Drohnen legen erneut Münchens Flughafen lahm: Wieder sind Tausende Reisende betroffen, Verspätungen und Ausfälle drohen. Welche Maßnahmen die Politik jetzt fordert.
Debatte um Drohnenabwehr nach Vorfällen am Flughafen

Die Forderungen nach einem verbesserten Schutz der Flughäfen werden lauter, nachdem an zwei aufeinanderfolgenden Tagen Drohnen am Münchner Flughafen gesichtet wurden. Am Donnerstag und Freitagabend wurden Drohnen gesehen, was zur vorübergehenden Einstellung des Flugbetriebs führte.
Am Samstag lief der Flugbetrieb wieder an. Der Airport kündigte aber Verspätungen an: «Es wird den ganzen Tag über zu Verzögerungen im Betriebsablauf kommen.» Es werde voraussichtlich auch zu einzelnen Ausfällen kommen, berichtete eine Flughafensprecherin.
Politik sucht Wege zur Bekämpfung von Drohnen
«Wir brauchen schnell eine funktionierende Drohnenabwehr», sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. «Unsere Sicherheitsbehörden müssen handlungsfähiger und moderner werden.» Eine pauschale Antwort, ob eine Drohne abgeschossen werden solle, könne nicht gegeben werden, sagte Reul. Für einen möglichen Abschuss sei entscheidend, dass die Maßnahmen «rechtlich sauber, verhältnismäßig und technisch wirksam» seien.
Sein Amtskollege aus Bayern, Joachim Herrmann (CSU), hatte eine Änderung der Vorschriften in Freistaat angekündigt, damit die Landespolizei im Zweifelsfall auch Drohnen abschießen darf. «Wir wollen die rechtlichen Möglichkeiten der bayerischen Polizei deutlich erweitern, damit sie sofort und effektiv gegen Drohnen vorgehen kann. Das bedeutet auch, dass die Polizei bei akuter Gefahr Drohnen sofort abschießen darf.»
Drohnen werden auch bei einem Treffen von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) mit mehreren Kollegen aus europäischen Ländern heute in München diskutiert. Am Freitag kündigte er an, dass die Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe in den Kampf gegen Drohnen einbezogen werden soll. Dobrindt plant, gemäß seinen eigenen Angaben, bald einen Entwurf für ein neues Luftsicherheitsgesetz vorzulegen.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) warnte hingegen vor weitreichenden Einsätzen der Bundeswehr im Inneren. «Drohnenabwehr ist eine sicherheitspolitische Kernaufgabe», sagte Hubig im Interview mit der «Welt am Sonntag». «Bei Drohnenangriffen im Innern ist die Polizei gefragt.» Wo der Rechtsrahmen nachjustiert werden müsse, werde das geschehen. «Einsätze der Bundeswehr im Inneren sind aus guten Gründen nur in sehr engen Grenzen zulässig – und dabei muss es bleiben.»
Die Bremer SPD-Fraktion meldete bei Dobrindt bereits das Interesse an einem Drohnenabwehrzentrum an. Fraktionschef Mustafa Güngör verwies in einem Brief an den Bundesinnenminister auf die in Bremen ansässigen Konzerne aus der Rüstungs-, Luftfahrt- und Raumfahrtindustrie sowie die Häfen der Stadt. Bremen sei daher «ein besonders exponiertes Ziel von Drohnen-Spionage und -Sabotage». Zunächst hatte der «Spiegel» über die Initiative Güngörs berichtet.
Rheinmetall-Chef Armin Papperger sagte, bei der Drohnenabwehr komme es auf Geschwindigkeit an. «Ziele müssten schnell erkannt, bewertet und bekämpft werden – angepasst an zivile oder militärische Einsätze», sagte er zu «Bild». Dafür käme das Skyranger-System des Unternehmens infrage. Die Bundeswehr habe 19 solcher Flugabwehrpanzer bestellt. Die Produktionszahlen sollten aber noch deutlich steigen.
Fluggäste stranden erneut am Münchner Airport
Nachdem Drohnen erneut gesichtet wurden, wurde der Flugverkehr am Freitagabend zum zweiten Mal in Folge eingestellt. Viele Flüge wurden umgeleitet oder abgesagt. Laut Flughafen waren etwa 6.500 Reisende betroffen. Einige mussten die Nacht am Flughafen verbringen.
Die Bundespolizei sprach von zwei Drohnensichtungen im Bereich der Nord- und der Südbahn. Bundespolizisten hätten sie am Freitag kurz vor 23.00 Uhr gesehen. «Die Drohnen entfernten sich sofort, noch bevor sie identifiziert werden konnten», teilte ein Sprecher mit. Am Samstagmorgen kurz nach 3.00 Uhr gab es nach Angaben der Bundespolizei erneut einen Hinweis auf eine Drohnensichtung. Ein Sprecher wollte sich allerdings nicht konkret dazu äußern, ob auch tatsächlich eine Drohne im Bereich des Flughafens in der Luft war oder ob es vielleicht auch ein Fehlalarm war.
Laut dem Flughafenbetreiber wurden am Abend 23 ankommende Flugzeuge umgeleitet, 12 Flüge nach München wurden gestrichen. Der Sprecher sagte, dass 46 geplante Abflüge nicht stattfinden konnten.
Am Donnerstagabend und in der Nacht zum Freitag wurde der Flugbetrieb am zweitgrößten deutschen Flughafen durch Drohnen unbekannter Herkunft erheblich gestört. Viele Flüge mussten abgesagt oder nach benachbarte Flughäfen wie Nürnberg oder Stuttgart umgeleitet werden. Etwa 3.000 Passagiere waren davon betroffen.
Hintergrund der Drohnen-Zwischenfälle bleibt unklar
Unklar ist, wer hinter den Drohnenflügen steckt und welche Motive vorliegen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stellte am Donnerstag den Vorfall in München in eine Reihe mit weiteren Drohnensichtungen in Europa. «Das war jetzt kein Einzelfall», sagte Söder bei Welt TV. «Es ist die Sicherheitslage, in der wir stehen», sagte er.
NRW-Innenminister Reul schloss auch Trittbrettfahrer nicht aus. «Ich bin sicher: Nicht jede Drohne steuert der Kreml – aber jede einzelne spielt (Präsident Wladimir) Putin in die Karten», sagte Reul. «Wer leichtfertig eine Drohne steigen lässt, sollte sich darüber im Klaren sein.» Er rief aber zur Besonnenheit auf: «Verunsicherung zu verbreiten, ist genau das Ziel, das etwa Russland mit solchen Aktionen verfolgt.»
Die Anzahl der Störungen durch Drohnen an den deutschen Flughäfen hat laut der Deutschen Flugsicherung signifikant zugenommen. Vor gut einer Woche teilte das Unternehmen mit, dass im laufenden Jahr 2025 bis Ende August bereits 144 Behinderungen durch Drohnen verzeichnet wurden. Im Vorjahr gab es bundesweit im gleichen Zeitraum 113 Vorfälle, im Jahr 2023 nur 99.