Zwei Monate nach dem Wahltag liegen beim Wahlprüfungsausschuss Hunderte Beschwerden vor. Vor allem das Bündnis Sahra Wagenknecht dringt auf Korrektur.
Einspruch: BSW fordert Neuauszählung der Bundestagswahl

Nachdem das Bündnis Sahra Wagenknecht knapp bei der Bundestagswahl gescheitert ist, sieht es Chancen, durch eine Neuauszählung der Stimmen doch noch ins Parlament einzuziehen. Die Partei erklärte, dass Zählfehler dazu geführt hätten, dass bis zu 32.000 Stimmen für das BSW nicht oder falsch zugeordnet worden seien. Es fehlten jedoch nur 9.529 Stimmen zur Fünf-Prozent-Hürde. Am Mittwoch legte das BSW offiziell Einspruch gegen das Wahlergebnis ein.
Sollte er Erfolg haben, sähe der Bundestag ganz anders aus. «Damit hätte (CDU-Chef Friedrich) Merz für seine schwarz-rote Wahlbetrugs-Koalition keine Mehrheit mehr», sagte Parteichefin Sahra Wagenknecht der «Rheinischen Post». «Das BSW verlangt nicht mehr und nicht weniger, als dass jede Stimme, die für das BSW abgegeben wurde, auch für das BSW zählt. Das ist bisher definitiv nicht der Fall.»
Ihre Co-Chefin Amira Mohamed Ali stellte klar, das BSW gehe nicht davon aus, dass bewusst manipuliert worden sei. «Wir glauben, dass da Fehler passiert sind», sagte Mohamed Ali.
Es fehlen 0,19 Promille
Das BSW hatte nach dem amtlichen Endergebnis bei der Bundestagswahl am 23. Februar 4,981 Prozent der Zweitstimmen erreicht. Weil sie unter fünf Prozent lag, sitzt sie nicht im neuen Bundestag. Die Partei sieht mehrere Fehlerquellen bei der Auszählung: Die Namensähnlichkeit mit dem Bündnis Deutschland habe zur Verwechslung bei den auszählenden Wahlhelfern geführt; wegen der Platzierung des BSW auf Wahlzetteln knapp unter einer Faltung seien die Stimmen der Partei übersehen worden; unter den als ungültig gewerteten Stimmen seien viele «falsch gezählte BSW-Stimmen».
Einige dieser Fehler hat die Partei nach eigenen Angaben durch kleinteilige Recherchen belegt. Auf dieser Grundlage hat sie hochgerechnet und kommt zu dem Schluss: «Unter dem Strich reichen nach aktuellem Stand die gefundenen Stimmen für das BSW aus, um hochgerechnet auf 95.109 Wahlurnen und Briefwahlbezirke die Fünf-Prozent-Hürde zu überschreiten.» Dies zu überprüfen sei auch geboten, um Zweifel an der Demokratie auszuräumen, sagte BSW-Generalsekretär Christian Leye.
Verschiebung der Mehrheiten?
Falls es tatsächlich zu einer Neuauszählung der Stimmen käme und dabei die erforderliche Stimmenanzahl für das BSW ermittelt würde, hätte dies möglicherweise weitreichende Konsequenzen: Wenn das BSW in den Bundestag einziehen würde, müssten die 630 Mandate neu verteilt werden. In diesem Fall hätte die geplante schwarz-rote Koalition wahrscheinlich keine Mehrheit mehr. Aufgrund dieser möglichen Folgen sei es unwahrscheinlich, dass die anderen Parteien im vorgesehenen Überprüfungsverfahren dem Einspruch des BSW zustimmen würden, sagte Leye.
Gemäß dem Wahlprüfungsgesetz hat jeder Wahlberechtigte innerhalb von zwei Monaten nach einer bundesweiten Wahl die Möglichkeit, schriftlich Einspruch einzulegen. Laut Angaben des Bundestags sind bis Dienstagnachmittag 885 solcher Einsprüche eingegangen. Der Wahlprüfungsausschuss wird darüber beraten. Die Entscheidung trifft dann das Parlament. Gegen diese Entscheidung kann wiederum Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden.
Das BSW hatte schon im März versucht, durch einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eine Neuauszählung vor der offiziellen Feststellung des Endergebnisses zu erreichen. Die Richter in Karlsruhe lehnten dies ab und verwiesen auf den Wahlprüfungsausschuss.