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Das Wichtigste zum Finanzpaket-Kompromiss

Die erste Niederlage des wohl künftigen Kanzlers Merz scheint abgewehrt: Eine Einigung mit den Grünen ist geschafft – doch sie könnte Union und SPD noch Probleme bereiten.

Merz ist zufrieden mit dem ausgehandelten Kompromiss - doch für Union und SPD wird es damit nicht unbedingt leichter.
Foto: Michael Kappeler/dpa

CDU-Chef Friedrich Merz und die Verhandler von Union und SPD haben lange gezittert: Nun scheint es, dass ihr Multimilliarden-Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur im Bundestag bestehen könnte. Die Grünen haben jedoch eine Reihe von Änderungen ausgehandelt, die für Union und SPD möglicherweise schmerzhaft werden. Was man über die Pläne und Kompromisse wissen muss:

Was ist genau geplant?

Das Grundgesetz soll an mehreren Stellen geändert werden, um drei Dinge zu regeln: Die Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – also etwa 44 Milliarden Euro – unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber Hinausgehende soll beliebig aus Krediten finanziert werden dürfen. Nach oben gibt es keine Grenze. Außerdem sollen die Länder mehr Spielraum für eigene Verschuldung bekommen: Zusammen sollen sie künftig Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des BIP aufnehmen dürfen.

Das dritte Vorhaben ist ein spezieller Fonds für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität, der von der Schuldenbremse ausgenommen ist und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten finanziert werden soll. Der Fonds soll für zwölf Jahre zur Verfügung stehen. Insgesamt wäre dies eine enorme Finanzspritze für Bereiche, in denen Experten einen hohen Investitionsbedarf sehen: die Bundeswehr, aber auch Autobahnen, Brücken, Schienen, Energienetze, Kitas und Schulen.

Was genau haben die Grünen rausgehandelt?

Union und SPD mussten in beiden großen Bereichen Zugeständnisse machen. Ursprünglich planten sie lediglich, Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse auszunehmen. Unter dem Druck der Grünen gilt die Ausnahmeregelung nun jedoch auch für Ausgaben im Bereich Zivil- und Bevölkerungsschutz, Cybersicherheit, Nachrichtendienste und die Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten.

Zusätzlich soll der Sondertopf nicht nur für Infrastruktur, sondern auch explizit für die Erreichung von Klimaneutralität genutzt werden, was für die Grünen besonders wichtig war. Von den 500 Milliarden Euro fließen 100 Milliarden in den Klima- und Transformationsfonds, aus dem Investitionen in Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft finanziert werden.

Aufgrund des Drucks der Grünen wird auch festgelegt, dass die Milliarden für die Infrastruktur für zusätzliche Projekte vorgesehen sind. Laut den Grünen dürfen sie nur verwendet werden, wenn angemessene Investitionen im Kernhaushalt geplant sind. Die Grünen hatten Bedenken, dass die Union und die SPD das Geld nutzen könnten, um ohnehin geplante Projekte zu finanzieren und so Platz im Kernhaushalt für Wahlgeschenke wie die Mütterrente zu schaffen.

Wie bewerten die drei Fraktionen das Ergebnis?

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sagte, sie und ihre Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann hätten es in den Verhandlungen mit CDU, CSU und SPD geschafft, «dass das Geld in die richtige Richtung gelenkt wird». Unionsfraktionschef Merz äußerte sich zufrieden mit dem Ausgehandelten. SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil erwartet nun einen «kraftvollen Anschub für Deutschland». Das Paket werde das Land für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte nach vorne bringen. 

Die beiden potenziellen Koalitionspartner werden jedoch auch vor schwierigen Gesprächen stehen. Durch die Notwendigkeit, das Infrastruktur-Geld in zusätzliche Projekte zu investieren, müssen sie das Geld für alles andere im regulären Haushalt finden – und wahrscheinlich an einigen Stellen kürzen. Dies zu verhandeln, wird nicht einfach sein.

Wo käme das Geld her – und wer muss die Zeche zahlen?

Der Staat beschafft sich neues Geld, indem er Anleihen auf dem Kapitalmarkt emittiert. Wenn ein Anleger eine Staatsanleihe kauft, leiht er dem Staat Geld und erhält dafür Zinsen. Der Kredit muss langfristig zurückgezahlt werden, aber im Gegensatz zu Privatpersonen kann dies weit in die Zukunft verschoben werden. In der Zwischenzeit muss der Staat Zinsen aus seinem Haushalt zahlen.

Möglicherweise haben die Pläne bereits jetzt Auswirkungen auf Hausbauer. Nach der Ankündigung stiegen die Bauzinsen – dies hängt mit der Rendite von Bundesanleihen zusammen. Es ist unklar, ob dieser Effekt langfristig bestehen bleibt.

Wie geht es jetzt weiter?

Am Sonntag trifft sich der Haushaltsausschuss und gibt eine Beschlussempfehlung für den Bundestag ab. Die Abstimmung darüber ist für Dienstag geplant. Es ist jedoch unklar, ob das Bundesverfassungsgericht die Sitzung überhaupt zulässt – denn es gibt Klagen, dass alles zu schnell geht und nicht ausreichend beraten werden kann.

Kann jetzt noch etwas schiefgehen?

Union, SPD und Grüne haben zusammen zwar die nötige Zweidrittelmehrheit – dafür müssen aber fast alle ihrer Abgeordneten auch zustimmen. Viele Parlamentarier des alten Bundestags sind im nächsten nicht mehr dabei. Es wird ihre letzte Abstimmung sein – und es ist denkbar, dass sie deshalb nicht wie sonst üblich entlang der Fraktionslinie abstimmen oder abwesend sind. Es könnte also eng werden mit der nötigen Mehrheit. Merz zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass der Puffer von 31 Stimmen ausreichen werde. Dröge sagte, man habe sehr viele positive Rückmeldungen von den eigenen Abgeordneten zum Verhandlungsergebnis bekommen. Klingbeil sagte, er sei «fest davon überzeugt», dass die SPD dem Paket am Dienstag zustimmt.

Welche Rolle spielt der Bundesrat?

Eine Änderung des Grundgesetzes erfordert neben dem Beschluss des Bundestages mindestens zwei Drittel der Stimmen der Länder – und auch diese sind nicht garantiert. Einige Bundesländer verlangen, dass die Länder mehr als die geplanten 100 Milliarden aus dem Infrastrukturtopf erhalten. Darüber hinaus können die Bundesländer nur zustimmen, wenn ihre Regierungskoalition eine einheitliche Linie findet – also gegebenenfalls auch mit Linken, BSW und FDP. Auch die Freien Wähler in Bayern waren zuletzt nicht überzeugt.

dpa