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SPD-Kabinett unter Merz: Neue Gesichter und Machtverschiebungen

Klingbeil als Vizekanzler und Hubig als Bildungsministerin – die SPD-Aufstellung für die kommenden vier Jahre.

Lars Klingbeil wird nicht nur Finanzminister, sondern auch Vizekanzler. (Archivbild)
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Die SPD hatte versprochen, neue Gesichter für das schwarz-rote Kabinett von Kanzler Friedrich Merz (CDU) zu präsentieren. Der designierte Vizekanzler und Parteichef Lars Klingbeil hält dieses Versprechen: Mit Ausnahme von Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt keiner der Ampel-Ministerinnen und -Minister im Amt. Die Aufstellung der SPD für die nächsten vier Jahre:

FINANZEN/VIZEKANZLER

Lars Klingbeil:

Lars Klingbeil hat sich innerhalb kurzer Zeit bei der SPD in eine absolute Machtposition gebracht. Als Generalsekretär half er Olaf Scholz im Jahr 2021 ins Kanzleramt zu gelangen, danach wurde der Niedersachse Parteichef. Nach dem Debakel bei der Wahl 2024 übernahm er zusätzlich den Fraktionsvorsitz, nun wird Klingbeil als Vizekanzler der zweite starke Mann in der Regierung Merz. Eigentlich liegt dem 47-Jährigen die Außenpolitik am Herzen, geprägt durch den familiären Hintergrund als Soldatensohn am Heeresstandort Munster für Verteidigung. Jetzt muss er sich im mächtigen Finanzressort zurechtfinden. Für Klingbeil, der im konservativen SPD-Flügel beheimatet ist, könnte dies das Sprungbrett für eine Kanzlerkandidatur im Jahr 2029 sein – auch wenn einigen in der Partei missfällt, mit welcher Skrupellosigkeit er sich zuletzt seine Macht gesichert hat.

ARBEIT/SOZIALES

Bärbel Bas:

Als Bundestagspräsidentin hat sich Bärbel Bas in den letzten dreieinhalb Jahren einen guten Ruf erarbeitet. Zuvor war die Duisburgerin einer breiteren Öffentlichkeit kaum bekannt. Sie ist seit 2009 Mitglied des Bundestags und hat sich vor allem um Gesundheitspolitik gekümmert. Ihre unkomplizierte Art könnte mit ihrer Herkunft zusammenhängen: Die 56-Jährige ist in einfachen Verhältnissen als zweitälteste von sechs Geschwistern aufgewachsen. Als Kind musste sie draußen spielen, da im Kinderzimmer zu wenig Platz war.

VERTEIDIGUNG

Boris Pistorius:

Verteidigungsminister Boris Pistorius war für die SPD gesetzt – schließlich ist er Deutschlands beliebtester Politiker. Als er im November 2023 «Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime» für die Bundeswehr ausrief, legte der 65-jährige Niedersachse die Latte hoch. Seit der Ausnahme der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse kann er sich über mangelnde Finanzierung nicht mehr beschweren. Der Jurist Pistorius wurde in Osnabrück geboren, er arbeitete in mehreren niedersächsischen Regierungsstellen und war von 2006 bis 2013 Oberbürgermeister seiner Heimatstadt («das schönste Amt der Welt»). In den zehn folgenden Jahren war er Innenminister von Niedersachsen. 2023 übernahm er das Verteidigungsministerium von Christine Lambrecht und gewann in kurzer Zeit die Anerkennung der Truppe und der Verbündeten.

JUSTIZ

Stefanie Hubig

Stefanie Hubig (56) ist seit 2016 Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz. In der Kultusministerkonferenz ist sie seit 2024 auch Koordinatorin der SPD-geführten Länder. Allerdings ist die SPD-Politikerin in Berlin vor allem in einer anderen Rolle bekannt. Im Bundesjustizministerium begann sie im Jahr 2000 und avancierte zur Referatsleiterin. 2008 wechselte sie nach Mainz: Zuerst in die Staatskanzlei, 2009 übernahm sie die Leitung der Abteilung Strafrecht im Justizministerium. Hubig wurde 2014 Staatssekretärin im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Zu dieser Zeit war ihr Parteikollege Heiko Maas Justizminister. Beide gerieten mit dem damaligen Generalbundesanwalt Harald Range in Konflikt: Es ging um später eingestellte Ermittlungen gegen zwei Blogger von Netzpolitik.org wegen Landesverrats.

WOHNEN/STADTENTWICKLUNG/BAUWESEN

Verena Hubertz

Die politische Senkrechtstarterin Verena Hubertz ist die neue Bauministerin. Seit 2021 ist die 37-Jährige Bundestagsabgeordnete und wurde direkt stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende. Sie ist zuständig für Wirtschaft, Klimaschutz und Energie, Bauen und Wohnen. In der Ampel-Koalition führte sie oft Verhandlungen mit Politikern von Grünen und FDP. Laute Töne sind nicht ihr Ding. Die Triererin und Betriebswirtin hat eine ungewöhnliche Biografie. 2013 gründete sie mit einer Studienkollegin das Küchen-Start-up Kitchen Stories, um in Videos und Schritt für Schritt zu zeigen, wie einfach Kochen sein kann.

UMWELT/KLIMASCHUTZ

Carsten Schneider

Carsten Schneider war in der Ampel-Regierung von Olaf Scholz Staatsminister und Beauftragter für Ostdeutschland. Damit war er eine der profiliertesten Stimmen dieser Region und sollte vor allem für gleichwertige Lebensverhältnisse in den ostdeutschen Bundesländern sorgen. Schneider stammt aus Erfurt und sitzt bereits seit 1998 im Bundestag. Dort war er unter anderem Haushaltspolitiker, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Der 49 Jahre alte Bankkaufmann gilt als pragmatisch, erfahren und vielseitig einsetzbar. Er versteht sich gut mit dem künftigen Vizekanzler Klingbeil – die beiden waren sogar gemeinsam im Rennrad-Urlaub.

WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG

Reem Alabali-Radovan

Reem Alabali-Radovan hat ebenfalls eine beeindruckende politische Karriere hinter sich gebracht. Zuletzt war die 35-jährige Frau Integrationsbeauftragte der Ampel-Regierung. Nun macht sie den nächsten Schritt auf der Karriereleiter. Alabali-Radovan wurde 1990 in Moskau geboren. Im Alter von sechs Jahren kam sie mit ihrer Familie, die vor den politischen Verhältnissen im Irak geflohen war, nach Mecklenburg-Vorpommern. Als Integrationsbeauftragte setzte sie sich unter anderem gegen Racial Profiling ein, also die verdachtsunabhängige polizeiliche Kontrolle von Menschen allein wegen ihrer Hautfarbe und anderen ethnischen oder religiösen Merkmalen. Alabali-Radovan ist mit dem Profiboxer Denis Radovan verheiratet und bekam im Jahr 2023 eine Tochter. Während ihrer Zeit als Integrationsbeauftragte machte sie damals keine lange Pause.

dpa