Die israelischen Streitkräfte haben nach einem dreitägigen Großeinsatz im Kamal-Adwan-Krankenhaus 240 mutmaßliche Hamas-Kämpfer festgenommen. Darunter war auch der Direktor der betroffenen Klinik.
Israel beendet Großeinsatz im Gazastreifen,240 mutmaßliche Hamas-Kämpfer gefangen genommen

Israels Streitkräfte haben ihren dreitägigen Großeinsatz im Kamal-Adwan-Krankenhaus im Norden des Gazastreifens beendet – und dabei nach eigenen Angaben 240 mutmaßliche Hamas-Kämpfer gefangen genommen. Unter den Festgenommenen war auch der Direktor der betroffenen Klinik in Beit Lahia, Hussam Abu Safeia, wie die Armee mitteilte. Er werde verdächtigt, ein «Terror-Kader» der islamistischen Hamas zu sein.
Die israelischen Streitkräfte haben am Freitagmorgen das Krankenhaus angegriffen. Laut Armee befand sich in der Klinik ein Hauptquartier der Hamas. Unter den Festgenommenen waren auch Kämpfer der mit der Hamas verbündeten Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ). Einige Milizionäre hatten sich als Patienten verkleidet, während andere Widerstand leisteten. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Die Armee betonte, dass sie Zivilisten, Patienten und Mitarbeiter der Klinik geschont und im Einklang mit dem Völkerrecht behandelt habe. Medizinische Kreise im Gazastreifen berichteten, dass es mehrere Verletzte bei dem Einsatz gegeben habe.
Netanjahu wird operiert
Benjamin Netanjahu, der Ministerpräsident Israels, wird heute einer Prostata-Operation unterzogen. Sein Büro in Jerusalem gab diese Information bekannt. Letzte Woche wurde der 75-Jährige im Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem untersucht, wo Ärzte eine Infektion feststellten, die auf eine gutartige Vergrößerung der Prostata zurückzuführen ist. Seitdem wurde der Regierungschef medikamentös behandelt.
In der Mitteilung hieß es, dass die für heute geplante Kabinettssitzung der Regierung stattfinden werde. Es war nicht klar, ob Netanjahu daran teilnehmen würde oder nicht. Der Regierungschef war in der Vergangenheit mehrmals aufgrund gesundheitlicher Probleme im Krankenhaus. Zuletzt wurde er Ende März wegen eines Leistenbruchs unter Vollnarkose operiert. Im Sommer des vergangenen Jahres wurde ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt.
Geisel-Mutter: «Ich habe einen Traum»
Indes demonstrierten mehr als 1.000 Menschen in Tel Aviv für die Freilassung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas. Einav Zangauker, die Mutter einer Geisel, forderte in ihrer Rede die Teilnehmer dazu auf, die Augen zu schließen, wie die «Times of Israel» berichtete. «Ich habe einen Traum», rief sie. «Ich träume, dass mein Matan und die anderen 99 Geiseln zu uns zurückkehren. Im Traum sehe ich, wie der Ministerpräsident (Netanjahu) den Deal unterzeichnet, der alle Geiseln nach Hause bringt.»
«Und jetzt öffnet eure Augen weit», fuhr sie fort. «Öffnet sie weit: Unser Ministerpräsident möchte die Geiseln nicht nach Hause bringen und den Krieg (in Gaza) nicht beenden.» Aus der Menge ertönten Buh-Rufe. «Netanjahu, vergiss nicht: die Geschichte vergisst nicht», schloss Zangauker ihre Ansprache.
Beim Terrorangriff im Süden Israels am 7. Oktober des Vorjahres wurden 1.200 Menschen von der Hamas und ihren Verbündeten getötet und weitere 250 in den Gazastreifen entführt. Etwa 100 von ihnen werden immer noch von ihren Entführern festgehalten, viele von ihnen dürften bereits verstorben sein. Das Massaker der Islamisten war der Auslöser für den Gaza-Krieg.
Monatelange Verhandlungen, die darauf abzielen, die Geiseln freizulassen und den Krieg zu beenden, waren bisher erfolglos. Kritiker von Netanjahu geben ihm hauptsächlich die Schuld daran. Sie sind der Meinung, dass der Regierungschef kein Interesse an einem Kriegsende hat, da dies seine Machtposition in Israel gefährden würde.
Bericht beschreibt grausame Folter an Geiseln
Das israelische Gesundheitsministerium hat einen Bericht an die UN-Sonderberichterstatterin für Folter, Alice Jill Edwards, vorgelegt, in dem die schweren Misshandlungen der Geiseln durch ihre Entführer beschrieben werden. Der Bericht basiert auf den Erkenntnissen von Ärztinnen und Ärzten, die mehr als 100 Geiseln behandelt haben, die entweder freigelassen oder befreit wurden.
Unter ihnen befanden sich Männer, Frauen und Kinder. Fast alle von ihnen waren körperlicher, seelischer und sexueller Gewalt ausgesetzt. Typische Methoden seien Maßnahmen, um den Willen der Entführten zu brechen, wie zum Beispiel Isolationshaft, Hunger, Schlafentzug, Gewalt, Drohungen und Nichtbehandlung von Verletzungen und chronischen Krankheiten.
Schläge, sexualisierte Gewalt, Nahrungs- und Schlafentzug
Die Geiseln wurden von ihren Entführern geschlagen, gefesselt und an den Haaren gezogen, ihnen wurde Essen und Trinken verweigert und Brandverletzungen zugefügt. Häufig wurden sie unter extrem schlechten hygienischen Bedingungen festgehalten. Manchmal wurden schmerzhafte medizinische Eingriffe ohne Betäubung durchgeführt. Frauen wurden sexuellen Übergriffen ausgesetzt, mussten sich beispielsweise vor ihren männlichen Geiselnehmern entblößen und Berührungen ertragen.
Geiselnahme und Gefangenschaft waren für die Betroffenen traumatische Erfahrungen. «Die medizinischen und psychosozialen Teams gehen davon aus, dass substanzielle Mittel und maßgeschneiderte Therapien nötig sind, um die Rehabilitation und Reintegration der zurückgekehrten Geiseln zu bewerkstelligen», heißt es in dem Bericht.