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Entscheidung über Diäten-Automatik im Bundestag

Sollen die Diäten im Bundestag weiterhin jährlich automatisch angepasst werden oder ist das der falsche Umgang mit dem Thema? Über die Frage entscheidet das Parlament an diesem Donnerstag.

Die Abgeordnetendiäten sind immer ein heikles Thema für den Bundestag. (Archivbild)
Foto: Hannes P Albert/dpa

Die Abgeordneten des Bundestags gehören zu den Top-Verdienern in der Einkommensskala, wenn es um die sogenannte Abgeordnetenentschädigung – im Volksmund auch Diät genannt – geht. Daher stoßen Beschlüsse zur Erhöhung der Diäten nicht auf Zustimmung.

Vor ein paar Jahren wurde daher ein Automatismus eingeführt – eine jährliche Anpassung wie bei der Rente. Doch auch dieser Mechanismus, der nach jeder Bundestagswahl für die neue Legislaturperiode verlängert werden muss, steht in der Kritik. Jetzt wird erneut darüber abgestimmt.

Wie viel Geld bekommen Bundestagsabgeordnete überhaupt? 

Derzeit beträgt das monatliche Einkommen 11.227,20 Euro. Dieses Einkommen unterliegt der Besteuerung. Zusätzlich gibt es eine steuerfreie monatliche Kostenpauschale in Höhe von 5.349,58 Euro für Ausgaben im Zusammenhang mit der Mandatsausübung, wie Miete des Wahlkreisbüros, Material, Taxifahrten, Hotelkosten oder Unterkunft in Berlin.

Der Bundestag erstattet Ausgaben für das Büro in Berlin (Material oder Handys auch für die Mitarbeiter) bis zu maximal 12.000 Euro pro Jahr. Abgeordnete haben Anspruch auf kostenlose Bahnfahrten und Erstattung der Kosten für Inlandsflüge, die im Zusammenhang mit der Ausübung des Mandats stehen.

Aus Normalverdiener-Sicht viel Geld – wonach richtet sich das?

«Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung», heißt es im Grundgesetz. Die Details dazu sind im Abgeordnetengesetz geregelt. Die Diäten orientieren sich demnach an den Bezügen von Richtern an obersten Bundesgerichten. Nach dem sogenannten Diäten-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1975 muss die Entschädigung «der Bedeutung des Amtes unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verantwortung und Belastung und des diesem Amt im Verfassungsgefüge zukommenden Ranges gerecht werden». 

Das Thema war schon immer heikel: Wenn die Diäten zu niedrig sind – so eine Befürchtung – könnten Abgeordnete anfälliger für Bestechungsversuche sein, sind sie zu hoch, gibt es Kritik.

Der Bundestag stimmt selbst über seine Diäten ab. Wieso? 

Auch das geht auf das Diäten-Urteil des Verfassungsgerichts zurück. Dieses verpflichte die Abgeordneten ausdrücklich, selbst und «vor den Augen der Öffentlichkeit» darüber zu beschließen, heißt es bei Bundestag.de. Das Gericht urteilte damals: «In einer parlamentarischen Demokratie lässt es sich nicht vermeiden, dass das Parlament in eigener Sache entscheidet, wenn es um die Festsetzung der Höhe und um die nähere Ausgestaltung der mit dem Abgeordnetenstatus verbundenen finanziellen Regelungen geht.» 

Warum gibt es aber nun eine automatische jährliche Anpassung? 

Das wurde 2014 von der damaligen großen Koalition auf Empfehlung einer Expertenkommission beschlossen. Deren Chef, der frühere Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP), hatte auf jedes Mal wieder geführte heftige öffentliche Debatten bei anstehenden Diätenerhöhungen verwiesen: «Da war dann von den Politikern als „Raffkes“ und von „Selbstbedienung“ der Parlamentarier die Rede.» Es habe deshalb schon seit längerem den politischen Wunsch gegeben, Anpassungen irgendwie zu automatisieren.

Wie funktioniert der Mechanismus genau? 

Ähnlich wie bei der Rente: Wenn die Durchschnittslöhne im Land in diesem Jahr um einen bestimmten Prozentsatz steigen, erhöhen sich im nächsten Jahr die Diäten entsprechend. Jeder neu gewählte Bundestag muss jedoch darüber abstimmen, ob er dieses Verfahren für die Legislaturperiode beibehalten möchte. Diese Entscheidung steht nun erneut an und es scheint eine Mehrheit dafür zu geben. Laut Angaben der Linken führt dieser Mechanismus zu einer Diätensteigerung von über 600 Euro ab dem 1. Juli.

Was sagen die Befürworter und die Kritiker? 

SPD und Union verteidigen den Automatismus. Dies sei ein guter, weil auf Fakten basierender Umgang mit einer sehr politischen und manchmal auch emotionalen Frage, sagte Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) am Dienstag. In schwierigen Zeiten, wenn Bürgerinnen und Bürger bei Löhnen und Gehältern weniger gehabt hätten, habe das auch schon zu entsprechenden Reduzierungen geführt. 2021 waren die Diäten tatsächlich im Zuge der Corona-Pandemie geringfügig gesunken.

Kritik kommt von der AfD und der Linken, die beide eine Aussetzung der automatischen Anpassung fordern. Linksfraktionschefin Heidi Reichinnek sagte im Podcast «Berlin Playbook» von Politico, sie sei entsetzt, dass der Bundestag die zweithöchste Diätenerhöhung der Geschichte plane und kündigte an, von ihrem Geld mehr zu spenden.

dpa