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Trump’s Machtspiel mit Drohungen und Fristen

Der US-Präsident setzt auf Deals mit klaren Deadlines, doch bleiben echte Erfolge fraglich. Innenpolitisch zeigt sich Trump effektiver.

«Heute ist Tag 61» - Trump und sein Team treten nach den Angriffen auf den Iran vor die Kameras. (Archivbild)
Foto: Carlos Barria/Reuters Pool via AP/dpa

Drohungen erhalten durch Macht an Bedeutung. Wenn sie von US-Präsident Donald Trump ausgesprochen werden, kann er sicher sein, dass man ihm aufgrund seines Amtes Gehör schenkt. Oft setzt er seine Drohungen mit einer Frist von einigen Wochen oder Monaten in Verbindung – und der Forderung nach einem Deal.

Neuere prominente Fall: Trumps Interaktion mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Trump drohte letzte Woche damit, dass die USA hohe Zölle gegen Russlands Handelspartner erheben würden, wenn es innerhalb von 50 Tagen keinen Deal zur Beendigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gibt. Ob er dies umsetzt, falls es bis dahin keine Einigung gibt, bleibt abzuwarten. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Frist verschoben wird.

In den ersten sechs Monaten von Trumps zweiter Amtszeit war diese Kombination aus Drohungen, Fristen und dem Drängen auf Deals in verschiedenen Kontexten zu beobachten. Wie erfolgreich ist der Republikaner damit? Drei Beispiele:

«90 Deals in 90 Tagen»? – Zolltafel und Zollbriefe

Trumps Handelspolitik ist ein herausragendes Beispiel dafür, dass Fristen flexibel sein können, ebenso wie seine Definition eines Deals. Anfang April präsentierte Trump im Rosengarten des Weißen Hauses eine Tafel vor der Kamera. Darauf waren die sogenannten wechselseitigen Zölle gegen zahlreiche Länder zu sehen, mit denen die USA nach Ansicht der US-Regierung ein besonders großes Handelsdefizit haben.

Weltweit löste dies einen Schock aus, und die Börsen gingen bergab. Trump setzte daraufhin zumindest diese Zölle größtenteils wieder aus – für 90 Tage, wie es zunächst hieß. Diese Pause sollte für Verhandlungen genutzt werden, Trump und sein Team sahen sich in starker Position: «Sie brennen darauf, einen Deal zu machen. Sie sagen, „bitte, bitte, mach einen Deal, ich mache alles für einen Deal, Sir“», sagte der Präsident über von seinen Zöllen betroffene Länder, kurz bevor er den Aufschub bekanntgab. Sein Wirtschaftsberater Peter Navarro hielt «90 Deals in 90 Tagen» für möglich.

Es wurde in den folgenden Wochen deutlich, dass es nicht so einfach ist. Nach 90 Tagen gab es nur wenige Deals, die laut Beobachtern eher Rahmenvereinbarungen ähnelten als traditionellen Handelsabkommen.

Kurz bevor die Frist verstrich, verschob Trump sie einfach um gut drei Wochen auf Anfang August – gefolgt von neuerlichen Drohungen an Handelspartner in Form von Zollbriefen. Drohte er der EU auf seiner Tafel im April noch mit Zöllen in Höhe von 20 Prozent, so legte er in seinem Brief noch einen drauf – nun geht es um 30 Prozent. Trump bezeichnete diese erhöhte Drohkulisse zuletzt als «Deal», machte aber auch klar, dass die Gespräche weitergehen. Ob es am Ende einen echten Deal gibt? Völlig offen. 

«Heute ist Tag 61» – Angriffe auf den Iran 

Trumps Verhalten gegenüber dem Iran ist eng mit dem Verbündeten Israel verbunden – welche Botschaften er an Teheran und in die Welt sendete, jedoch schon. Sie vermitteln das Bild eines Präsidenten, der seine Drohungen ernst meint, wenn bis zu der von ihm gesetzten Frist kein Deal zustande kommt. Ob dabei tatsächlich alles genau dann und genauso passiert, wie von Trump gewünscht, tritt in dieser öffentlichen Darstellung in den Hintergrund.

Im April nahmen die USA und der Iran unter Vermittlung des Oman nach Jahren der Eiszeit wieder Gespräche auf. Das Ziel: ein neues Atomabkommen. Zuvor hatte Trump Irans oberstem Führer Ali Chamenei nach eigenen Angaben einen Brief geschickt und darin die Hoffnung geäußert, dass der Iran verhandeln werde, «denn wenn wir militärisch eingreifen müssen, wird es schrecklich werden». Der US-Präsident setzte Chamenei laut Medienberichten zudem einen zweimonatigen Zeitrahmen für die Verhandlungen. 

Rund zwei Monate nach deren Beginn war eigentlich eine weitere Gesprächsrunde zwischen dem Iran und den USA geplant, doch dazu kam es nicht: Israel griff den Iran an. Trump stellte das auf der Plattform Truth Social als Konsequenz aus mangelnder Deal-Bereitschaft dar: Er habe dem Iran vor zwei Monaten ein Ultimatum von 60 Tagen gestellt, um einen Deal zu machen, schrieb er. «Sie hätten es tun sollen! Heute ist Tag 61».

Einige Tage später griffen die USA die drei wichtigsten Atomanlagen des Irans an – und zerstörten sie nach Darstellung Trumps vollständig. Hinter dem tatsächlichen Ausmaß der Schäden steht jedoch weiterhin ein Fragezeichen. Während Trump kurz darauf eine Waffenruhe und das Ende des zwölftägigen Kriegs zwischen Israel und dem Iran verkündete, bleibt der zugrunde liegende Konflikt ungelöst. Trump kündigte Ende Juni erneut Gespräche an. Bisher sind jedoch keine neuen Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran über dessen umstrittenes Atomprogramm bekannt.

Die Frage ist, wie ernsthaft Trumps Bemühungen um einen neuen Atomdeal sind. Hat er wirklich geglaubt, dass es realistisch ist, ein solches Abkommen innerhalb weniger Monate auszuhandeln? Es vergingen Jahre von den ersten Verhandlungen bis zum Abschluss des Wiener Atomabkommens zur Begrenzung des iranischen Nuklearprogramms im Jahr 2015. Trump stieg 2018 in seiner ersten Amtszeit einseitig aus diesem Deal aus, der nicht seiner war.

«Am 4. Juli Urlaub machen» – Trumps Steuergesetz

Verglichen mit dem Ausland erscheint Trumps Kombination aus Drohungen und Fristen im Inland effektiver. Sein wohl größter Erfolg in seiner zweiten Amtszeit im US-Kongress bislang: die Verabschiedung des Gesetzes, das unter dem Namen «One Big Beautiful Bill» («Ein großes, schönes Gesetz») bekannt ist.

Auch in den eigenen Reihen gab es Vorbehalte gegen das Steuer- und Ausgabengesetz. Doch Trump machte stets deutlich, dass er es bis zum Unabhängigkeitstag auf seinem Schreibtisch haben will: «Wir liegen im Zeitplan – lasst uns weitermachen und fertig sein, bevor Sie und Ihre Familie am 4. Juli Urlaub machen», richtete er sich etwa auf Truth Social an die Republikaner im Repräsentantenhaus, nachdem das Gesetz den Senat passiert hatte. 

Über Wochen übte der Präsident immer wieder Druck auf Kongressmitglieder aus – mit Erfolg: Einen Tag vor Ablauf seiner Deadline verabschiedete das Repräsentantenhaus das Gesetz. Trump sagte danach über sein Einwirken auf Parteikollegen: «Was ich gemacht habe ist – wir haben darüber geredet, wie gut das Gesetz ist. Ich meine, das ist ein Deal, denke ich, wenn man darüber nachdenkt.»

dpa