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Finanzamt macht Steuer: Pilotprojekt in Hessen startet

Automatischer Vorschlag zur Einkommensteuerfestsetzung ohne eigene Steuererklärung einreichen zu müssen.

Einer ausgewählten Gruppe von Steuerpflichtigen schickt das Finanzamt Kassel einen Vorschlag für die Steuererklärung (Symbolbild).
Foto: Martin Schutt/dpa

Hessen startet ein Pilotprojekt, bei dem das Finanzamt automatisch einen Vorschlag zur Festsetzung der Einkommensteuer macht. Es muss dazu keine eigene Steuererklärung eingereicht werden. «Die Steuer macht jetzt das Amt: Davon dürften viele träumen. Wir machen es jetzt möglich», sagte Finanzminister Alexander Lorz (CDU) bei der Vorstellung des Projektes in Wiesbaden. 

Der Service wird zunächst rund 6.000 Steuerpflichtigen im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Kassel angeboten, die nach Angaben des Finanzministeriums die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2024 bereits verpasst haben. Sie müssen nicht selbst die Steuererklärung ausfüllen, sondern erhalten von der Behörde einen Vorschlag, den sie annehmen oder über die Elster-Software auch ergänzen können.

Automatischer Bescheid nach vier Wochen

Nach vier Wochen erstellt das Finanzamt den Steuerbescheid, wenn keine selbst erstellte Steuererklärung eingereicht wurde. Die Daten zu Lohn, Rente und Versicherungen liegen der Steuerverwaltung aufgrund der Meldepflicht vor und bilden die Grundlage für den Vorschlag zur Festsetzung der Einkommensteuer durch das Finanzamt.

Nicht jeder muss Steuererklärung machen

Im Pilotprojekt ist es erforderlich, dass der Steuerpflichtige zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist und keine steuerliche Vertretung oder Beratung erhält. Nicht jeder Arbeitnehmer und nicht jede Arbeitnehmerin in Deutschland ist generell zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet.

Wer Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Elterngeld oder Kurzarbeitergeld in Höhe von über 410 Euro im Jahr erhält oder mehrere Arbeitgeber gleichzeitig hat, muss eine Steuererklärung abgeben. Ebenso sind Freiberufler, Selbstständige und Gewerbetreibende dazu verpflichtet. Normalerweise sollte die Steuererklärung bis zum 31. Juli des Folgejahres eingereicht werden, es gibt jedoch Möglichkeiten, die Frist zu verlängern.

Die hessische Landesregierung plant, die Bürgerinnen und Bürger in Kassel mit einem Pilotprojekt zu entlasten und die Effizienz der Steuerverwaltung zu steigern. Wenn der Test erfolgreich ist, wird das Programm erweitert.

Bund der Steuerzahler: «Schritt in richtige Richtung»

«Das hessische Pilotprojekt kann ein Schritt in die richtige Richtung sein», sagte der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Hessen, Joachim Papendick. «Dass so etwas aber jetzt erst im kleinen Maßstab ausprobiert wird, zeigt, wie sehr Deutschland hinterherhinkt.» Bislang sei die Steuererklärung hierzulande im Vergleich zu anderen Ländern deutlich komplexer und zeitaufwendiger. 

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft begrüßte das Pilotprojekt als wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer modernen, bürgerfreundlichen Steuerverwaltung. «Während unsere Kolleginnen und Kollegen heute noch viel Zeit mit der manuellen Bearbeitung von Standardfällen verbringen, könnten sie sich bei einer vollständigen Digitalisierung auf die wirklich komplexen und wichtigen Fälle konzentrieren», erklärte der Bundesvorsitzende Florian Köbler.

«Vorteile für beide Seiten»

Hessens Finanzminister Lorz sieht in dem Pilotprojekt den nächsten Schritt auf dem Weg zu einer noch bürgerfreundlicheren Steuerverwaltung. «Was wir in diesem Projekt testen, bringt Vorteile auf beiden Seiten.» Denn auch die Behörde könne ihrerseits Ressourcen einsparen. Es brauche noch weitere gemeinsame Schritte von Bund und den anderen Ländern, damit die Veranlagung der Steuererklärung durch die Behörde in großem Umfang umgesetzt werden könne.

dpa