Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Steinmeier in London: Dritter Staatsbesuch in kurzer Zeit

Prunkvolles Programm mit Kutschenfahrt, Staatsbankett und Rede vor dem Parlament erwartet Bundespräsident Steinmeier in Großbritannien.

Gegenbesuch: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender kommen zum Staatsbesuch nach London
Foto: Jens Büttner/dpa

Erst Österreich, gerade erst Spanien und nun das Vereinigte Königreich – dies ist bereits der dritte Staatsbesuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender innerhalb von knapp zwei Monaten. Der Rahmen in der Wiener Hofburg und im Königlichen Palast in Madrid war prunkvoll. Doch die bevorstehenden drei Tage in Windsor, London und Coventry dürften dies nochmals deutlich übertreffen.

Kutschfahrt, Parlament und ein Ehrendoktor

Ein Blick in das volle Programm für die drei Tage zeigt bereits dies. Zur Begrüßung am Flughafen werden der Prinz und die Prinzessin von Wales, William und Catherine, anwesend sein. Von Heathrow aus wird es nach Windsor gehen, wo König Charles III. und Königin Camilla zusammen mit dem deutschen Präsidentenpaar die letzte Strecke zum Schloss per Kutsche zurücklegen möchten.

Im Schloss Windsor werden die Gastgeber ihre Gäste mit militärischen Ehren begrüßen und sie am Abend auch zum Staatsbankett empfangen. Steinmeier wird gleich am ersten Tag auch Gespräche mit dem britischen Premierminister Keir Starmer führen.

Der Schwerpunkt des zweiten Besuchstages wird eine Rede Steinmeiers im Parlament sein, in der er voraussichtlich das deutsch-britische Verhältnis und die gemeinsamen Aufgaben grundlegend ansprechen wird. Der Tag wird für ihn mit einer Kranzniederlegung am Grab von Königin Elizabeth II. beginnen und mit einem weiteren Bankett enden. Prinzessin Anne wird ihm königlichen Glanz verleihen.

Am dritten Tag reisen Steinmeier und Büdenbender nach Coventry. Die deutsche Luftwaffe hatte die nahe Birmingham in den Midlands gelegene Industriestadt im Zweiten Weltkrieg mehrfach mit schweren Bombenangriffen überzogen. Auf dem Rückweg nach London wird Steinmeier in der Universitätsstadt Oxford haltmachen. Die Hochschule will ihn mit der Ehrendoktorwürde auszeichnen.

Unterhaken unter Gleichgesinnten in Europa 

Als vor 27 Jahren der letzte Bundespräsident Roman Herzog dem Vereinigten Königreich einen Staatsbesuch abstattete, hatte dies eine besondere Bedeutung. Steinmeier reist nun nach London, nicht nur weil es mal wieder an der Zeit für einen Staatsbesuch ist. Wie zuvor in Österreich und Spanien geht es vor allem darum, sich als Europäer in unsicheren Zeiten zu positionieren und gegenüber Ländern wie Russland und den USA die gemeinsamen Werte liberaler Demokratien zu betonen.

Aus Sicht des britischen Botschafters in Berlin, Andrew Mitchell, ist der Besuch «von großer symbolischer Bedeutung». Er biete die Gelegenheit, «die enge Partnerschaft zwischen dem Vereinigten Königreich und Deutschland sichtbar zu machen und neue Impulse für Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit, Energie und Kultur zu setzen». 

Herzliches Verhältnis verbindet Charles und Steinmeier

Charles und Steinmeier sind sich in den vergangenen Jahren immer wieder begegnet. So nahm Steinmeier im September 2022 an der Trauerfeier für Königin Elizabeth II. in London teil, im Mai 2023 dann an der Krönung von Charles. Diesen führte kurz zuvor im März sein erster Staatsbesuch nach Deutschland. Zwischen beiden Staatsoberhäuptern habe sich «ein gutes und herzliches Verhältnis entwickelt», heißt es im Bundespräsidialamt.

Es ist unwahrscheinlich, dass dies auf jeden Staatsgast zutrifft, den König Charles empfangen hat. Charles hat familiäre Verbindungen nach Deutschland durch seinen verstorbenen Vater, Prinz Philip, und spricht auch Deutsch, wie er bei Ansprachen immer wieder gezeigt hat.

Steinmeier und Trump – feine Unterschiede im Besuchsprogramm

Bei seiner zweiten Staatsvisite auf Schloss Windsor wurde US-Präsident Donald Trump nicht zu einer Rede vor dem Parlament eingeladen, da sein Besuch im September während einer Sitzungspause stattfand. Im Gegensatz zu Steinmeier fand die Kutschfahrt in den privaten Teil des Parks um Schloss Windsor statt, um Proteste zu vermeiden.

Der französische Präsident Emmanuel Macron war bereits im Juli dort und hatte ein Programm, das dem von Steinmeier sehr ähnlich war – einschließlich einer öffentlichen Kutschfahrt und einer Rede vor dem Parlament.

Berlin und London nach dem Brexit wieder auf Annäherungskurs

Der EU-Austritt der Briten hatte auch das bilaterale Verhältnis zwischen London und Berlin in den vergangenen Jahren stark belastet. Das änderte sich mit dem Wahlsieg der Labour-Partei unter dem jetzigen Premierminister Keir Starmer im Sommer 2024. Der Ton ist inzwischen wieder deutlich zugewandter und freundschaftlicher geworden und oft ist von Neuanfang die Rede.

Beim Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im Juli wurde das Kensington-Abkommen unterzeichnet, in dem beide Seiten eine intensivere Kooperation in Bereichen wie der Rüstungsproduktion vereinbarten.

Die Regierung von Starmer, die stark unter Druck von rechts steht, hofft auch auf mehr Unterstützung von Berlin im Kampf gegen Schleuser, die jedes Jahr Zehntausende von Menschen in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien bringen. Auf deutscher Seite besteht besonders der Wunsch, dass junge Menschen wieder leichter nach Großbritannien reisen und dort arbeiten können.

Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg 

Steinmeier arbeitet mit seinem Besuch in Coventry weiter an der Versöhnung zwischen Deutschland und Großbritannien nach den Grauen des Zweiten Weltkriegs. Die mittelenglische Stadt war ein bedeutender Industriestandort. Sie wurde von der deutschen Luftwaffe schwer bombardiert und zu großen Teilen zerstört. Allein in der ersten Bombennacht vom 14. November 1940 starben nach britischen Angaben 568 Menschen.

Im Jahr 2018 legte Steinmeier bereits beim Gedenken zum 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs an der zentralen Gedenkstätte für Gefallene, dem Cenotaph in London, als erster führender deutscher Politiker einen Kranz nieder.

dpa