufenden Koalitionsgespräche?
Die Verhandlungsführerin für den Bund, Innenministerin Nancy Faeser (SPD), beteiligt sich gleichzeitig an den Tarifverhandlungen und den Gesprächen zur Bildung einer neuen Bundesregierung. Sie ist Mitglied der Arbeitsgruppe für Bürokratieabbau und Staatsmodernisierung, jedoch auf Platz zwei auf der Seite der SPD. Die Sitzungstermine der Arbeitsgruppe sind nicht bekannt. Faeser muss nicht ständig persönlich in Potsdam anwesend sein. Der Haushaltsstaatssekretär Steffen Meyer könnte sie dort gelegentlich vertreten.