Während es beim Nato-Gipfel galt, die USA bei Laune zu halten, könnte beim Spitzentreffen der EU ein anderes Land querschießen. An kontroversen Themen mangelt es den Staats- und Regierungschefs nicht.
Das nächste Gipfeltreffen: Merz trifft auf EU-Kollegen
G7, Nato – und jetzt EU: Bundeskanzler Friedrich Merz setzt seine Serie der Gipfel-Premieren fort und wird an diesem Donnerstag zu seiner ersten EU-Spitzenrunde in Brüssel erwartet. Nur einen Tag nach dem Gipfeltreffen der Nato-Alliierten in Den Haag trifft der CDU-Vorsitzende mit den Staats- und Regierungschefs der anderen 26 EU-Länder zusammen, um unter anderem über die Entwicklungen im Nahen Osten und die weitere Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland zu beraten.
Abweichler bei Russland-Sanktionen?
Die Ukraine soll weiterhin die uneingeschränkte Unterstützung erhalten, während Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video zugeschaltet wird. Es ist unklar, ob sich alle 27 Mitgliedstaaten tatsächlich darauf einigen können – oder ob Ungarns Regierungschef Viktor Orban sich zum dritten Mal in Folge einer gemeinsamen Abschlusserklärung verweigert.
Es ist wahrscheinlich, dass es auch eine Diskussion über weitere Sanktionen gegen Russland geben wird. Der geplante 18. Maßnahmenkatalog wird sich auf den russischen Energie- und Bankensektor konzentrieren. Allerdings ist für die Verabschiedung des Pakets Einstimmigkeit erforderlich – und die Zustimmung Ungarns und der Slowakei war zuletzt fraglich.
Wie geht die Zusammenarbeit zwischen Israel und der EU weiter?
Mit Blick auf die Situation im Nahen Osten könnte auch die Fortsetzung eines Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und Israel diskutiert werden. Ein Prüfbericht ergab, dass Israel mit seinem Vorgehen im Gazastreifen gegen festgelegte Grundsätze für eine enge Zusammenarbeit mit der Staatengemeinschaft verstößt. Daher stellt sich für die Regierungen der Mitgliedstaaten und die EU die Frage, wie sie darauf reagieren sollen.
Während Mitgliedstaaten wie Spanien für eine Aussetzung des Abkommens plädieren, vertritt Deutschland eine andere Position: «Ein Außerkraftsetzen oder gar eine Kündigung dieses Abkommens kommt mit der Bundesregierung nicht infrage», sagte Merz.
Separates Treffen zu Migrationspolitik
Auch die Migrationspolitik bleibt weiterhin ein Thema, das die Spitzen der EU-Mitgliedsländer beschäftigt. Vor Beginn des offiziellen Treffens kommen mehrere Staats- und Regierungschefs, darunter aus Italien und Dänemark, zusammen, um über den Umgang mit – insbesondere illegaler – Einwanderung zu beraten. Merz nimmt ebenfalls an dem Treffen teil.
Gemeinsam könnte man sich dann darauf einigen, die Arbeiten in verschiedenen Bereichen zu verstärken: Dazu gehören vor allem umfassende Partnerschaften mit Herkunfts- und Transitländern, die konsequente Umsetzung und Anwendung der bestehenden EU-Regeln sowie neue Wege zur Bekämpfung irregulärer Migration – im Einklang mit EU- und Völkerrecht. Dies geht aus einem Entwurf der Gipfel-Abschlusserklärung hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Bereits vor einigen Tagen hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Staats- und -Regierungschefs der EU einen Brief geschickt, um vor dem Treffen den Stand der Dinge einzuordnen. Darin sprach sie von einem «entscheidenden Moment» für die Umsetzung des Migrations- und Asylpakts und betonte die Notwendigkeit verstärkter Anstrengungen auf nationaler und europäischer Ebene.
Auch Manfred Weber, der Fraktionschef des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP, forderte ein entschiedeneres Vorgehen: «Die Binnengrenzkontrollen setzen ein klares Zeichen: Die illegale Migration muss deutlich reduziert werden», sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Ziel müsse es sein, Kontrollen innerhalb Europas überflüssig zu machen – etwa durch Aufnahmezentren außerhalb der EU, mehr Grenzschutzpersonal und eine effektivere Abschiebeverordnung.
Wirtschaftsthemen auch auf der Agenda
Zusätzlich sind Diskussionen über die Wettbewerbsfähigkeit Europas und den Zollkonflikt mit der US-Regierung unter Präsident Donald Trump geplant. Es wird auch erwartet, dass die Staats- und Regierungschefs im kommenden Jahr der Euro-Einführung in Bulgarien zustimmen.
Laut EU-Diplomaten plant der französische Präsident Emmanuel Macron auch, Gespräche darüber zu führen, wie die Klimaziele der EU mit den wirtschaftlichen Bedürfnissen in Einklang gebracht werden können. Die Europäische Kommission beabsichtigt, nächste Woche einen Vorschlag für das EU-Klimaziel 2040 vorzulegen.