Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Deutschland scheitert an Dublin-Rückführungen

Die EU hat sich ein System zur fairen Aufnahme von Asylbewerbern ausgedacht – das Dublin-Verfahren. Die Statistik zeigt: Für Deutschland hat es zuletzt kaum funktioniert – zum Teil selbst verschuldet.

Überstellungen nach dem Dublin-Verfahren waren in den vergangenen beiden Jahren nur in der Minderheit der Fälle erfolgreich (Archivbild).
Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Den deutschen Ausländerbehörden ist es in den Jahren 2023 und 2024 in Zehntausenden Fällen nicht gelungen, Asylbewerber nach dem Dublin-Verfahren in das jeweils zuständige EU-Partnerland zu überstellen – obwohl in all diesen Fällen die förmliche Zustimmung des jeweiligen Landes vorlag. Dies geht aus Statistiken des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.

Ein Beispiel dafür war der vermutliche Angreifer aus Aschaffenburg, der nach Bulgarien überführt werden sollte. Doch die Übermittlung von Dokumenten zwischen den Behörden dauerte so lange, dass die Frist von sechs Monaten für Dublin-Überstellungen – ab dem Tag der Zusage des aufnehmenden Landes – nicht mehr eingehalten werden konnte.

Ersteinreiseland für Einreisende zuständig

Das Dublin-Verfahren ist ein Bestandteil des gemeinsamen europäischen Asylsystems. Eine Regelung besagt, dass in vielen Fällen der Staat, in dem der Geflüchtete zuerst EU-Boden betritt, für die Abwicklung des Asylverfahrens verantwortlich ist. Wenn Flüchtlinge weiter in andere EU-Staaten reisen und dort erst einen Asylantrag stellen – was oft in Deutschland geschieht – muss das Ersteinreiseland unter bestimmten Bedingungen die Menschen zurücknehmen.

Im Jahr 2023 hat Deutschland in 74.622 Fällen um Überstellung in ein EU-Land gebeten, in 55.728 Fällen stimmten die Partnerländer zu. Allerdings wurden nur 5.053 Menschen tatsächlich überstellt, was weniger als jeder Zehnte ist. Im Jahr 2024 sah die Bilanz etwas besser aus: Deutschland beantragte in 74.583 Fällen die Überstellung, in 44.431 Fällen stimmten die europäischen Partnerländer zu. Doch nur in 5.827 Fällen fand die tatsächliche Überstellung statt.

Italien nimmt kaum jemand zurück

Die niedrigen Erfolgsquoten haben ihre Ursachen sowohl im In- als auch im Ausland. Es ist bekannt, dass einige Länder – insbesondere Italien – zwar der Rücknahme zustimmen, in der Praxis jedoch Bedingungen für die Rücknahme von Dublin-Flüchtlingen stellen, die kaum erfüllbar sind und somit die Überstellungen nahezu unmöglich machen. Im Jahr 2024 nahm Italien lediglich drei Dublin-Fälle aus Deutschland zurück, obwohl es für über 10.000 Fälle die Zustimmung zur Rücknahme erteilt hatte.

Es gibt auch andere Gründe im Inland, zum Beispiel wenn die deutschen Behörden die Fälle nicht rechtzeitig bearbeiten. Im Fall Aschaffenburg waren 4,5 Monate der sechsmonatigen Frist vergangen, bevor das Bundesamt für Migration der örtlichen Ausländerbehörde in Aschaffenburg die Dublin-Rückführung mitteilte – der rechtskräftige Bescheid traf sogar erst wenige Tage vor Ablauf der Frist in Aschaffenburg ein.

In manchen Fällen verhindern deutsche Gerichte die Abschiebungen, zum Beispiel nach Kroatien. Die Richter befürchten, dass die Asylbewerber dort kein faires Verfahren bekommen oder die Unterkunftsbedingungen nicht den Mindeststandards entsprechen.

dpa