Der Wahlrechtsexperte Robert Vehrkamp empfiehlt, den Wahlkreissieger nach den meisten durch Zweitstimmen gedeckten Erststimmen zu ermitteln, um Überhangmandate zu vermeiden.
Experte schlägt Änderungen vor, um Überhangmandate zu vermeiden

Der Wahlrechtsexperte Robert Vehrkamp schlägt nach den Erfahrungen bei der Bundestagswahl vor, das Verfahren zur Ermittlung der erfolgreichen Direktkandidaten in den 299 Wahlkreisen zu ändern. «Man muss die Art und Weise, wie der Wahlkreissieger ermittelt wird, so gestalten, dass keine Überhangmandate entstehen, dass aber trotzdem jeder Wahlkreis am Ende des Tages einen plausibel legitimierten Direktkandidaten hat», sagte Vehrkamp der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Nicht an der Zweitstimmendeckung rütteln
Zugleich betonte der Fachmann der Bertelsmann Stiftung: «Ich würde dringend empfehlen, am Prinzip der Zweitstimmendeckung nicht zu rütteln.» Sonst ginge die ganze Wahlrechtsdiskussion mit Überhang- und Ausgleichsmandaten von vorn los. «Die einfachste Lösung wäre, dass derjenige den Wahlkreis gewinnt, der die meisten durch Zweitstimmen gedeckten Erststimmen hat.»
Wer keine Zweitstimmendeckung habe, falle bei der Vergabe des Direktmandats raus, erläuterte Vehrkamp. «Dann geht man einfach die Leiter so lange runter, bis man in dem Wahlkreis jemanden mit Zweitstimmendeckung hat, der von allen Kandidaten mit Zweitstimmendeckung die meisten Erststimmen gewonnen hat.»
23 Wahlkreissieger kommen doch nicht in den Bundestag
Bei der Bundestagswahl haben 23 Direktkandidaten erfolgreich abgeschnitten, erhielten jedoch kein Bundestagsmandat. In Bayern betraf dies beispielsweise drei CSU-Politiker. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es gemäß dem neuen Wahlrecht, das von der Ampel-Koalition beschlossen wurde, keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr gibt.
Die CSU hat zwar alle 47 Direktmandate in Bayern gewonnen, aber aufgrund ihres Zweitstimmenergebnisses stehen ihr nur 44 Sitze zu. Daher werden die drei Kandidaten mit den niedrigsten Erststimmenergebnissen nicht in den Bundestag einziehen. Experten sprechen von einer fehlenden Zweitstimmendeckung.
Überhang- und Ausgleichsmandate ließen Bundestag wachsen
Gemäß dem früheren Wahlsystem hätten die drei Kandidaten trotzdem ihr Mandat erhalten. Die anderen Parteien hätten für diese Überhangmandate Ausgleichsmandate erhalten. Dies führte zu einer kontinuierlichen Vergrößerung des Bundestags.
Laut «Spiegel» werden in 19 der 23 Wahlkreise aber Kandidatinnen und Kandidaten über die Landesliste in den Bundestag einziehen. Vier Wahlkreise werden demnach allerdings keinen Abgeordneten im Bundestag haben.
Eigentlich sei dies kein Problem, sagte Vehrkamp. Ein Wahlkreis könne auch vom Nachbarwahlkreis aus mit betreut werden. «Aber es ist psychologisch ein Defekt, der behoben werden sollte und der auch behoben werden könnte.»