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Der Elefant im Raum – AfD ohne Spitzenkandidat

Der Spitzenkandidat macht wegen möglicher China- und Russland-Verstrickungen Schlagzeilen und fehlt daher beim Wahlkampfauftakt der AfD. Die Partei versucht es mit Geschlossenheit – und mit Attacke.

Die AfD-Parteispitze bestehend aus Alice Weidel und Tino Chrupalla beim Wahlkampfauftakt zur Eurowahl zusammen mit dem AfD-Landesvorsitzenden Emil Sänze (l) in Donaueschingen. Der eigentliche Spitzenkandidat der Partei war nicht anwesend.
Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Drinnen steht ein Elefant im Raum und sie versuchen, auf verschiedene Art mit ihm umzugehen – draußen legen Demonstranten den Finger genüsslich in die Wunde, die im Europawahlkampf der AfD klafft. «Alternative für Diktatoren» steht auf einer großen Leinwand, die beim Wahlkampfauftakt der Partei auf einem Transporter vor der Halle im baden-württembergischen Donaueschingen angebracht ist. Darunter prangt das Konterfei von Maximilian Krah, in der Hand hält er eine russische und eine chinesische Fahne.

Beim Beginn des Wahlkampfs ist der Spitzenkandidat selbst nicht zu sehen: Seine Wahlplakate sind in den Donauhallen nicht vorhanden, auch in den Wahlprogramm-Spots ist er nicht zu finden.

Eigentlich hätte Krah gemeinsam mit den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla die heiße Phase des Wahlkampfs für die Abstimmung am 9. Juni eröffnen sollen – stünde er nicht seit Wochen wegen Berichten über mögliche Verbindungen zu prorussischen Netzwerken und zu China in den Schlagzeilen. Nach einem Krisentreffen Weidels und Chrupallas mit Krah teilte die Partei am Mittwoch mit, Krah verzichte auf einen Auftritt in Donaueschingen, «um den Wahlkampf sowie das Ansehen der Partei nicht zu belasten». Andere Auftritte wurden teils ebenfalls gestrichen, auch Wahlwerbespots mit Krah soll es nicht geben.

Die Partei in Donaueschingen steht vor der Herausforderung, ihren Wahlkampf ohne den Mann zu beginnen, mit dem sie die Wähler eigentlich überzeugen wollte. Dennoch ist er irgendwie ein Thema. Die beiden Parteichefs reagieren unterschiedlich auf diese Situation.

Weidel meidet Krahs Namen

Chrupalla dankt Krah, dass er auf den Auftritt verzichtet hat – und ruft dazu auf, die Reihen zu schließen. «Es ist mittlerweile abenteuerlich, mit welchen Mitteln unsere Partei zersetzt werden soll, wie man unsere Partei beschädigen will, wie man Unruhe stiften will und Misstrauen», sagt Chrupalla. Dem müsse und werde man widerstehen. «Wir werden mit dem Wahlkampf zeigen, dass man uns nicht so schnell unterkriegen kann und dass wir geschlossen zusammenstehen.»

Co-Chefin Weidel nennt Krahs Namen nicht ein einziges Mal und hält sich stattdessen an das Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Ihre Rede ist eine Aneinanderreihung bewährter AfD-Klassiker: Sie schimpft auf Politiker der Ampel-Parteien, spricht von «geballter Inkompetenz». «Die würden in einem normal funktionierenden mittelständischen Unternehmen nicht mal mit der Kneifzange angefasst.» Die Regierenden machten gezielt Politik gegen die eigene Bevölkerung, sagt sie. Und wer die Ukraine unterstützen wolle, der solle bitte selbst dorthin gehen. Die Anhänger hören das offenbar sehr gerne, der Saal tobt nach ihrer Rede, fast alle springen von den Stühlen auf.

Ähnliche Reaktionen ruft auch ein Wahlkampfspot hervor, der das Wahlprogramm der Rechtspopulisten in 100 Sekunden zusammenfasst. Auch darin die Klassiker der Partei: souveräne Nationalstaaten statt zentralisierte EU, Wiedereinstieg in die Atomkraft, harte Außengrenzen. Besonders laut johlt das Publikum beim Thema Gendern: «Nur Frauen können Mütter und Männer keine Frauen werden», heißt es in dem Film – oder: «Wir wissen: Fachkräfte kommen nicht mit dem Schlauchboot.»

Vorwürfe gegen weiteren Kandidaten

Die AfD hat nicht nur ein Problem mit ihrem Europa-Spitzenkandidaten Krah. Auch gegen den Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, der auf Platz zwei der Liste steht, gibt es Vorwürfe bezüglich Russland-Verbindungen. Staatsanwaltschaften prüfen nach Berichten über mögliche Geldzahlungen bei beiden Politikern, ob Ermittlungen eingeleitet werden sollen. Bei Krah wird zudem untersucht, ob es Ermittlungen wegen möglicher chinesischer Zahlungen geben soll. Krah steht außerdem unter Druck, da einer seiner Mitarbeiter wegen mutmaßlicher Spionage für China verhaftet wurde. Der sächsische AfD-Politiker ist laut kritischer Parteikollegen in der Vergangenheit immer wieder durch pro-chinesische Äußerungen und Aktivitäten aufgefallen.

Beide Politiker haben gegenüber der AfD-Spitze versichert, kein Geld genommen zu haben. Sollten sich die Vorwürfe trotzdem bewahrheiten, drohen ihnen Konsequenzen, macht Chrupalla erneut deutlich. «Dass Meinungen und auch Positionen in der Alternative für Deutschland niemals käuflich sein werden, das verspreche ich», sagte er. Wer nachweislich käuflich sei, der müsse auch gehen. «Aber es muss bewiesen und nachgewiesen werden.»

dpa