Die Koalition will die Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut Integrierte wieder abschaffen. In manchen Städten warten Zuwanderer ohnehin Jahre bis über ihren Antrag entschieden ist.
Entscheidung über Einbürgerungsantrag dauert manchmal Jahre
Laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in Ländern und Kommunen hat die Möglichkeit einer Einbürgerung nach drei Jahren, die von der Ampel-Koalition für besonders gut integrierte Ausländer geschaffen wurde, bisher nur einigen Hundert Menschen geholfen, schneller die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen.
Laut dem Bericht wurde die neue Regelung, die bald wieder aufgehoben werden soll, hauptsächlich in Berlin angewendet. Von den 29.853 Personen, die zwischen Juli 2024 und Ende April in der Hauptstadt eingebürgert wurden, erhielten laut dem Innensenat 500 Personen mit guten Deutschkenntnissen und besonderen schulischen, beruflichen oder ehrenamtlichen Leistungen die deutsche Staatsbürgerschaft nach drei Jahren regulärem Aufenthalt in Deutschland.
Kürzere Fristen gelten seit knapp einem Jahr
Die neue Regelung, die am 27. Juni 2024 in Kraft trat, war Teil einer Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Seitdem ist es grundsätzlich erlaubt, die bisherige Staatsangehörigkeit beizubehalten, wenn man Deutscher wird. Außerdem reichen nun fünf Jahre Aufenthalt in Deutschland als Voraussetzung, anstatt wie bisher acht Jahre. Die neue Bundesregierung hält an diesen Änderungen fest.
Die Option, die Wartefrist bei guten schulischen oder beruflichen Leistungen auf drei Jahre zu verkürzen, soll von Union und SPD gestrichen werden. Die erste Beratung dazu im Bundestag ist für den 26. Juni geplant. CDU und CSU hatten die von SPD, Grünen und FDP damals eingeführte verkürzte Wartefrist von Anfang an abgelehnt. Ihr Hauptargument lautete: Eine nachhaltige Integration in die deutschen Lebensverhältnisse benötige mehr Zeit.
Nur eine Schnell-Einbürgerung in Brandenburg
In Hamburg wurden nach Auskunft der Behörden seit Einführung der Drei-Jahres-Regelung fünf Menschen auf dieser Basis eingebürgert. In Baden-Württemberg gab es laut Landesregierung im vergangenen Jahr insgesamt 2.530 Einbürgerungen mit einer Aufenthaltsdauer von unter acht Jahren. Lediglich in 16 Fällen wurde im Südwesten die Einbürgerung nach drei oder vier Jahren vorgenommen. Von «wenigen Fällen» ist in Nordrhein-Westfalen die Rede. Eine einzige «Turbo-Einbürgerung» gab es in Brandenburg. Unter den 54.732 Ausländern, die in Bayern zwischen dem 27. Juni 2024 und Ende April Deutsche wurden, gab es laut Innenministerium 78 Menschen, bei denen die Sonderregelung Anwendung fand. Nur vier Einwanderer haben bislang in Hessen eine Einbürgerung schon nach drei Jahren durchlaufen.
Keine «Turbo-Einbürgerung» in Thüringen 2024
Die nach dem neuen Staatsangehörigkeitsgesetz verkürzte Aufenthaltsdauer kam nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Erfurt in Thüringen 2024 noch nicht zum Tragen. In Sachsen fand die Neuregelung «nur in Einzelfällen» Anwendung, hieß es aus dem Innenministerium in Dresden.
Gemäß der Stadtverwaltung in Magdeburg haben bisher nur wenige Menschen, die sich seit weniger als fünf Jahren in Deutschland aufhalten, einen Antrag auf Einbürgerung gestellt.
Hohe sprachliche Anforderung
Eine der Voraussetzungen, die dafür zu erfüllen sind, ist das Sprachniveau C1. Wer das erreicht, kann komplexe Texte verstehen und sprachlich anspruchsvolle Diskussionen führen. Für eine Einbürgerung nach mindestens fünf Jahren reicht das Niveau B1. Es ermöglicht Gespräche über vertraute Themen wie Arbeit, Schule oder Freizeit und selbstständige Sprachverwendung im Alltag. Ausnahmen wurden 2024 für ehemalige «Gastarbeiter» sowie Vertragsarbeiter der DDR eingeführt, für die es damals kaum Integrationsangebote gab.
Rekordzahl an Einbürgerungen
Im Jahr 2024 erhielten in Deutschland etwa 292.000 Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft – ein Rekord seit Beginn der Statistik im Jahr 2000. Dies entspricht einem Anstieg von 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 28 Prozent der Eingebürgerten im letzten Jahr kamen aus Syrien, gefolgt von Personen aus der Türkei.
Wartezeiten teils von mehreren Jahren
Die erhöhte Anzahl von Einbürgerungsanträgen hat an vielen Orten zu langen Wartezeiten geführt. So beträgt die durchschnittliche Wartezeit in Baden-Württemberg für diejenigen, die die deutsche Staatsbürgerschaft anstreben, 18 Monate. In Hamburg dauert das Verfahren 13 Monate. Im März warteten etwa 24.200 Menschen in Rheinland-Pfalz auf eine Entscheidung über ihren Einbürgerungsantrag. Laut Innenministerium wurde für die Bearbeitungsdauer von Einbürgerungen in Hessen im Jahr 2024 von durchschnittlich zwei Jahren ausgegangen.
Gemäß einer Umfrage des Mediendienstes Integration erhöhte sich die Anzahl der noch offenen Anträge in München und Heidelberg im Vergleich zum Vorjahr jeweils um etwa 85 Prozent. In Mannheim war die Anzahl der Anträge, über die noch entschieden werden muss, laut Angaben sogar 2,5 Mal so hoch wie im Vorjahr. In München wurden demnach etwa 33.000 offene Anträge verzeichnet.
Identitätsklärung kann aufwendig sein
Ein Sprecher der Stadt Magdeburg sagte der dpa: «Ein Einbürgerungsverfahren ist vor allem auch abhängig von den zu beschaffenden Unterlagen zur Identitätsklärung und kann zwischen drei Monaten und fünf Jahren dauern.» Dabei sei zu berücksichtigen, dass nicht alle Anträge positiv beschieden würden, «sondern die Anzahl abzulehnender Anträge steigt».