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Drei Tote nach Protesten im Senegal

Seit der Verschiebung der Wahlen gärt es im westafrikanischen Senegal. Nach Toten und Verletzen bei Protesten fordern Menschenrechtler eine Untersuchung.

Senegalesische Bereitschaftspolizisten in Dakar setzen Tränengas gegen Anhänger der Opposition ein.
Foto: Stefan Kleinowitz/AP/dpa

Nachdem es zu tödlichen Protesten gegen die Verzögerung der Präsidentschaftswahl im Senegal kam, haben die Behörden des westafrikanischen Landes heute geplante Demonstrationen untersagt und das mobile Internet abgeschaltet. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch haben eine unabhängige Untersuchung des Polizeieinsatzes gefordert, der am vergangenen Wochenende bei den Protesten stattfand und bei dem mindestens drei Menschen getötet wurden.

Der Senegal, der seit seiner Unabhängigkeit 1960 friedlich war, befindet sich in einer Krise, nachdem der Präsident und das Parlament beschlossen haben, die für Ende Februar geplante Wahl zu verschieben. Der amtierende Präsident Macky Sall, der seit 2012 im Amt ist, beteuert weiterhin, dass er nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren wird. Einige Teile der Opposition und andere Kritiker werfen ihm jedoch einen Verfassungscoup vor.

Human Rights Watch hat berichtet, dass während des Einsatzes gegen Demonstranten am Freitag und Samstag mindestens drei Menschen getötet wurden, darunter ein 16-jähriger Junge. Die Zahl der Verletzten wurde auf 60 geschätzt. Mindestens 271 Menschen wurden festgenommen. Auch Journalisten wurden während ihrer Arbeit angegriffen. Die Organisation hat für den Bericht Betroffene und Augenzeugen befragt und medizinische Unterlagen eingesehen. Laut einem Bericht von HRW im letzten Jahr setzten Sicherheitskräfte exzessive Gewalt gegen Demonstranten ein.

UN und Menschenrechtsorganisationen äußern Besorgnis

Vertreter der Vereinten Nationen äußerten sich «zutiefst besorgt». «Nach Berichten über unnötige und unverhältnismäßige Gewaltanwendung gegen Demonstranten und Einschränkungen des öffentlichen Raums fordern wir die Behörden auf, dafür zu sorgen, dass sie die lange Tradition der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte im Senegal wahren», teilte das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in Genf mit.

Die senegalesischen Behörden schalteten das mobile Internet erneut vorübergehend ab. Als Begründung nannte das Kommunikationsministerium «hasserfüllte und subversive Nachrichten, die bereits gewaltsame Demonstrationen mit Toten und erheblichen Sachschäden provoziert haben». Ein von der Opposition angemeldeter Marsch durch Dakar wurde von den Behörden mit Verweis auf Behinderung des Verkehrs verboten.

Vorwürfe gegen Oppositionsführer und politische Spannungen

Bereits in der vergangenen Woche wurde das mobile Internet von den Behörden für etwa 24 Stunden abgeschaltet, wie es erstmals bei den Protesten im Sommer 2023 der Fall war. Damals eskalierten die Demonstrationen nach der Verurteilung des Oppositionsführers Ousmane Sonko, der als panafrikanistisch und elitenkritisch angesehen wird, in einem Verleumdungs- und einem Missbrauchsprozess. Laut Human Rights Watch und zivilgesellschaftlichen Organisationen befinden sich seitdem Hunderte Demonstranten im Gefängnis.

Sonko selbst befindet sich seit Ende Juli in Untersuchungshaft und konnte aufgrund seiner Verurteilung nicht an der ursprünglich für den 25. Februar geplanten Wahl teilnehmen. Es wurden weitere Vorwürfe gegen ihn erhoben, darunter die Gefährdung der staatlichen Sicherheit. Seine Partei Pastef wurde aufgelöst, jedoch galt ihr ehemaliger Generalsekretär Bassirou Diomaye Faye als vielversprechender Kandidat. Unter den 20 zugelassenen Kandidaten war auch der vom Präsidenten nominierte Premierminister Amadou Ba als möglicher Nachfolger.

Politische Entscheidungen und internationale Reaktionen

Die liberale Oppositionspartei PDS brachte das Gesetz zur Verschiebung der Wahl ein, da ihr Kandidat Karim Wade nicht zugelassen wurde. Nach Unruhen im Parlament beschlossen Abgeordnete der Regierungspartei und der PDS am 5. Februar mit 105 von 165 Stimmen, die Wahl auf den 15. Dezember zu verschieben. Zuvor hatte Sall in einer Fernsehansprache auf die fehlende Stabilität verwiesen und den Wahltermin aufgehoben.

Die Verschiebung der Wahl hatte auch bei der EU, den USA, der Afrikanischen Union und der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas Besorgnis ausgelöst. Der Senegal wurde als stabile Mehrparteiendemokratie in einer Region angesehen, in der die Demokratie zunehmend durch Putsche und autokratische Präsidenten bedroht ist. Der Staat, der knapp 18 Millionen Einwohner hat, hat im Gegensatz zu seinen Nachbarn weder einen Umsturz noch einen Bürgerkrieg erlebt.

dpa