Immer mehr Menschen wenden sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, weil sie sich benachteiligt fühlen. Am häufigsten ging es 2024 dabei um Rassismus, wie der aktuelle Bericht zeigt.
Diskriminierung: Zahl der Ratsuchenden erreicht Höchstwert
Im vergangenen Jahr haben sich mehr als 11.400 Menschen wegen Diskriminierung an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewandt – so viele wie noch nie zuvor. Dies geht aus einem Jahresbericht hervor, den die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, in Berlin vorgestellt hat.
«Das ist die höchste Zahl, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes je erreicht hat», erklärte Ataman. Im Jahr 2023 hatten sich noch knapp 10.800 Ratsuchende an die Stelle gewandt, im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es Ataman zufolge nur etwas mehr als 4.200 Anfragen. Die Zahl der Anfragen habe sich seit 2019 mehr als verdoppelt, betonte sie.
Großteil der Anfragen geht auf Erfahrungen mit Rassismus zurück
Im Jahr 2024 machten Erfahrungen mit Rassismus mit einem Anteil von 43 Prozent das Gros der Anfragen aus. Als Beispiel nannte Ataman den Fall eines Mannes mit ausländischem Namen, der seit Monaten eine Wohnung in Wuppertal suche und nie zu einer Besichtigung eingeladen werde. «Als sein Freund Stefan den Test macht und sich um die gleiche Wohnung bewirbt, wird er umgehend zur Besichtigung eingeladen. Für Mahmoud war sie angeblich schon vergeben», berichtete Ataman.
Der Anteil der Anfragen zu Benachteiligungen wegen einer Behinderung oder einer chronischen Krankheit lag demnach bei 27 Prozent. Knapp ein Viertel der Fälle (24 Prozent) stehen mit dem Geschlecht oder der Geschlechtsidentität in Verbindung. «Wir sehen bei Diskriminierungen wegen des Geschlechts, dass hier vor allem Frauen betroffen sind und dass die Zahlen steigen.»
Laut dem Bericht wurde der höchste Anteil an Diskriminierung im Arbeitsleben registriert, insbesondere bei der Arbeitssuche oder am Arbeitsplatz (33 Prozent).
Ataman beklagt Lücken beim gesetzlichen Diskriminierungsschutz
Mehr als 1.200 Menschen hätten sich über Diskriminierungserfahrungen mit staatlichen Stellen, etwa mit Ämtern und Behörden oder der Polizei beschwert, heißt es im Bericht. Allerdings greife in diesen Fällen kein Diskriminierungsschutz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), betonte Ataman. Damit sich dies ändere, müsse das AGG aus ihrer Sicht dringend reformiert werden. Menschen seien in Deutschland «im Restaurant besser vor Diskriminierung geschützt als auf dem Amt».
Von den 11.405 Anfragen, die die Stelle im vergangenen Jahr erreicht hätten, fielen etwas mehr als 9.000 Fälle unter das AGG. Bei den restlichen Anfragen greife der Diskriminierungsschutz nach diesem Gesetz nicht. «Nicht jede Ungleichbehandlung ist bei uns verboten», erklärte Ataman dazu.
Staatsangehörigkeit bislang nicht als Diskriminierungsgrund erfasst
Zum Hintergrund: Das AGG schützt vor Benachteiligungen aufgrund bestimmter Merkmale. Verboten sind Diskriminierungen aufgrund von Alter, Behinderung, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, sexueller Identität und «Rasse» beziehungsweise «ethnischer Herkunft», also wegen rassistischer und antisemitischer Zuschreibungen. Das AGG greift im Arbeitsleben und bei Alltagsgeschäften. Seit Jahren fordern Ataman und andere Beauftragte wie etwa der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein eine Ausweitung des Gesetzes, beispielsweise um Menschen zu schützen, die aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert werden.