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Schwarz-Rot-Gelb: Koalitionsgespräche auf gutem Weg

Einigung in Finanzen und Migration, nächste Hürden voraus – Regierung bis Ostern?

Es geht voran bei der Bildung einer schwarz-roten Regierung.
Foto: Michael Kappeler/dpa

Eine Vertrauensbasis ist geschaffen: Die Spitzen von CDU, CSU und SPD streben Koalitionsgespräche an. In zentralen, besonders umstrittenen Themen haben sich die potenziellen Partner verständigt – dazu gehören Finanzen und Migration. Ein erster wichtiger Schritt sei damit geschafft, sagen die Unterhändler in Berlin. Doch bis eine schwarz-rote Regierung steht, sind noch einige Hürden zu nehmen. Wie es jetzt weitergeht:

Welche Grundsatzvereinbarungen haben die Sondierungsteams geschlossen?

Die Finanzfragen waren bereits abgeräumt: Man will hohe Milliardenschulden machen, um mehr Geld für Verteidigung und die Instandsetzung der Infrastruktur zu haben. Zusätzlich gibt es Einigungen in vielen kleineren Bereichen. Zum Beispiel soll das bisherige Bürgergeldsystem verändert werden. «Für Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen», sagte CDU-Chef Friedrich Merz. 

Um die deutsche Wirtschaft in einer tiefen Krise zu unterstützen, ist geplant, die Energiekosten zu senken. Insbesondere soll die Stromsteuer reduziert werden. Dies soll nicht nur Unternehmen, sondern auch private Haushalte entlasten. Laut Berechnungen des Vergleichsportals Verivox würde eine Senkung der Stromsteuer auf den in der EU erlaubten Mindestwert die Stromkosten um fast 7 Prozent reduzieren. Eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh müsste dann 93 Euro weniger zahlen.

Und was ist mit dem Mega-Streitthema Migration?

Auch hier gibt es eine Einigung: An den Landgrenzen sollen laut Merz künftig auch Menschen zurückgewiesen werden, die ein Asylgesuch stellen – allerdings nur in Abstimmung mit den Nachbarstaaten. Und ob die mitmachen, ist fraglich. Sollten Staaten wie Österreich, Tschechien und Polen hier schon in den nächsten Tagen auf Konfrontationskurs gehen, könnte das die Koalitionsgespräche erheblich belasten.

Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die von der Ampel-Koalition durchgeführt wurde, soll beibehalten werden. Es gibt weiterhin verkürzte Wartefristen für die Einbürgerung. Der Doppelpass für Nicht-EU-Bürger bleibt ebenfalls bestehen. Union und SPD prüfen, ob es verfassungsrechtlich möglich wäre, Personen, die Terror unterstützen, antisemitisch sind und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, sofern sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen. Die Union, die die Reform einst vehement abgelehnt hatte, hat hier Zugeständnisse gemacht.

Es war wichtig für die Union, dass weniger Schutzberechtigte ihre Angehörigen nach Deutschland holen dürfen. Da noch unklar ist, wie lange diese Regelung gelten soll, könnte es noch zu Streitigkeiten über Details kommen.

Wie geht es jetzt weiter?

Bereits einen Tag nach der Einigung der Sondierer haben sowohl der CSU-Vorstand als auch die SPD-Führung einstimmig der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zugestimmt. Nur das Ja der CDU-Führung fehlt noch, die am Montag entscheiden will. Danach beginnt die eigentliche Arbeit am Koalitionsvertrag. Erst wenn ein Koalitionsvertrag steht und von den Parteien beschlossen ist, steht auch die Regierung.

Was muss denn nun überhaupt noch vereinbart werden?

Die bisherigen Treffen, also die Sondierungen, dienen dazu, die Parteien abzutasten. Es wird überprüft, ob wir zusammenpassen und ob wir vernünftig miteinander sprechen können. Es wird nach einer gemeinsamen Erzählung gesucht und ein gemeinsames Ziel entwickelt. Besonders kontroverse Themen wie Finanzen und Migration werden manchmal bereits aus dem Weg geräumt.

Jedoch beinhaltet ein Koalitionsvertrag später noch viele weitere Punkte. Zur Formulierung dessen werden nun zahlreiche Arbeitsgruppen eingerichtet, beispielsweise für Verkehrspolitik, Familienpolitik, Umwelt- und Klimapolitik. In den Sondierungen der Ampel-Regierung 2021 wurden 22 solcher Arbeitsgruppen gebildet.

Die Verhandler müssen auch über den Zuschnitt der Ministerien einig werden. Soll es beispielsweise in Zukunft ein eigenes Ministerium für Digitalisierung geben? Auch die Verteilung der Ministerien auf die einzelnen Parteien wird in der Regel verhandelt und im Koalitionsvertrag festgelegt.

Wie lange kann das Verhandeln dauern? 

Normalerweise dauert es mehrere Wochen. Beim letzten Mal – und es wurde vergleichsweise geräuschlos verhandelt – vergingen fast anderthalb Monate zwischen dem Ende der Sondierung und der letzten Sitzung der Koalitionsverhandlungen. Der voraussichtliche zukünftige Kanzler Merz hat das Ziel gesetzt, bis Ostern fertig zu sein.

Wie könnte ein Koalitionsvertrag aussehen?

Die Union hat bereits ziemlich genaue Vorstellungen geäußert. Die vergangene Legislaturperiode hat gezeigt, wie schnell Koalitionsverträge durch externe Ereignisse wie den Ukraine-Krieg überholt sein können. Ein schwarz-roter Vertrag sollte schlanker und flexibler sein. Vor der Wahl sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dass die Maßnahmen für einen Politikwechsel in den ersten sechs Monaten einer neuen Regierung umgesetzt werden müssten. Der Koalitionsvertrag müsste dann je nach Herausforderung später angepasst werden.

Wann steht dann endgültig eine Regierung?

Die Parteien stimmen ganz am Ende des Prozesses über den Koalitionsvertrag und die Beteiligung an einer gemeinsamen Regierung ab. Bei der CDU geschieht dies auf einem kleinen Parteitag, während bei der CSU ein Vorstandsbeschluss ausreicht. Im Gegensatz dazu plant die SPD eine Abstimmung aller Mitglieder – auch, weil die Zusammenarbeit mit CDU-Chef Merz nicht überall in der Partei so beliebt ist.

dpa