Mehr als zehn Prozent der Mitglieder im britischen Oberhaus haben ihren Sitz von ihrem Vater geerbt. Die neue Regierung will das ändern. Doch bei diesem Schritt soll es nicht bleiben.
Erben raus: Regierung will House of Lords reformieren
Die neue britische Regierung plant, das House of Lords zu reformieren und die Erbtitel abzuschaffen. 92 Mitglieder des Oberhauses, deren Sitze seit Generationen vererbt werden, sind betroffen. Der Minister Nick Thomas-Symonds von der Labour-Partei hat einen entsprechenden Gesetzentwurf in das Unterhaus eingebracht.
Das House of Lords, das etwa 800 nicht gewählte Mitglieder hat, wird nach dem chinesischen Volkskongress als größte Parlamentskammer der Welt angesehen. Die meisten Abgeordneten werden von den politischen Parteien auf Lebenszeit ernannt. Dies führt häufig zu Vorwürfen von Vetternwirtschaft, insbesondere nachdem der damalige Premierminister Boris Johnson mehrere Vertraute ins Oberhaus berufen hatte.
«Nicht wegen Zufall der Geburt über Gesetze abstimmen»
Bei dem Gesetzentwurf handele es sich um eine bahnbrechende Verfassungsreform, sagte Thomas-Symonds. «Das Erbprinzip bei der Gesetzgebung hat zu lange Bestand gehabt und ist nicht mehr zeitgemäß im modernen Großbritannien. Die zweite Kammer spielt in unserer Verfassung eine entscheidende Rolle, und es sollte keine Menschen geben, die wegen des Zufalls ihrer Geburt im Parlament über unsere Gesetze abstimmen.» In einem zweiten Schritt soll ein Rentenalter von 80 Jahren festgelegt werden.
Die konservative Opposition kritisierte das Vorhaben als «politischen Vandalismus» und «Racheaktion». Etwa die Hälfte der 92 «hereditary peers» sind Konservative, kaum eine Handvoll ist mit Labour verbunden.
Jüngste Reform vor 25 Jahren
Der neue Premierminister Keir Starmer hatte zuvor angekündigt, das House of Lords durch eine gewählte Kammer ersetzen zu wollen. Im Wahlprogramm versprach seine Labour-Partei jedoch lediglich, über Vorschläge zu beraten. Bereits 1999 hatte Labour unter dem damaligen Premierminister Tony Blair fast alle Sitze des Erbadels bis auf 92 abgeschafft.