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Datensammeln zur Terrorabwehr? Karlsruhe urteilt

Im Kampf gegen Terror und organisierte Kriminalität hat das Bundeskriminalamt weitreichende Möglichkeiten. Zu weitreichend? Das hat sich das Bundesverfassungsgericht angeschaut.

Der Erste Senat in Karlsruhe hat die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Terror unter die Lupe genommen. (Archivbild)
Foto: Uli Deck/dpa

Das Bundesverfassungsgericht wird am Dienstag darüber entscheiden, ob bestimmte Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) die Grundrechte der Betroffenen verletzen. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat Verfassungsbeschwerde gegen mehrere Regelungen des zuletzt im Jahr 2017 reformierten Bundeskriminalamt-Gesetzes beim obersten Gericht in Karlsruhe eingereicht (Az. 1 BvR 1160/19).

Die GFF kritisiert konkret Regelungen, die dem BKA beispielsweise erlauben, Kontaktpersonen von Verdächtigen heimlich zu überwachen. Sie bemängeln auch, dass sensible personenbezogene Daten bereits aufgrund vager Anhaltspunkte oder bloßer Vermutungen umfangreich gespeichert und ohne weitere sachliche und zeitliche Grenzen genutzt werden könnten.

Der gemeinnützige Verein sieht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt – und fordert konkrete verfassungsrechtliche Maßstäbe für das Sammeln und Speichern von Daten. «Die derzeitige Speicherung und Nutzung personenbezogener Daten durch das BKA wendet inkonsistente Maßstäbe an und schützt nicht ausreichend vor den Risiken polizeilichen Datensammelns», erklärt die GFF auf ihrer Internetseite.

Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit

Das Bundeskriminalamt (BKA) ist die zentrale Einrichtung der deutschen Kriminalpolizei und untersteht dem Bundesinnenministerium. Innenministerin Nancy Faeser verteidigte das BKA-Gesetz im Dezember letzten Jahres in der mündlichen Verhandlung als verfassungskonform. Laut der SPD-Politikerin müssen Daten im Rahmen polizeilicher Arbeit verknüpft werden können. Das Gesetz enthält zahlreiche Überprüfungsmechanismen, um sicherzustellen, dass Daten nicht ohne Anlass gespeichert werden und ist robust gegen Missbrauch.

Stephan Harbarth, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzende des Ersten Senats, betonte in der Verhandlung, dass es um das Spannungsfeld zwischen dem Sicherheitsauftrag des Staates und dem Schutz individueller Freiheitsrechte gehe.

Gericht beanstandete schon 2016 Teile des Gesetzes

Das Bundesverfassungsgericht hat sich bereits in der Vergangenheit mit dem BKA-Gesetz befasst. Im Jahr 2016 hatte das Gericht über die umfangreichen Befugnisse der Sicherheitsbehörde geurteilt – und einige davon als verfassungswidrig erklärt. Der Senat betonte damals die Bedeutung des Anti-Terror-Kampfs für Demokratie und Grundrechte, kritisierte jedoch die konkrete Ausgestaltung der Befugnisse in verschiedenen Aspekten als unzureichend. Insbesondere wurde festgestellt, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung teilweise nicht ausreichend geschützt ist.

Das BKA-Gesetz musste deshalb nachgebessert werden. Die neue Fassung ist seit Mai 2018 in Kraft. Es gehe nun um eine «noch nicht ausgeleuchtete Lücke im Verfassungsrecht», so die GFF. Dem noch ausstehenden Urteil sehe der Verein «mit Blick auf die Verhandlung und die kritischen Nachfragen des Gerichts» optimistisch entgegen.

dpa